Samstag15. November 2025

Demaart De Maart

Der Einheitspreis steht zur Debatte

Der Einheitspreis steht zur Debatte

Jetzt weiterlesen!

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben:

Oder schließen Sie ein Abo ab:

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Der Preis für das Wasser soll laut EU-Vorgabe kostendeckend sein. Für viele Gemeinden in Luxemburg bedeutet das höhere Wasserpreise. So manches deutet auf einen einheitlichen Preis hin.

Die EU forderte mittels einer Direktive aus dem Jahr 2000 die Einführung des kostendeckenden Wasserpreises. Da der von den meisten Gemeinden verrechnete Tarif bislang nicht den realen Kosten entspricht, wird deshalb vielerorts der Preis steigen. Außerdem gibt es in Luxemburg bedeutende Preisunterschiede zwischen den Regionen.

Die Ursache hierfür ist die Bevölkerungsdichte. Da sich in dicht besiedelten Gegenden (bspw. Zentrum und Süden) viele Personen das Netz teilen, sind die Kosten hier niedriger. In Regionen mit einer geringen Einwohnerdichte werden die Leitungen nur von wenigen Konsumenten genutzt, die zudem weiter auseinander leben. Einige Kritiker der Wasser-Rahmenrichtlinie befürchten ungerechte Kostenverteilungen. Eine weitere Sorge sind Preisextreme von bis zu 15 Euro pro Kubikmeter Wasser. Um diese Situation zu vermeiden, schlug das Innenministerium eine national harmonisierte Berechnung des neuen Preises vor, die diese Unterschiede (bedingt durch Einwohnerdichte und Netzkosten) auffangen würde.

Das Modell des Innenministeriums will in Zukunft zwischen drei Konsumententypen sowie zwischen einem Grundbetrag („partie fixe“) und dem eigentlichen Konsum („partie variable“) unterscheiden.

Grundbetrag und Konsum

Die „partie fixe“ ist proportional zum Durchmesser des Wasserzählers, der in Privathaushalten kleiner ist als zum Beispiel in Industriebetrieben. Die „partie variable“ berechnet sich entsprechend der jährlich konsumierten Wassermenge.

Dieser zweigliedrige Tarif solle, so schrieb der Innenminister im Oktober 2009 in einem Rundschreiben, zum Wassersparen anregen, gleichzeitig jedoch die einzelnen Konsumentengruppen „nicht übermäßig bestrafen“.

Der erste Konsumententyp sind die „Haushalte“. Zu dieser Gruppe gehören Privatpersonen, öffentliche Einrichtungen und Unternehmen, die nicht zum Industrie- oder Agrarbereich gerechnet werden. Da diese in der Lage seien, kurzfristig größere Mengen Wasser zu sparen, soll das Verhältnis für diesen Sektor 20/80 (fixe/variable) betragen. „So wird der Sparwille der Haushalte belohnt“, meint Philippe Lutty vom Wasserwirtschaftsamt (AGE).

Die Gruppe der „grands consommateurs“ besteht ihrerseits aus Unternehmen, die mehr als 8.000 Kubikmeter Wasser pro Jahr verbrauchen. Hier werde das prozentuale Verhältnis 70/30 betragen. Lutty zufolge wurde festgestellt, dass die betroffenen Betriebe aufgrund ihres generell hohen Wasserkonsums „bereits einen Sparwillen zeigen“.

Zwischen den beiden Extremen liegt der Agrarsektor mit einem Verhältnis von 60/40. „Diese Betriebe haben einen Grundbedarf, z.B. den Wasserkonsum der Tiere“, erklärt Lutty.

Dieses Modell würde zu einem Wasserpreis zwischen 3,35 und 7 Euro führen, so die Zahlen einer Präsentation der AGE. Die vom Innenminister erwähnte Deckelung bei 7 Euro pro Kubikmeter Trink- und Abwasser würde demnach eingehalten. Zur Berechnung dieser Möglichkeit wurden die Gemeinden erstmals Mitte Oktober 2009 aufgefordert, detaillierte und vollständige Angaben zu Verbrauch und Produktion von Trink- und Abwasser mitzuteilen. Derzeit fehlen aber trotz diverser Nachforderungen noch die Daten von „weniger als zehn“ Kommunen. Die Berechnung eines endgültigen harmonisierten Preises ist demnach noch nicht möglich.

Alternatives Preismodell

Ein alternatives Preismodell wäre der sogenannte, landesweite „Einheitspreis“. Dieses würde eine Verstaatlichung der Wasserversorgung erfordern. Eine solche ist jedoch laut Paul Schroeder vom Wasserwirtschaftsamt aufgrund der aktuellen Rechtslage nicht möglich. Die gesetzlich geregelte Tatsache, dass die Gemeinden bei der Wasserpreisgestaltung Autonomie genießen, betont auch Innenminister Jean-Marie Halsdorf. „Ich gebe die Linie vor. Aber die Gemeinden sollen so handeln, wie sie es für richtig halten.“

Die einzige Möglichkeit, einen „Einheitspreis“ zu erreichen, wäre also die, dass die Gemeinden sich auf einen gemeinsamen Preis einigen.

Ganz andere Ziele hat jedoch der Bürgermeister der Gemeinde Monnerich, Dan Kersch. Er stellt sich nicht nur gegen die Harmonisierung, sondern auch gegen den kostendeckenden Wasserpreis. „Bei der Umsetzung der EU-Direktive wurde in Luxemburg nur auf den technischen Aspekt geschaut“, kritisiert er.

Dass der Kostenausgleich (der sowohl beim harmonisierten – wenn auch weniger stark ausgeprägt – als auch beim einheitlichen Preis zur Anwendung käme) nur zum Vorteil der Gemeinden im Norden des Landes sei, stört ihn. „Wenn Solidarität beim Wasserpreis, dann auch Solidarität in anderen Bereichen“, lautet seine Forderung. Eine Stellungnahme von Syvicol-Präsident Emile Eicher lag uns trotz mehrmaliger Anfrage bei Redaktionsschluss leider nicht vor.

Entscheidung bereits getroffen?

Wie wird also das zukünftige Modell hinsichtlich des Wasserpreises aussehen? Dem Tageblatt liegen Informationen vor, die auf die Einführung eines Einheitstarifs hindeuten. Diese Lösung hatte Premier Jean-Claude Juncker auch bereits in seiner diesjährigen Erklärung zur Lage der Nation angeregt.

Jean-Marie Halsdorf dementiert, dass ein solcher Entschluss bereits gefasst sei: „Im Herbst wird mit allen Interessengruppen diskutiert. Es stellt sich dabei die Frage, ob wir mit dem harmonisierten Modell weiterkommen oder ob der Staat von oben entscheiden muss.“ Um diese Diskussion führen zu können, würden die Daten der Gemeinden benötigt. Eine mögliche Preisdeckelung werde dann ebenfalls diskutiert, kündigt der Innenminister an. Zudem werde eine Begriffsdefinition notwendig sein, denn „die Debatte ist sehr komplex“.

Auch das Wasserwirtschaftsamt hält sich bei der Frage, ob der harmonisierte oder der einheitliche Preis kommen wird, bedeckt. „Wir müssen das nicht entscheiden“, sagte man uns dort, womöglich etwas erleichtert ob der politischen Brisanz des Themas.

(Weitere Details in der Samstagsausgabe des Tageblatts.)