Sonntag21. Dezember 2025

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Buchkultur made in Luxembourg

Buchkultur made in Luxembourg
(Tageblatt-Archiv)

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Im Jahr 2010 wurden etwas mehr als 120 Buchtitel von luxemburgischen Verlagen veröffentlicht. Eine ganze Menge Lesestoff also für einen kleinen Absatzmarkt wie Luxemburg.

Zu verwundern braucht diese Zahl jedoch nicht, hat die Luxemburgensia, sowohl Belletristik als auch Sachliteratur, in den letzten Jahren doch einen regelrechten Verkaufsboom erlebt. Grund genug, selbst unter die Schriftsteller zu gehen, denken Sie sich? Wir nehmen den Weg vom Manuskript über den Verlag bis zum gebundenen Buch „made in Luxembourg“ etwas genauer unter die Lupe.

Editions Schortgen gilt als einer der ältesten Verlage Luxemburgs und ist nun schon in dritter Generation in Familienhand. Gegründet 1949 als Buchbinderei mit angeschlossenem Zeitungskiosk kann éditions Schortgen seit ungefähr 1980 als Verlagshaus im heutigen Sinne verstanden werden. Manuel Schortgen, Juniorchef des Unternehmens, erklärt, dass das Luxemburger Verlagswesen, wie wir es heute kennen, erst seit rund 30 Jahren besteht.

Entwicklung im Verlagswesen

„Früher waren Verlagshäuser und Druckereien praktisch ein und dasselbe“, so Schortgen. Verlagshäuser wie Editpress oder Editions Saint-Paul, die auf das Veröffentlichen und Drucken von Zeitungen ausgerichtet sind, haben seit jeher auch die technische Möglichkeit gehabt, Bücher zu publizieren. Ende der 1970er bis Anfang der 80er Jahre, etwa zeitgleich mit éditions Schortgen, haben auch andere Verleger – zum Beispiel éditions Guy Binsfeld oder éditions Phi – angefangen, sich rein auf das Publizieren von Büchern zu spezialisieren. In den letzten fünf bis zehn Jahren sind in der Luxemburger Verlagslandschaft nun zusehends neue Verlage gesprießt, so etwa „ultimomondo“ und „Synaisthesis“.

Einige luxemburgische Verlage stechen dabei besonders hervor. Da wäre zum einen éditions Phi zu nennen, die seit 1980 in Sachen Luxemburgensia echte Pionierarbeit geleistet hat. Editions Phi war der erste Verlag des Großherzogtums, der seinen Schwerpunkt auf Belletristik gelegt hat. Einige etablierte luxemburgische Schriftsteller umgehen die Wirren des Verlagswesens, indem sie kurzerhand ihren eigenen Verlag gründen, wie etwa Josy Braun mit seinen „éditions Josy Braun“.

Verlegerbusiness im Tandem

Einer der kleineren Verlage Luxemburgs ist der 1992 von Robert Gollo Steffen ins Leben gerufene Verlag „Op der Lay“. Der Zwei-Mann-Betrieb mit Sitz in Esch-Sauer bringt im Jahr vier bis fünf Bücher auf den Markt, sowohl Neuerscheinungen als auch Neuauflagen. Besonderes Interesse hat der Verlag an der Veröffentlichung von Krimis und Kinderbüchern. Was auf den ersten Blick recht widersprüchlich klingt, klappt jedoch offensichtlich ganz gut, hat „Op der Lay“ doch nationale Schriftstellergrößen wie Marco Schank und Claudine Muno unter Vertrag. Die meisten Bücher, die bei „Op der Lay“ publiziert werden, sind auf Deutsch oder Luxemburgisch geschrieben. Für Robert Gollo Steffen ist das Verlegen kein Vollzeitjob, sondern vielmehr ein Hobby, das er neben seiner Lehrtätigkeit ausübt. Den klaren Vorteil seines recht übersichtlichen Verlags sieht Steffen ganz klar im Einsatz für seine Schriftsteller und der Förderung von noch unbekannten Autoren. Die gesamte Bandbreite an Tätigkeiten, von der Schriftstellerbetreuung über das Lektorat bis hin zur Vermarktung, die in größeren Verlagen auf 15 bis 20 Mitarbeiter abgewälzt wird, fällt bei „Op der Lay“ auf zwei Personen zurück.

