Am Jahresanfang herrschte Optimismus: Die Wirtschaft sollte im Jahr um vier Prozent wachen und die Staatsfinanzen waren auf dem Weg der Besserung. Doch der Trend hat sich gedreht. Heute überwiegen die Risiken. Das war die Botschaft der Luxemburger Zentralbank, am Dienstag bei der Vorstellung des Bulletin 2/2011.
„Das Wachstum in Europa hat sich im zweiten Quartal deutlich verlangsamt“, fasst Jean-Pierre Schoder, Chefvolkswirt bei der Luxemburger Zentralbank (BCL), die Situation zusammen. „Unsere wichtigsten Handelspartner, Deutschland und Frankreich sind nur noch um 0,1 und 0,0 Prozent gewachsen.“ Und das werde notgedrungen auch einen Einfluss auf Luxemburg haben.
Noch im Juni hatte die BCL für 2011 mit einem Wachstum der Luxemburger Wirtschaft zwischen 3,7 und 4,3 Prozent gerechnet. „Wir hatten auf den Optimismus bei unseren Nachbarn gesetzt“, so Schoder. An dieses Szenario glaubt die BCL heute nicht mehr. Wahrscheinlicher sei ein Zuwachs von weniger als 3,7 Prozent, schätzt Schoder. Dabei gelte es jedoch Vorsicht bei den Prognosen walten zu lassen, denn in Luxemburg lägen derzeit noch nicht einmal die Daten für das zweite Quartal vor.
Doch Optimismus ist trotz Vorsicht nicht mehr angesagt. Unsicherheiten und Risiken beherrschten das Umfeld, so die BCL. Dazu zählt auch die Entwicklung der internationalen Finanzmärkte, die wegen der Wichtigkeit des Finanzplatzes, traditionell einen großen Einfluss auf das Luxemburger Wirtschaftswachstum haben. Der Börsenwert der 50 Unternehmen im Börsenindex „DJ Euro STOXX 50“ habe in den letzten acht Monaten etwa 30 Prozent an Wert verloren. „Das bedeutet, dass Banken und Investmentfonds weniger Gewinne verbuchen werden“, sagt er voraus. In ihrer Juni-Prognose hatte die BCL mit einem Wachstum der Börsenkurse um sieben Prozent in 2011 gerechnet.
Auch beim Zentralstaat mahnt die BCL zur Vorsicht. Zwar seien die Steuereinnahmen in den ersten sechs Monaten des Jahres um 13,8 Prozent gestiegen, und der Staat habe somit ein Überschuss von 77,9 Millionen Euro erwirtschaftet, aber man solle sich von den Zahlen nicht täuschen lassen, so die BCL. Im Vorjahreszeitraum hatte die Regierung noch ein Defizit von 204 Millionen Euro erwirtschaftet.
Gründe für Pessimismus bei den Staatsfinanzen sieht die Institution gleich mehrere – sowohl bei den Einnahmen als auch bei den Ausgaben. So seien die Steuereinnahmen sehr volatil, und man könne sich nicht auf eine Fortsetzung der eingetrieben Geldsummen verlassen. Beispielsweise seien im ersten Halbjahr viele Steuern aus den vergangenen Jahren eingetrieben worden. Zudem habe sich die Mehrwertsteuer auf dem e-commerce sehr positiv entwickelt – bis 2019 wird sie jedoch praktisch ganz wegfallen. Zudem habe die Regierung bereits angekündigt, 2012 auf die Krisensteuer zu verzichten (etwa 80 Millionen).
Daneben ist die Zentralbank auch besorgt, was die Ausgaben des Staates angeht. Diese sind in den ersten sechs Monaten um 8,3 Prozent gestiegen. „Geplant war deutlich weniger“, so Schoder. Hintergrund sei ein Anstieg bei den Sozialtransfers, bedingt unter anderem durch die hohe Arbeitslosigkeit. Zudem sei den Staatsbeamten mehr Geld für 2012 und 1013 versprochen worden, was zu Mehrausgaben von etwa 80 Millionen führen werde.
Das selbstgesetzte Ziel der Luxemburger Regierung, bis 2014 einen ausgeglichenen Staatshaushalt zu haben, und die Verschuldung unter 25 Prozent zu halten, könne die Zentralbank nur unterstützen. Aber je weniger Schulden das Land hat, desto besser. Es gelte vorsichtig zu sein, meint die BCL. Das Beispiel Irland zeige, wie schnell sich die finanzielle Lage in kleinen Ländern verändern könne. Im Jahr 2007 hatte das Land eine Verschuldung von 25 Prozent – bis 2011 war sie auf 118 Prozent angestiegen.
Daneben erinnerte die Zentralbank wieder daran, dass es an der Zeit sei, sich um die Zukunft des Luxemburger Rentensystems zu kümmern. Derzeit sei die Lage noch gut, so Schoder. Die Beiträge von 24 Prozent reichten heute mehr als aus um die Ausgaben zu decken. Falls jedoch keine Reformen unternommen würden, dann würde Luxemburg kurz nach dem Jahr 2020 in die Rentenmauer rennen. Im Jahr 2060 müssten die Beiträge dann auch 60 Prozent der Gehälter ansteigen, sonst sei das System nicht mehr zu finanzieren. „Das Problem ist seit langem bekannt“, so Schoder, „aber es wird zu wenig gemacht.“ Dabei sei unser Rentensystem ein Vertrag zwischen den Generationen, und somit müsse auch für ein Gleichgewicht zwischen dem erreicht werden, was die verschiedenen Generationen erhalten.
De Maart

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