Samstag13. Dezember 2025

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Schluss mit Billig-Ärzten

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LUXEMBURG - Die Vereinigung von Medizinstudenten Alem ist besorgt. Luxemburger Gastärzten könnte in Deutschland die Weiterbildung zum Facharzt erschwert werden.

Werden in Zukunft Luxemburger Medizinstudenten Deutschland als Ausbildungsland meiden? Die „Association Luxembourgeoise des Étudiants en Médicine“ (Alem) befürchtet, dass Luxemburger Ärzten nach der Grundausbildung der Zugang zum weiterführenden Studium erschwert werden könnte. Das Problem betrifft hauptsächlich Studierende in Deutschland, die sich zum Facharzt oder Allgemeinarzt weiterbilden. Studenten im Grundstudium und Ärzte in der Fachausbildung in anderen EU-Ländern sind nicht davon betroffen.

Wo werden unsere Ärzte ausgebildet?

Die meisten Ärzte bevorzugen unsere Nachbarländer als Ausbildungsland.

Deutschland: 28,1 Prozent
Frankreich: 23,6 Prozent
Belgien: 23,4 Prozent
Österreich: 6,9 Prozent.

(Akademisches Jahr 2010-2011)

Derzeit noch können Medizinstudenten lediglich das erste Jahr in Luxemburg absolvieren. Den größten Teil der Ausbildung müssen sie im Ausland fortsetzen. Die Spezialisierung erfolgt in der Regel in einer Uniklinik. Nach dem sechsjährigen Grundstudium werden die Medizinstudenten in Deutschland zu Assistenzärzten, Ärzte in Ausbildung, wie die Alem präzisiert. Werden die jungen Ärzte von der Klinik fest eingestellt, bekommen sie ein geregeltes Gehalt. Doch längst nicht alle Interessenten werden eingestellt.

Gastärzte als billige Arbeitskraft

Luxemburger Ärzte ohne Festeinstellung werden zu Gastärzten. Sie leisten dieselbe Arbeit wie ihre festen Kollegen, werden jedoch vom Klinikum nicht entlohnt. Um die Lehrzeit finanziell zu überbrücken, beziehen sie vom Luxemburger Staat ein monatliches Stipendium in Höhe von rund 2.100 Euro monatlich. Und das während den zwei ersten Jahren. Derzeit stehen 14 Studenten in Deutschland auf dieser Gehaltsliste des Ministeriums. Ein weiterer Stipendiat studiert in Österreich.

Für die betroffenen Kliniken sind die Jungärzte billige Arbeitskraft. Doch eben das passt einzelnen Berufsorganisationen nicht. Das Gastärzte- oder Hospitations-System widerspreche dem europäischen und deutschen Recht, monieren sie. Laut EU-Direktive über die Fachausbildung der Ärzte muss der Student vollverantwortlich in die Organisation des Krankenhausbetriebs eingebunden werden und folglich für die geleistete Arbeit entsprechend entlohnt werden. Auch die deutsche Weiterbildungsordnung fordert eine angepasste Entlohnung. Der deutsche Kollektivvertrag für Assistenzärzte sieht dafür monatlich zwischen 5.800 und 6.000 Euro vor. Etwas mehr als die Subsidien für die Luxemburger Gastärzte demnach.

Die neue rechtliche Basis könnte Kliniken dazu verleiten, den Luxemburger Gastärzten den Weiterbildungsvertrag zu kündigen, so die Alem. Die Häuser befürchten, dass die Luxemburger ihre Gleichbehandlung vor Gericht einklagen und auf die Rückzahlung der ausstehenden Vergütung pochen könnten.

Lieber Stipendiengeber …

Die Alem weiß von einem konkreten Fall, einem angehenden Dermatologen. Das Uni-Klinikum München machte den Stipendiengeber, das heißt den Luxemburger Staat, Anfang März 2014 darauf aufmerksam, dass für eine Festeinstellung des betroffenen Gastarztes 5.800 bis 6.000 Euro zur Verfügung stehen müssten. Man würde sich freuen, „wenn die Übernahme des Gehalts durch Sie möglich ist.“ Sollte dies nicht der Fall sein, müsste die Fortsetzung der Weiterbildung eingestellt werden, heißt es im Brief. In anderen Worten: der Luxemburger Staat müsste nicht mehr 2.100 sondern bis zu 6.000 Euro monatlich zahlen.

Man habe das Gesundheitsministerium sofort kontaktiert, so Dr. Sébastien Rinaldetti, Sprecher der Alem. Er hofft auf eine baldige Lösung, andernfalls riskierten luxemburgische Assistenzärzte den Verlust ihres Ausbildungsplatzes.

Im Gesundheitsministerium weiß man tatsächlich von der Problematik der Medizinstudenten in Deutschland, betont jedoch, dass es sich dabei um einen isolierten Fall handle. Man habe gleich Kontakt zum Hochschulministerium genommen, sagte uns Gesundheitsministerin Lydia Mutsch am Dienstag. Erste Lösungsansätze seien bereits erörtert worden.

Diplomatische Lösung

Wie diese Lösung aussehen soll, bleibt jedoch unklar. Möglich wäre eine Anhebung der Beihilfe. Das Gesetz über Studienbörsen begrenzt diese Hilfe jedoch auf 4.000 Euro. Derlei Börse für Medizinstudenten in Deutschland könnte außerdem dazu führen, dass Studienkollegen aus anderen Ländern ihre Studien nach Deutschland verlegen, weil die Börse weitaus höher wäre als das Gehalt, das sie derzeit in ihrem Ausbildungsland beziehen. Und da wären noch die Sparzwänge beim Staatshaushalt.

Bliebe eine diplomatische Lösung zwischen Deutschland und Luxemburg. So wie sie auch von der Alem angeregt wird. Tatsächlich sei bisher nur ein Fall bekannt, sagt Dr. Rinaldetti. Nur wollte man jetzt bereits aktiv werden, um Studenten vor den Sommerferien vor bösen Überraschungen zu bewahren. Und der Diplomatie wohl etwas Zeit lassen.

(Lucien Montebrusco/Tageblatt.lu)