Das blutige Ende Jugoslawiens machte es möglich. Im Gegensatz zum verschwundenen Vielvölkerstaat waren dessen Nachfolge-Staaten bisher bei jedem Großturnier stets mit einem oder zwei Nationalteams vertreten. Der EM in Polen und der Ukraine winkt nun eine Premiere. Erstmals könnte ein Großturnier mit keinem oder gar drei der einstigen Bruderstaaten über die Bühne gehen: Mit Bosnien-Herzegowina, Kroatien und Montenegro streiten gleich drei ex-jugoslawische Nachbarn um die letzten vier EM-Tickets.
Im Überblick
Freitag (11.11.), Play-off, Hinspiele:
Bosnien-Herzegowina – Portugal
Türkei – Kroatien
Tschechien – Montenegro
Estland – IrlandDie Rückspiele finden am Dienstag (15.11.) statt.
Testspiele
Ukraine – Deutschland
Georgien – Moldawien
Albanien – Aserbaidschan
Ungarn – Liechtenstein
Zypern – Schottland
Dänemark – Schweden
Mexiko – Serbien£
Niederlande – Schweiz
Griechenland – Russland
Belgien – Rumänien
Polen – Italien
Frankreich – USA
Am gelassensten kann der krasse Außenseiter Montenegro in das Kräftemessen mit Tschechien ziehen. Denn schon in der Qualifikation übertrafen die „tapferen Falken“ alle Erwartungen. Dem Fußballriesen England trotzten die Kicker des nur 620.000 Seelen zählenden Zwergstaats zwei Mal ein Unentschieden ab – und kegelten nicht nur Bulgarien, sondern auch die favorisierte Schweiz frühzeitig aus dem EM-Rennen.
Keine zweite Chance
Doch mit dem Achtungserfolg des Einzugs in die Play-off-Spiele will sich das Team des erst im September zum Chefcoach beförderten Branko Brnovic nicht zufriedengeben – und unbedingt die erstmalige Qualifikation für ein Großturnier erzwingen. Tschechien sei vielleicht das erfahrenere Team, doch die bessere Motivation und das Heimrecht im Rückspiel könnten für das Team der Namenlosen den Ausschlag geben, glaubt Stürmer Andrija Delibasic (Rayo Vallecano/E), dem gegen England in der letzten Minute der Nachspielzeit der umjubelte Ausgleich gelang: „Eine derartige Chance wird sich uns in absehbarer Zeit wohl nicht mehr bieten – und wir werden alles geben, um sie zu nutzen.“
Weit mehr Druck lastet hingegen auf den kriselnden Kroaten vor dem Doppelduell gegen die als mindestens gleichwertig eingestuften Türken. Saft- und kraftlos hatten sich die mit Stars aus der Premier League und der Bundesliga gespickten „Feurigen“ in der Qualifikation präsentiert.
In Georgien setzte es für den WM-Dritten von 1998 eine peinliche 1:2-Schlappe und gegen den griechischen Abwehrbeton fand die hochgelobte Kreativ-Abteilung um Spielmacher Luka Modric selbst in 180 Spielminuten keinerlei Durchkommen. Zum Sündenbock für die „griechische Tragödie“ und die verpasste Direktqualifikation hat Kroatiens Presse Nationalcoach Slaven Bilic auserkoren: Dem bei seinem Amtsantritt 2006 noch als „Erneuerer“ gefeierten Hobby-Rocker werfen seine Kritiker mittlerweile einen zu kumpelhaften Umgang mit seinen Stars vor. „Bei uns wird immer alles als das Ende der Welt erlebt – und arbeiten wir immer unter Druck, der nur schadet“; seufzt Bilic vor seinen möglicherweise letzten Spielen als Nationaltrainer: „Selbst wenn wir gewinnen, werden wir kontinuierlich kritisiert.
Und das wirkt sich natürlich auf das Selbstvertrauen der Spieler aus.“
Nur mit Pech
Nur mit Pech hatte das bärenstarke Bosnien-Herzegowina gegen Frankreich die Direktqualifikation zur EM verfehlt. Und das Los hat den „Lilien“ mit Portugal nun die härteste Nuss unter den verbliebenen EM-Anwärtern beschert: Bereits vor zwei Jahren musste das Team um Goalgetter Edin Dzeko (Manchester City) und Spielmacher Zvjezdan Misimovic (Dynamo Moskau) in den Play-off-Spielen zur WM den Portugiesen nach zwei 0:1-Niederlagen den Vortritt lassen.
Sorgen bereitet Coach Safet Susic gegen die sturmstarken Portugiesen um Superstar Cristiano Ronaldo (Real Madrid) vor allem seine Defensive. Zwei seiner Abwehrrecken sind für das Hinspiel im ausverkauften Stadion von Zenica gesperrt, mit Mensur Mujdza (Freiburg) fällt eine weitere Stammkraft verletzt aus: Vermutlich wird daher der Freistoßspezialist Sejad Salihovic (Hoffenheim) die Aushilfsabwehr stärken. Mit „sehr schweren Spielen“ rechnet Keeper Asmir Begovic (Stoke City), der trotzdem auf die erste EM-Teilnahme seines Landes hofft: „Ich habe vor niemandem Angst. Wir müssen einfach unser Spiel spielen.“
De Maart
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