Freitag7. November 2025

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Vom „Krätz“ zur Hightech

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Viele Europäer haben längst vergessen, welch geringes Ansehen „Made in Japan“ in unseren Breiten noch im Laufe der siebziger Jahre genoss.

Als „billige Kopien“ des – in Europa hergestellten – „real thing“ wurden aus Nippon stammende Industriegüter routinemäßig verunglimpft. Viele westliche Hersteller waren der festen Überzeugung, dass die Japaner auf Dauer wohl nicht mehr zu bieten hätten als die Herstellung von „Krätz“ für die Sorte Leute, die nicht wissen, was gut ist bzw. sich Gutes ohnehin nicht leisten können.

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Kurz darauf aber stand „Made in Japan“ für Spitzenqualität und etliche europäische Hersteller – z.B. in der Fotoindustrie –, die sich selbst kurz zuvor noch als Maß aller Dinge betrachtet hatten, waren den Weg der Dinosaurier gegangen. Manchmal hat man das Gefühl, dass sich diese Geschichte mit „Made in China“ gegenwärtig wiederholt. Das neue Passagierflugzeug Comac ARJ21 etwa mag äußerlich vielleicht den Eindruck einer Kopie der altehrwürdigen Douglas DC9 (deren allerletzte Exemplare interessanterweise unter der Bezeichnung Boeing 717 ausgeliefert wurden) vermitteln, und doch wird man davon ausgehen dürfen, dass sich die chinesische Industrie in nicht allzu ferner Zukunft zu einem ernsten Rivalen für die heute dominierenden Anbieter aus den USA, EU-Europa, Kanada und Brasilien auswachsen wird.

Nationales Prestige vor Sicherheit

Zwar greifen die Chinesen bei Subsystemen, die sie „inhouse“ noch nicht in weltmarktfähiger Qualität produzieren können, ohne große Umstände auf ausländisches Material zurück, dies tun Boeing und Airbus aber seit Jahrzehnten ebenfalls in großem Umfang. Auf militärischem Gebiet, wo China keinen (legalen) Zugriff auf westliche Toptechnologie besitzt, hinkt das Land indes weit hintendrein.

Russland für seinen Teil hat viel zu lange eine Politik der Autarkie zu verfolgen versucht, was dazu geführt hat, dass russische Zivilmaschinen, wie die Tupolev 204 – u.a. aufgrund viel zu durstiger einheimischer Triebwerke oder zu rustikaler Elektronik – auf den Weltmärkten nahezu unverkäuflich blieben (nun gut, es gab mehrere Kunden … in Kuba und Ägypten). Wobei dieser Protektionismus es zudem den einheimischen Anbietern nicht ermöglichte, zu den Weltmarktführern aufzuschließen. Das neue russische Regionalflugzeug Sukhoi Superjet wurde eingedenk dieser Tatsache nun aber auch mit Turbinen und Glascockpit westlicher Provenienz ausgestattet und könnte durchaus zum Exporterfolg gedeihen.
Zwar kommt aus China heute nach wie vor containerweise „Krätz“, doch ist das „Made in China“ auch in Hightech-Geräten heute bereits viel präsenter, als sich viele Konsumenten bewusst sind. Die meisten Gizmos des Kultherstellers Apple etwa wären ohne ihre in China produzierten Bestandteile undenkbar.

„Made in China“ hat aber ein politisches Problem: In diesem autoritär verfassten Land werden politisch motivierte Leistungsvorgaben des Regimes mitunter ohne Rücksicht auf Konsumenten und Umwelt durchgesetzt. Nicht dass es ähnliche Phänomene im Westen nicht gäbe, doch in unserem Teil der Welt besteht wenigstens die Möglichkeit, auf politischer und juristischer Ebene gegen illegale industrielle Machenschaften vorzugehen.

Zwei rezente Eisenbahnunglücke haben den Verdacht genährt, dass in China gelegentlich nationales Prestige vor Sicherheit geht. Es ist indes wenig wahrscheinlich, dass diese gefährliche Mentalität nicht auch in Chinas Luftfahrtindustrie Geltung erlangt, da Flugzeuge, wenn sie international zugelassen werden sollen, doch extrem strengen Qualitätschecks unterliegen.