Sollten wir im Hause Editpress uns darüber freuen? Weil Le Quotidien, unsere Kaufzeitung in französischer Sprache, jetzt konkurrenzlos wäre, nach zehn Jahren Wettbewerb?
" class="infobox_img" />Alvin Sold [email protected]
Wir freuen uns nicht.
An der Voix arbeiteten rund 30 Journalisten und Assistenten, von denen viele ihren Einsatz als eine Lebensaufgabe betrachteten. Sie dürften kaum Verständnis dafür haben, dass St-Paul ihr Blatt einstellt, um Gelder freizumachen für, wie es im Klartext bei wort.lu am 22. August hieß, den Ausbau des französischen Webangebotes sowie der französischen .24-Variante. In unserem, der Presse Metier ist mit der Euthanasierung der Voix etwas geschehen, das hierzulande die Geschäftspraktiken der Mittal und Co. und das dahintersteckende System legitimiert: Man verdient Geld, als Firma, als Konzern, aber Schifflingen und Rodange müssen geschlossen werden, weil sich anderswo möglicherweise noch mehr verdienen lässt. Zitat aus wort.lu: „Par ce biais (wie deliziös!), l’entreprise souligne sa ferme volonté de servir une population francophone toujours croissante et de répondre aux attentes d’un lectorat de plus en plus friand d’une information gratuite et instantanée.“ – Dafür, um eine Leserschaft zu befriedigen, die süchtig nach Gratisinfo verlangt, werden Arbeitsplätze vernichtet:
„Saint-Paul Luxembourg regrette que cette réorganisation des services rédactionnel, technique et commercial entraine une réduction de quelque 30 emplois qui toutefois s’opérera par départ naturel, soit par résiliation du contrat de travail.“ – Hätten die Mittal-Kommunikatoren das besser formulieren können? Ach, welch Business-Mensch ist aus dir geworden, Paulus, du Saulus! Geh zur Beichte!
Das Desaster erklärt sich natürlich vor dem Hintergrund diskutabler Entscheidungen bei St-Paul im Jahr 2001. Im frühen Herbst genannten Jahres, so um die gegenwärtige Zeit, wurde bekannt, dass Le Républicain Lorrain, der seit 1961 eine Lokalausgabe für Luxemburg verbreitete, zusammen mit Editpress, der Herausgebergesellschaft des Tageblatt und des Jeudi, eine luxemburgische, aber französischsprachige Zeitung lancieren wollte: Le Quotidien.
Dieses Joint Venture mochte St-Paul dem bösen, für die Trennung von Kirche und Staat eintretenden Tageblatt nicht gönnen. La Voix wurde binnen ein paar Wochen konzipiert, mit dem Doppelziel, die Überlegenheit des bischöflichen Zeitungsverlags zu demonstrieren und dem später erscheinenden Quotidien das Wasser abzugraben. Es sei nicht verhohlen, dass die Voix, u.a. durch ihre unglaublichen Anzeigentarife, dem Quotidien vieles erschwerte.
Aber er ist noch da, Le Quotidien, und er wird, nach der Einstellung der Voix, mit all seinen Kräften versuchen, auf Französisch zum besseren Verständnis unserer kleinen Welt beizutragen, im Sinne der politischen, sozialen und kulturellen Kohäsion, welche für den Fortbestand Luxemburgs im großen Europa notwendig ist.
Das gleiche Spiel
Kenner der Medienszene lenkten dieser Tage unsere Aufmerksamkeit auf die Tatsache, dass St-Paul mit .24 das gleiche Spiel noch einmal versucht, diesmal gegen L’essentiel, die äußerst erfolgreiche Pendlerzeitung, die Editpress in 50/50-Partnerschaft mit dem schweizerischen Verlag Tamedia zur führenden Luxemburger Tageszeitung machen konnte.
L’essentiel erreicht, mit seiner Druckauflage von 105 bis 115.000 Exemplaren derzeit, nicht nur 30% der Bevölkerung in Luxemburg – das sind im Schnitt 126.400 Leser täglich –, sondern darüber hinaus 66.600 Frontaliers, eine Summe von 193.000 also.
Und da L’essentiel, erfreulicherweise, recht anständig Geld verdient, sehen wir und unsere Freunde der wegen des Voix-Opfers vielleicht heftigeren Konkurrenz gelassen entgegen.
Wir halten gute Karten.
—-
NB: Denen, die unterstellen, Zeitungen würden von der staatlichen Presseförderung erhalten, darf man jetzt sagen: Quatsch! La Voix erhielt Geld aus der Steuerkasse, aber bei weitem nicht genug, um davon zu leben.
De Maart
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können