Mittwoch22. Oktober 2025

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Lux: Mehr politische Ehrlichkeit

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Mit der Rede von Berichterstatter Lucien Lux (LSAP) wurden am Dienstag auf Krautmarkt die Debatten über den Staatshaushalt 2013 eingeleitet.

„Die luxemburgische Krise ist vor allem eine Kommunikationskrise.“ Mit dieser Feststellung begann Lucien Lux seine rund 60-minütige Analyse. „Seit dem Scheitern der Tripartite 2010 haben wir eine unserer wichtigsten Tugenden verloren: Politik, Patronat, Gewerkschaften und andere Akteure reden übereinander, aneinander vorbei, gegeneinander, aber nicht mehr miteinander“, bedauert er die derzeitige Situation.

„Eine fatale Entwicklung.“ Denn Luxemburg gehe es insgesamt gesehen trotz der Krise noch immer deutlich besser als den meisten anderen EU-Staaten. Schlecht sei vor allem die Stimmung. „Wir leiden an einem pessimistischen Diskurs“. Und das sei ein Faktor, der das Land lähme. Notwendig sei ein „Zurück zu einem positiven Trend“.

Lux ging vor den Abgeordneten auf einige Punkte der verhärteten Diskussion ein. „Das Patronat redet den Standort selbst schlecht obwohl wir im Produktivitätsranking des ’Conference bound‘ auf Platz eins von 39 liegen, die Gewerkschaften zeichnen andauernd das Bild von einer sozialen Krise. Aber wo ist die denn in Wirklichkeit?“ Die soziale Krise sei in Luxemburg „gerade wegen eines funktionierenden Sozialsystems ausgeblieben“, findet Lux.

Wenig Abwehrkräfte gegen Schuldenspirale

Es gebe sicherlich einige Schwächen im aktuellen System, es gebe aber auch Stärken, versuchte er anhand einer Reihe von Beispielen aufzuzeigen. So sei Luxemburg eines der Euroländer, das eine vergleichsweise niedrige Staatsschuld habe. Aber man müsse sich auch vor Augen halten, dass das Bild durch die Überschüsse der Sozialausgaben „relativiert“ werde.

„Denn diese Gelder sind schon verplant, fest versprochen.“ Als kleines Land habe Luxemburg zudem wenig Abwehrkräfte um gegen eine einmal in Bewegung gesetzte Schuldenspirale anzugehen, erklärt er. „Nicht uns selbst muss es immer besser gehen, nein denen, die nach uns kommen, muss es genau so gut gehen – und einigen besser als uns“, an dieser Devise müsse sich die Politik orientieren.

Politik für die nächsten Generationen machen, heisse insbesondere: Gesunde Staatsfinanzen hinterlassen, gute Infrastrukturen, sichere und qualitative Arbeitsplätze, bezahlbaren Wohnraum, ein gutes Bildungssystem, eine wirksame Familienpolitik, listet er die Schwerpunkte dieses „Projekts für die Zukunft“ auf.

Fast die Hälfte seiner Rede widmet Lux dieser Beschreibung des Ist-Zustands der Gesellschaft und der Regierungsvision um zu begründen, warum es ein erstes Sparpaket im Frühjahr 2012 brauchte, ein zweites im Budgetentwurf der Regierung und ein drittes., ein „paquet de rééquilibrage“ wie er sagt, das von der Budget- und Finanzkommission nachgereicht wurde.

Ein Defizit über eine Milliarde nicht verantwortbar

Dieser „rééquilibrage“ sei notwenig gewesen, weil zum einen ein gesamtstaatliches Defizit von weit über einer Milliarde nicht verantwortbar gewesen sei, zum anderen, um die Lasten gerechter zu verteilen. Diejenigen mit breiten Schultern werden jetzt stärker belastet, betont Lux. Und verweist auf die höhere Mindeststeuer für Betriebe, Verdoppelung der Soparfi-Steuer und die Anhebung der Solidaritätssteuer von 5 auf 7 Prozent für Betriebe. Auch bei den Privatpersonen müssten die breiten Schultern jetzt mehr tragen – Stichwort Super-Satz von 9 Prozent bei der Solidaritätssteuer (Jahreseinkommen über 150.000 Euro in der Steuerklasse 1) und zusätzlicher Spitzensteuersatz von 40 Prozent (Einkommensstufe über 100.000 Euro in der Steuerklasse 1).

Immer wieder spricht Lux von „einem positiven Paradigmenwechsel“, einem intelligenten Sparen ohne Brecheisen und davon, dass die Sozialleistungen bei der ganzen Operation weitgehend unberührt bleiben. Richtig sei aber, dass es auf dem Weg hin zu einer „effizienteren Gouvernance“ teilweise noch immer an der Kohärenz unter einzelnen Politikbereichen fehle. Nicht stimmig seien z.B. die Kürzungen bei der Kilometerpauschale (erste vier Kilometer werden nicht mehr berücksichtigt) und die gleichzeitige Anhebung der Tarife für Bahn und Bus.

Wohnungsbauhilfen neu überdenken

Nicht kohärent seien auch, die Dienstleistungsschecks in den vergangenen Jahre massiv gefördert zu haben und jetzt binnen kurzer Zeit zweimal zurückzustecken. Auch im Bereich des Wohnungsbau müsse man nochmals neu denken. „Der Verdacht liegt nahe,dass ein Grossteil der derzeitigen Wohnungsbeihilfen – rund 500 Mio./Jahr – nicht bei den Menschen ankommt, die sie bräuchten, sondern über den verrückten Anstieg der Preise direkt in den Taschen der Promoteure landet“, bricht Lux den Stab über Teilen des von der CSV getragenen „pacte logement“.

Luxemburg brauche neben einer besseren Ausgabenkultur auch eine neue Einnahmenkultur, macht der Budgetberichterstatter deutlich. „Die Unternehmen tragen immer weniger zum Steueraufkommen des Staates bei, die Beschäftigten immer mehr. Die Besteuerung der Kapitalerträge macht mit 5 Prozent einen lächerlichen Anteil am Gesamtsteueraufkommen aus. Die indirekten Steuer steigen gegenüber den direkten, das muss neu austariert werden.“ In der nächsten Legislaturperiode müsse „eine grosse Steuerreform diese Ungleichgewichte korrigieren“, gibt er ein Thema vor, das sicherlich die Wahlprogramme 2014 prägen dürfte. Dabei gehe es um Gerechtigkeit, aber auch und vor allem um „die Frage der Akzeptanz von Politik und eines Systems“.

Korporatismen überwinden

„Den Mut haben, Probleme anzupacken, Entscheidungen zu treffen, Orientierungen zu geben, Korporatismen zu überwinden“, beschreibt Lux zum Schluss seiner Rede die Herausforderungen. Das sei eigentlich „die Stunde der Politik“. Und seine tiefe Überzeugung sei, dass man diese Herausforderungen nur erfolgreich berwältigen könne, wenn es gelinge einen gerechten starken Sozialstaat zu erhalten. Und das Fundament dazu sei ein Staat, der seine Finanzen im Griff habe.

Budgetminister Luc Frieden wird am Mittwochmorgen Stellung zum Entwurf des Staatshaushalts nehmen. Für die Generaldebatte mit Votum des Budget und eines getrennten Gesetzes mit den geplanten Steuererhöhungen sind zwei Sitzungen am Donnerstag eingeplant.