Sonntag16. November 2025

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Abschied von ermordeter Kollegin Jo Cox

Abschied von ermordeter Kollegin Jo Cox
(AFP/Niklas Halle'n)

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Mitten im Wahlkampf halten die britischen Parlamentarier inne. Premier Cameron erinnert an das Engagement seiner jungen Kollegin Jo Cox.

In seltener Eintracht haben die Abgeordneten des britischen Unterhauses ihrer ermordeten Kollegin Jo Cox gedacht. Die 41-jährige Labour-Abgeordnete habe mit ihrem Einsatz für syrische Flüchtlinge vielen Menschen das Leben gerettet, sagte Premierminister David Cameron in der Sondersitzung am Montag.

Unterhaus-Präsident John Bercow sagte, der Anschlag auf Cox sei auch ein Angriff auf die Freiheit gewesen. Im Luxemburg warben EU-Außenminister für den Verbleib des Königreichs in der EU, für den auch Cox war.

Grenzenlose Energie

„Jo Cox war eine Stimme des Mitleids, deren unbändiger Geist und grenzenlose Energie das Leben aller befeuerte, die sie kannten“, sagte Cameron. Die Abgeordneten hatten sich weiße Rosen angesteckt, das Symbol für Cox‘ Wahlkreis Yorkshire.
Einige weinten. Der Witwer und die beiden Söhne im Alter von fünf und drei Jahren verfolgten die Sitzung von der Galerie aus.

Cox war am Donnerstag in ihrem Wahlkreis Yorkshire von einem Mann tödlich verletzt worden. Der Tatverdächtige rief bei seiner ersten Gerichtsanhörung „Tod den Verrätern, Freiheit für Großbritannien.“ Am Montag wurde er erneut angehört und bleibt bis zum nächsten Gerichtstermin in Haft.

Warnungen von allen Seiten

Wegen des Attentats war der Wahlkampf für das Brexit-Referendum bis Sonntag unterbrochen. Danach sahen Umfragen die Brexit-Gegner leicht in Führung. Die Abstimmung findet am Donnerstag statt.

Der britische Außenminister Philipp Hammond warnte, ein Austritt seines Landes aus der EU wäre unwiderruflich. „Großbritannien könnte der EU nie wieder beitreten, es sei denn zu untragbaren Bedingungen“, sagte er. Dann müsse sich das Land anders als jetzt nämlich auch dem Euro und der visafreien Schengenzone anschließen.

„Geschichte und Tradition“

Im Interview mit der deutschen Zeitung „Tagesspiegel“ am Sonntag spricht Luxemburgs Aussenminister Jean Asselborn im Zusammenhang mit dem bevorstehenden „Brexit“ Klartext: „Es ist nicht auszuschließen, dass ein Brexit zu einem Dominoeffekt in Osteuropa führt“, so Asselborn (Link).

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier sagte, falls Großbritannien austrete, verliere die EU mehr als nur ein Mitglied. „Wir verlieren Geschichte und Tradition Großbritanniens innerhalb der Europäischen Union, die wichtig ist und war für uns“, sagte er.

„Politische Wirklichkeit“

Der französische Außenminister Jean-Marc Ayrault sagte, die britischen Wähler hätten eine Entscheidung zu treffen, die nicht nur für sie, sondern auch für Europa wichtig sei.

Schwedens Ministerpräsident Stefan Löfven erklärte, falls es eine Mehrheit für einen Brexit gebe, werde Europa in einer neuen politischen Wirklichkeit aufwachen. „Wir wissen nicht genau, welche Folgen und Kräfte das in Europa freisetzt“, sagte er der schwedischen Nachrichtenagentur TT. Es bestehe aber kein Grund zur Panik.

Die Seite gewechselt

Die Ex-Chefin der britischen Konservativen, Sayeeda Warsi kehrte der Brexit-Kampagne den Rücken und warf ihren Förderern Rassismus vor. Moderate Stimmen für den Brexit seien im Wahlkampf untergegangen, erklärte sie. Den Ausschlag für ihren Bruch mit den Brexit-Befürwortern habe ein Plakat mit einem Bild von Flüchtlingen auf dem Weg durch Europa und der Warnung gebracht: „Breaking Point“ (Zerreißprobe).

„Diese Art von aufdringlicher, augenzwinkernd fremdenfeindlicher, rassistischer Kampagne mag kurzfristig politisch schlau oder nützlich erscheinen, aber sie fügt der Gesellschaft langfristigen Schaden zu“, sagte Warsi der BBC. Sie ist eine der prominentesten muslimischen Politikerinnen im Königreich.