Egal ob Neuling oder Urgestein im Verlagswesen, ob Zwei-Mann-Betrieb oder größeres Unternehmen, die Arbeit der einzelnen Verlage bleibt schlussendlich ein und dieselbe. Ein eingereichtes Manuskript wird probegelesen und dann einem Gremium vorgelegt, um das potenzielle Werk auf seine inhaltliche und stilistische Qualität zu prüfen und zu bestimmen, ob es in das Programm des jeweiligen Verlages passt. So würde sich ein Verlag, der sich auf Lyrik spezialisiert hat, mit der Veröffentlichung eines Werkes über Radsport eher schwertun. „Oft verrät schon der Titel des Manuskriptes, ob ein Buch zum Verlag passt oder nicht“, so Manuel Schortgen.

Vom Manuskript zum Buch

Hat das Manuskript diese erste Hürde überstanden, wird es von einem Lektor überarbeitet und verbessert und gegebenenfalls von einem Fachspezialisten auf seine inhaltliche Akkuratheit geprüft. Wenn nötig müssen daraufhin Passagen vom Autor gestrichen und Änderungen im Handlungsstrang vorgenommen werden.

Nachdem das Manuskript gesetzt wurde und dem Layout der Publikationsreihe angepasst wurde, ist das Buch bereit für den Vertrieb.

Der Prozess vom Manuskript zum gebundenen Buch dauert in der Regel ein Jahr. „Wenn ein Verlag zum richtigen Zeitpunkt das richtige Manuskript erhält, kann die Veröffentlichung auch schon mal weniger lange dauern. Wenn hingegen ein gutes Manuskript einen Verlag erreicht, wenn diesem gerade die nötigen Mittel fehlen, kann es sein, dass es notgedrungen nicht zur Veröffentlichung kommen kann“, erklärt Schortgen. Der Verleger unterstreicht hierbei, dass das Ablehnen eines Manuskripts nicht zwangsläufig bedeutet, dass es unbrauchbar ist.

Erfolg nicht vorausschaubar

„Oft passt ein Manuskript einfach besser zu einem anderen Verleger.“ Steht das Buch bis in der Bücherhandlung, muss es noch fachgerecht vermarktet werden. „Über den eventuellen Erfolg eines Buches lässt sich wenig im Vorfeld sagen“, so Robert Gollo Steffen. „Glück spielt eine große Rolle.“ Germaine Goetzinger, Direktorin des „Centre national de littérature“ in Mersch, gesteht Buchrezensionen eine wichtige Rolle in der Vermarktung eines Werkes zu. „Leider gibt es jedoch immer weniger Leute, die gewillt sind, Kritiken zu veröffentlichen.“ Zwar haben sowohl Buchveröffentlichungen als auch -verkäufe zugenommen, das große Geld kann man sich trotzdem weder als Verleger noch als Autor auf dem Luxemburger Markt erwarten. Die Chance, eine neue Joanne K. Rowling zu werden, stehen also eher schlecht.

Und doch: Mehr und mehr Luxemburger schreiben. Robert Gollo Steffen kommen mittlerweile rund 20 Manuskripte im Jahr zu. Des Weiteren wird auch immer mehr publiziert. „In allen Literatursparten ist die Zahl der Buchveröffentlichungen in den letzten 15 Jahren gewachsen“, bestätigt Germaine Goetzinger. Vor allem im Frühjahr, anlässlich der Leipziger und Pariser Buchmesse, und im Herbst, im Vorfeld der Frankfurter Buchmesse und der „Walfer Bicherdeeg“, wird der Luxemburger Literaturmarkt von neuen Werken luxemburgischer Verlage überflutet.

Natürlich genügt es nicht, dass Bücher publiziert werden, vielmehr müssen sie auch Käufer finden – und das tun sie. Manuel Schortgen erklärt sich den rezenten Erfolg der Luxemburgensia durch den besseren Vertrieb in den Medien. Durch die Vermarktung im Fernsehen und in Zeitschriften und den Verkauf im Internet wächst der Absatz der Literatur aus dem Großherzogtum stetig an, was seinerseits erneut Verlage zu neuen Veröffentlichungen anspornt.