Donnerstag13. November 2025

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Härtetest für Multikulti

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„Nous sommes la génération Erasmus, on a l’habitude de bouger. Je trouve ça intéressant de découvrir de nouveaux pays, de se créer de nouvelles opportunités. On aime bien vivre en Europe, en Angleterre, en Espagne, au Luxembourg“, zitiert die Wochenzeitung Le Jeudi in einem Dossier zum Thema Immigration eine junge Portugiesin mit Universitätsdiplom, die derzeit...

Schnell gesagt. Doch auch in Luxemburg längst nicht mehr die Selbstverständlichkeit, die es noch war, als es die erste Welle von Einwanderern aus Portugal (und Italien) Mitte des 20. Jahrhunderts in dieses Land zog.

Logo" class="infobox_img" />Léon Marx [email protected]

Rund 5.000 junge Universitätsabsolventen aus Italien, Portugal und Spanien erlagen im vergangenen Jahr dem „rêve luxembourgeois“. Das kleine Land im Herzen Europas gilt trotz der Arbeitslosigkeit, die seit Monaten um die sechs Prozent pendelt, für viele immer noch als Eldorado auf der Flucht vor Schuldenkrise und Arbeitslosigkeit in der eigenen Heimat. In Portugal ist die Arbeitslosigkeit doppelt so hoch, in Spanien liegt sie bei kaum vorstellbaren 22 Prozent. Die Jugendarbeitslosigkeit hat dort mittlerweile über 50 Prozent erreicht.

Die aktuelle Migrationswelle hat eine ganz andere Qualität als die des vergangenen Jahrhunderts: Die EU-Bürger, die es heute nach Luxemburg zieht, sind durchwegs hochqualifiziert. Doch beliebter macht sie das nicht unbedingt. Denn sie konkurrieren nicht nur um gut bezahlte Arbeitsplätze, sondern auch um solche, die weit unter ihrer Qualifikation liegen. Die 700 bis 800 Euro im Monat, die sie in Portugal oder Italien verdienen könnten, sind auch dann noch locker drin.

Keine Frage: Mit der europäischen Schuldenkrise und der damit verbundenen sozialen Krise in den südlichen Ländern hat in den letzten Jahren die Immigrations- und Integrationsdebatte in Luxemburg eine neue Qualität bekommen.

Noch steht das Multikulti-Modell Luxemburg, aber die Frage nach der Tragfähigkeit des Systems wird immer offensichtlicher. Die Ersten, die die wachsende Nervosität der Bevölkerung zu spüren bekommen, sind die Migranten aus Drittländern, die oft vorschnell als illegale Asylanten abgestempelt werden.

Wie groß die Akzeptanz der neuen EU-Einwanderer sein wird, ist derzeit schwer abzuschätzen. Dass das, was uns von der Politik jahrzehntelang als erfolgreiche Integration verkauft wurde, bei genauerem Hinsehen nur ein mehr oder weniger harmonisches Nebeneinander war, ist dabei nicht unbedingt die beste Ausgangsbasis.

Vor diesem Hintergrund stellt sich fast zwangsläufig die Frage nach dem Sinn und Zweck einer europäischen „Green Card“ für hochqualifizierte Beschäftigte aus Drittländern. Das entsprechende Gesetz, das gestern vom Parlament auf Krautmarkt verabschiedet wurde, ist jedenfalls Wasser auf die Mühlen all jener, die in diesen komplizierten Zeiten auf der Suche nach populistischen Argumenten sind, um in einem von Unsicherheit geprägten Klima gegen Europa und eine weitere Integration Stimmung zu machen.

Moralisch bedenklich

Dabei wirft die Abwerbung von hochqualifizierten Leuten aus Drittländern eigentlich ganz andere – moralische – Fragen auf. Luxemburg saugt seit Jahrzehnten am Arbeitsmarkt bis tief in die Großregion hinein. Wollen wir jetzt wirklich auch noch die besten Kräfte aus Drittländern abwerben? Menschen aus Schwellen- und Entwicklungsländern, auf denen die ganze Hoffnung dieser Nationen ruht, Menschen, in deren Ausbildung die Regierungen dieser Länder ihre knappen Finanzmittel investieren, in der Hoffnung, dass diese das eigene Land später einmal nach vorne bringen werden?

Aber in Zeiten des kurzfristigen Denkens und Handelns ist diese Form der Arbeitskräftebeschaffung offenbar einfacher und auch politisch besser zu vermitteln als eine Schulreform, die zu mehr und besser qualifizierten Schulabgängern in Luxemburg führen würde.