Donnerstag13. November 2025

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Ein Ausschluss muss auf Risikoverhalten abzielen

Ein Ausschluss muss auf Risikoverhalten abzielen

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Homo- und bisexuelle Männer sind bisher als Blutspender nicht zugelassen. In Frankreich hat im Jahr 2009 ein Mann dagegen geklagt und die Sache ist vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) anhängig.

Es sieht so aus, als würde bzw. müsse auch Luxemburg bald seine Richtlinien ändern.

„Haben oder hatten Sie jemals seit 1977 sexuellen Kontakt mit einem anderen Mann? (und sei es auch nur ein einziges Mal).“ Diese Frage steht im Formular, das in Luxemburg jeder potenzielle Blutspender ausfüllen muss.

Internationale Regelungen

Die „Croix-Rouge“, die in Luxemburg den Blutspendedienst organisiert, verweist darauf, dass sie sich nach internationalen Regelungen und Empfehlungen richtet, die ein Höchstmaß an Sicherheit liefern sollen und jene Personen von der Blutspende ausschließen, die ein erhöhtes Risiko für die Übertragung von Infektionskrankheiten darstellen. Daher seien u.a. auch Männer ausgeschlossen, die eine sexuelle Beziehung zu einem anderen Mann haben. Man sei da auf einer Linie mit den Nachbarländern, mit denen zudem gegenseitige Abkommen zur Versorgung mit Blutreserven bestehen.

Gesundheitsministerin Lydia Mutsch erkennt zwar an, dass diese Fragen auf den maximalen Schutz der Empfänger von Blutspenden abzielen. Aber nicht nur sie findet die Fragestellung zumindest speziell.

Gefragt wird im Formular nicht nach wechselnden Sexualpartnern, sondern ob ein Mann jemals Sex mit einem anderen Mann hatte. Dass diese Frage mit Ja beantwortet wird, lässt aber noch nicht auf ein bestimmtes Risikoverhalten (u.a. wechselnde Sexualpartner) schließen. U.a. jene Männer, die in einer festen homosexuellen Partnerschaft leben, werden hier „Ja“ ankreuzen. Die „Croix-Rouge“ bedauert in ihrer Stellungnahme, potenzielle Blutspender ausschließen zu müssen, betont aber, dass sie eben nicht nach der sexuellen Orientierung fragt, sondern nach sexuellen Praktiken. Diese Lesart teilen nicht alle.

Ein Ausschluss, findet Lydia Mutsch, müsse auf Risikoverhalten abzielen. Das wird auch laut „Croix-Rouge“ in einem Gespräch mit einem Arzt abgefragt. Aber die bloße Frage nach sexuellem Kontakt mit einem Mann gibt das noch nicht her.

Klage in Frankreich

In Frankreich hat im Jahr 2009 ein Mann dagegen geklagt, dass er als Homosexueller von der Blutspende ausgeschlossen ist. Zwar sind nach einer EU-Richtlinie Personen, deren Sexualverhalten ein hohes Übertragungsrisiko für schwere Infektionskrankheiten birgt, dauerhaft von Blutspenden ausgeschlossen. Allerdings sei die Tatsache, dass ein Mann eine sexuelle Beziehung mit einem anderen Mann hatte oder hat, kein Verhalten im Sinne dieser Richtlinie, fand Generalanwalt Paolo Mengozzi.

Zwar dürfen EU-Mitgliedsstaaten strengere Regeln anwenden als in der Richtlinie vorgegeben, aber die Freiheit der Mitgliedsstaaten ende dort, wo Grundrechte und -freiheiten gefährdet seien, so Mengozzi und fand in diesem endgültigen Ausschluss von Blutspenden, wie er in Frankreich gehandhabt wurde, eine „offenkundige indirekte Diskriminierung aufgrund des Geschlechts (Männer) in Verbindung mit der sexuellen Orientierung (Homosexualität oder Bisexualität)“.

Verhältnismäßigkeit

Bleibt die Frage nach der Verhältnismäßigkeit. Wohl sei die französische Regelung geeignet, maximalen Schutz zu erreichen, aber sie gehe über das hinaus, was erforderlich sei. HI-Viren sind nicht sofort bei Tests zu entdecken, Blutkonserven aber höchstens 45 Tage lang konservierbar. Eine Quarantäne für Blutspenden von 22 Tagen, laut Generalanwalt jener Zeitraum, ab dem das HI-Virus in Tests entdeckt werden kann, könnte hier eine Lösung sein.

Die „Croix-Rouge“ kommentiert den Fall, der vor dem EuGH verhandelt wird, nicht. Gesundheitsministerin Lydia Mutsch ihrerseits antwortete auf eine parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Claudia Dall’Agnol, dass sie auf die Schlussfolgerungen eines Expertenrats des Europarats warte, bevor sie die aktuelle Praxis anpasse. „Diskriminierungen verhindern und gleichzeitig maximale Garantien für Schutz geben. Das wird auch wichtig für unser Land, wenn es darum gehen wird, die Praxis anzupassen“, erklärt Mutsch auf Nachfrage.

Der Europäische Gerichtshof wird sein Urteil erst in ein paar Monaten sprechen. Wie es ausfallen wird, ist offen. Sehr oft folgt das Gericht aber dem Plädoyer des Generalanwalts.