Über 50 innerchinesische Städte wollen in den nächsten Jahren ihre Flughäfen zu regionalen Hubs ausbauen, um so ihre Industrien zu stärken. Eine Strategie, die in China nicht nur Befürworter findet, wie aus einem Artikel der Hongkonger South China Morning Post vom 16. September hervorgeht.
Das Problem liegt in erster Linie darin, dass diese Projekte von den Provinzen gestemmt werden und nicht von der Zentralregierung. Die Provinzen jedoch haben in den letzten Jahren ihren Wachstum oft über Schulden finanziert und oft genug übertrieben, wie die regionale Bankenkrise, die in China am Anfang des Jahrs für heftige Turbulenzen sorgte, gezeigt hat.
Laut South China Morning Post verlieren 143 von 183 Flughäfen in dem Reich der Mitte Geld. Man geht davon aus, dass von den 80 neuesten Flughäfen 60 mindestens bis 2015 rote Zahlen schreiben werden.
Einer von diesen neuen Flughäfen heißt Xinzheng und liegt in Zhengzhou, der Hauptstadt der Provinz Henan. Die Provinzregierung hat sich zum Ziel gesetzt, den Flughafen von einer bestehenden Landebahn bis zum Jahr 2025 auf vier auszubauen.
Hinter dem Projekt steckt ein Finanzvehikel der Provinz Henan mit dem Namen „Henan Civil Aviation Development & Investment Co.,Ltd.“, kurz HNCA.
Szenenwechsel.
HNCA ist nicht gleich HNA
Während seiner Chinareise vom 16. bis zum 19. Mai traf sich Nachhaltigkeitsminister Claude Wiseler neben anderen möglichen Übernahmekandidaten auch mit Vertretern von HNCA. Zumindest dies wurde am Donnerstag vom Nachhaltigkeitsministerium bestätigt. Ansonsten wollte der Minister keine Stellung nehmen.
Bis zum Herbstbeginn wurde jedoch, wenn man von einem chinesischen Interessenten in der Presse sprach, stets der Name HNA genannt. Die an der Küste Südchinas beheimatete HNA ist ein Logistikkonzern, der u.a. fünf Airlines betreibt, darunter von Shanghai aus das Cargo-Unternehmen Yangtze River Express. HNA war bereits einst an Cargolux interessiert, doch man verlor den Bieterstreit gegen Qatar Airways. Auch diesmal wurden dem Konzern gute Chancen ausgerechnet, da er ein idealer strategischer Partner sein könnte, um den so erfolgversprechenden innerasiatischen Raum zu erschließen.
Wieder Alleingang eines Ministers
Der Name HNCA taucht erst am 16. September in der Öffentlichkeit auf – während niemand mehr von HNA sprach –, als an diesem Tag Minister Claude Wiseler – alleine – per Kommuniqué bekannt gab, eine Delegation aus Henan samt HNCA-Vertretern empfangen zu haben.
Die Chinesen hätten eine ausgedehnte Visite des Logistikzentrums auf dem Flughafen gemacht.
Claude Wiseler trat mit HNCA in Verhandlungen über eine sogenannte Dual-Hub-Strategie, also eine Verteilung auf zwei Standorte: einen in Luxemburg, einen in Zhengzhou.
So weit, so gut. Doch es stellt sich die Frage, was das Finanzvehikel anderes anzubieten hat als etwa das Luftfahrtunternehmen aus China? HNCA verfügt über einen Flughafen und eventuell auch Geld. Aber reicht das, um ein „strategischer Partner“ für die Cargolux zu sein? Schließlich war dies ja einst das erklärte Ziel, um die Cargolux nach dem Qatar-Airways-Fiasko wieder langfristig auf die Beine zu stellen.
Bis zum Besuch der Delegation aus Henan war auch immer irgendwie das Wirtschaftsministerium vertreten. Gestern bestätigte Letzteres aber gegenüber dem Tageblatt, dass man keine Rolle mehr in den Verhandlungen spielte.
Dieser erneuter Alleingang eines Ministers wird durch einen Brief der OGBL, der am Donnerstag an Minister Wiseler ging, untermauert. Der Brief liegt dem Tageblatt vor.
Ist der Deal schon beschlossene Sache?
Die Gewerkschaft will erfahren haben, dass zwei hohe Staatsbeamte – Tom Weisgerber aus dem Nachhaltigkeitsministerium und Alphonse Berns aus dem Finanzministerium – sowie Richard Forson, Interimsgeneraldirektor der Cargolux, „so eben“, am Abend des 1. Oktober, von einer Chinareise zurückgekehrt seien.
Der Gewerkschaft soll zugetragen worden sein, dass die drei den Deal mit HNCA quasi zum Abschluss gebracht haben.
Die Gewerkschaft bemängelt, dass weder der Verwaltungsrat noch das „Comité mixte“, noch die Betriebsdelegation bislang ausreichend informiert wurden. Bereits seit Tagen werden in der Presse die Befürchtungen des OGBL laut, dass ganze Maschinen in Henan immatrikuliert werden sollen und somit ein Teil der Wartung auch dorthin kommen soll. „Wir fordern ganz einfach Klarheit von Minister Claude Wiseler“, sagt Gewerkschaftssekretär Hubert Hollerich vom OGBL. „Stimmt es zum Beispiel, dass HNCA ein Problem mit der Altersstruktur der Beschäftigten bei Cargolux hat. Das wäre eine Katastrophe, besonders in puncto Beibehaltung der Qualifikation der Angestellten.“
Eigentlich sollte ja einst für die Cargolux eine Strategie ausgearbeitet werden und dann ein strategischer Partner gefunden werden. Nun sieht es bei einem genaueren Blick auf HNCA eher so aus, als ob dieser jemanden sucht, der für etwas Geld sein Know-how und seine instrumentellen Möglichkeiten einbringen soll, um seinen Flughafen, seine Region zu entwickeln.
Selber hat HNCA kaum das anzubieten, was der Cargolux fehlt: Fracht und neue Routen. Beide sind Zukunftsmusik.
De Maart

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