Dienstag11. November 2025

Demaart De Maart

Polemik um Entschädigungen

Polemik um Entschädigungen

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Die Beweisaufnahme ist abgeschlossen, die Plädoyers vorgetragen. Der Prozess geht in seine zweite Verlängerung. Thema am Freitagmorgen: Die Entschädigungen für die Angehörigen der Opfer.

Bereits am Donnerstag hatten die Anwälte Gelegenheit in den vergangenen Tagen und Wochen gemachten Äußerungen zu antworten. Mit den „Repliken“ ging es am Freitagmorgen vor dem Strafgericht in Luxemburg weiter.

Me Dieter Grozinger de Rosnay attackierte die Luxair scharf. Er vertritt die Angehörigen mehrerer deutscher Opfer. Die erhaltenen Entschädigungen seien ein Witz und in jedem Fall ungenügend. Auch seien noch nicht alle Familien der Opfer von der Versicherung entschädigt worden. Sauer stößt Grozinger die Art und Weise auf, wie die Auszahlung erfolgte. Man hätte seine Klienten zum Beispiel gefragt, welche Kleider genau sie an jenem Tag angehabt hätten. Das Verhalten der Fluggesellschaft sei lamentabel.

Strafgericht kompetent

Der Anwalt betonte, dass das Strafgericht, entgegen der Meinung des Anwalts der Luxair, sehr wohl für die Schadenseratzklagen kompetent sei. Me Guy Loesch, der die Luxair bei den Schadenseratzklagen vertritt, hatte behauptet, ein Strafgericht könne laut Warschauer Konvention nicht über etwaige Entschädigungsforderungen entscheiden. „Nonsens“ sagte Me Grozinger. Er erklärte auch, dass die von einigen Angehörigen der Opfer unterschriebenen Verzichtserklärungen und die von der Versicherung der Fluggesellschaft (Deutscher Luftpol) ausgestellten Quittungen nicht konform zu der luxemburgischen Gesetzgebung seien. Eine Abfindungserklärung zu unterschreiben heiße nicht automatisch, das man keine Zivilklage einreiche, betonte der Anwalt, der auch kritisierte, dass die von der Luxair erhaltenen Informationen alles andere als vollständig seien.

Me Christian-Charles Lauer unterstrich in seiner eher kurzen Rede, dass seine Mandantin sehr wohl das Recht habe, eine Zivilklage gegen Verantwortliche der Luxair einzureichen. Auch die Tatsache, dass das Bordpersonal durch die Unfallversicherung abgesichert sei, sei kein Hindernis für eine Schadensersatzklage. Er habe keine Zivilklage gegen den damaligen Generaldirektor Christian Heinzmann eingereicht, weil er sich nach dem Crash für seine Mandantin bei den Versicherungen eingesetzt hatte. Alle seine Forderungen seien absolut gerechtfertigt. Die ehemalige Partnerin des Kopiloten hatte eine Schadensersatzverzichtserklärung für die Luxair als Firma unterzeichnet, nicht aber für die angeklagten Personen.

„Fauler Kompromiss“

Die Warschauer Konvention auf die sich Me Loesch berufe, um das Gericht aufzufordern, sich für die Schadensersatzklagen als inkompetent zu erklären, sei ein „fauler Kompromiss“ auf politischem Niveau, meinte seinerseits Me Pol Urbany. Die in der Konvention beschriebene vertragliche Verantwortung einer Fluggesellschaft könne auf andere Personen übertragen werden, betonte Urbany. Die Familien der Opfer würden die Rechte ihrer Verstorbenen „erben“. Sie hätten also durchaus das Recht, Schadensersatz zu fordern. Des Weiteren wurde das internationale Recht die Frage der materiellen Entschädigungen an die nationalen Gerichte weiterleiten, die dann ihre Entscheidung gemäß den nationalen Gesetzen treffen.

Das von den Anwälten von fünf Angeklagten (Poeckes, Sietzen, Moes, Arend und Gallowitch) vorgebrachte Argument der Überschreitung der legalen Fristen kann Urbany nicht nachvollziehen. Mehrere Verteidiger hatten die lange Frist bis zum Prozessbeginn bemängelt. Sie würde die Arbeit der Verteidigung erschweren. Sie verlangten, die Anklage ihrer Mandanten als nicht zulässig zu betrachten. Das Volumen der zu behandelnden Dossier sei enorm, bemerkte Pol Urbany.

Lange Vorbereitungszeit

Die Untersuchung der Fokker-Crashs vom 6. November 2002 dauerte neun Jahre. Es wurden viele Einwände und Oppositionen eingereicht. Expertisen wurden ausgearbeitet. Ein Untersuchungsrichter wurde ausgetauscht. Die lange Untersuchung war unter anderem auch von Ombudsmann Marc Fischbach kritisiert worden.

Der Anwalt rief das Gericht auf, die von den Verteidigern geforderte „Überschreitung der legalen Fristen“ (dépassement du delai raisonnable) nicht zurückzubehalten. Über die Verurteilung Luxemburgs durch das EU- Menschenrechtstribunal in Straßburg wegen zu langer Fristen bei der Untersuchung des Fokker- Unfalls sagte Urbany nur, den Straßburger Richter sei kein „vollständiges Dossier“ zugestellt worden.

Am Montag wird Pol Urbany noch weitere Bemerkungen zu den Plädoyers und dem Prozessverlauf machen.