Sonntag9. November 2025

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Die neue Ausgabe

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(Reuters/Benoit Tessier)

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Ein Jahr nach dem Anschlag erinnert eine Sonderausgabe an die islamistischen Mordanschläge von Paris. Das Satiremagazin macht Gott zum Terroristen. Das sorgt für Empörung.

Mit heftiger Religionskritik ist die Sonderausgabe des Satiremagazins „Charlie Hebdo“ zum Jahrestag des Mordanschlags auf seine Redaktion am Mittwoch an die Kioske gegangen. Das 32 statt sonst 16 Seiten umfassende Heft erinnert an das Attentat islamistischer Terroristen am 7. Januar 2015 in Paris.

Die Ausgabe mit einem Gott als bewaffneter Täter auf dem Titel ist in einer Auflage von einer Million Exemplaren erschienen. Das Magazin wird auch international vertrieben. Die Sonderausgabe konnte auch in Luxemburg ergattert werden. Auf einer Karikatur ist die „Charlie Hebdo“-Redaktion gezeichnet wie im berühmten „Abendmahl“-Gemälde von Leonardo da Vinci. Der bei der Attacke getötete damalige Zeitungschef Charb nimmt den Platz von Jesus ein und sagt: „In Wahrheit, sage ich euch, werden wir uns noch lange zusammen kaputtlachen.“

Bekannte Persönlichkeiten wie die Schauspielerinnen Juliette Binoche und Isabelle Adjani drückten der Satirezeitung mit Beiträgen ihre Solidarität aus. Abgedruckt wurden auch ältere Karikaturen von Charb und den anderen bei der Attacke getöteten Karikaturisten Cabu, Honoré, Tignous und Wolinski. „Wir denken die ganze Zeit an sie“, sagte Riss am Mittwoch.

Protest von Kirche und Politik

Schon vor Erscheinen der Sonderausgabe des für seine harte Religionskritik bekannten Blattes gab es Protest von Kirchenvertretern und konservativen Politikern. Im Editorial kritisiert der als Riss zeichnende Laurent Sourisseau „vom Koran verblödete Fanatiker“, die wie „geweihte Ärsche anderer Religionen“ ein Ende des Magazins gewünscht hätten, weil es über Religiöses zu lachen wage.

Im Namen der Regierung erklärte der französische Staatssekretär Jean-Marie Le Guen, der Editorial von Riss „stehe nicht für die Republik und die Laizität“ und dass „Charlie Hebdo keine offizielle Zeitung ist“. Alain Juppé, ehemaliger Minister unter Sarkozy, erklärte seinerseits in einem Interview: „Ich bin nicht immer Charlie wenn ich die Zeitung öffnen. Diese Titelseite hat mich nicht zum Lachen gebracht“.

Auch Vatikan

Die Karikatur von Riss präsentiert Gott als Täter auf dem schwarzen Titel des Sonderheftes. „Ein Jahr danach – der Mörder ist immer noch auf freiem Fuß“ steht über der Zeichnung eines bärtigen alten Mannes mit dem göttlichen Dreieck nebst allsehendem Auge über dem Kopf. Das weiße Gewand ist blutbefleckt, auf dem Rücken trägt die wegrennende Figur eine Schnellfeuerwaffe, wie sie bei den islamistischen Anschlägen verwendet wurde.

Die Vatikan-Zeitung hat die Titelseite der Sonderausgabe kritisiert. Hinter der „trügerischen Fahne eines kompromisslosen Laizismus“ vergesse „Charlie Hebdo“ einmal mehr, dass religiöse Führer egal welchen Glaubens immer wieder dazu aufriefen, Gewalt im Namen der Religion zu verurteilen. „Gott zu nutzen, um Hass zu rechtfertigen, ist echte Gotteslästerung, wie Papst Franziskus mehrfach gesagt hat“, heißt es weiter.

Die französische Kirche zeigte sich auch nicht begeistert. Sie schrieb in einem Tweet über die Titelseite: „Ist das wirklich die Polemik die wir brauchen?“

Kein Ansturm

Einen Ansturm auf die Kioske wie bei der Ausgabe, die eine Woche nach dem Anschlag mit zwölf Toten veröffentlicht wurde, gab es aber nicht. Damals waren fast acht Millionen Exemplare verkauft worden, ein Rekord in der französischen Pressegeschichte.

Lesen Sie auch unser Spezialdossier zu Charlie Hebdo in der Donnerstagsausgabe des Tageblatt