Schmidt warnt vor deutscher Kraftmeierei

Schmidt warnt vor deutscher Kraftmeierei
(dpa)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Altbundeskanzler Helmut Schmidt hat die Deutschen eindringlich aufgerufen, sich in der Euro-Schuldenkrise solidarisch zu zeigen.

Schmidt hat eindringlich vor einem Scheitern der EU gewarnt. Aus der jetzigen Krise müsse die Gemeinschaft gestärkt hervorgehen, sagte der 92-Jährige am Sonntag in einem flammenden Appell zum Auftakt des SPD-Parteitags in Berlin. Unverzichtbar sei deshalb ein stärkeres politisches Zusammenwachsen. Befürchtungen über einen drohenden Zusammenbruch des Euro bezeichnete er als unverantwortliches Gerede.

Bei seinem umjubelten ersten Auftritt auf einem SPD-Kongress seit 13 Jahren warnte Schmidt die schwarz-gelbe Bundesregierung davor, sich in der Eurokrise zu stark als Lehrmeister anderer Länder aufzuspielen und so das Europa-Projekt zu gefährden. „In den allerletzten Jahren sind erhebliche Zweifel an der Stetigkeit der deutschen Politik aufgetaucht“, kritisierte er.

„Deutschnationale Kraftmeierei“

„Wenn wir Deutschen uns verführen ließen, eine Führungsrolle zu beanspruchen oder doch wenigstens den primus inter pares (Erster unter Gleichen) zu spielen, so würde eine zunehmende Mehrheit unserer Nachbarn sich zunehmend dagegen wehren.“ Das könne das Ende der europäischen Einigung bedeuten und Deutschland in die Isolierung führen.

Politikern von Union und FDP warf der Altkanzler „schädliche deutschnationale Kraftmeierei“ vor. Dazu gehörten Äußerungen, in Europa werde jetzt wieder Deutsch gesprochen, sagte er mit Blick auf Aussagen von Unionsfraktionschef Volker Kauder.
Zudem kritisierte Schmidt das Auftreten von Außenminister Guido Westerwelle, der mehr Wert lege auf „fernsehgerechte Auftritte in Tripolis, Kairo oder in Kabul als auf politische Kontakte mit Lissabon, Athen oder Warschau“.

Historische Pflicht

Es dürfe nicht vergessen werden, dass der Wiederaufbau in Deutschland nach dem Krieg ohne Hilfe der westlichen Partner nicht möglich gewesen sei. Die Deutschen hätten deshalb eine historische Pflicht, in der jetzigen Situation den Griechen und anderen Ländern Solidarität zu zeigen.