Dienstag23. Dezember 2025

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AustralienWie Vater und Sohn monatelang den Terroranschlag planten

Australien / Wie Vater und Sohn monatelang den Terroranschlag planten
Ein von einem Gericht aus dem australischen New South Wales zur Verfügung gestelltes Bild zeigt einen der Attentäter bei Schießübungen  Foto: Handout/NSW Courts/AFP

Neue Gerichtsdokumente enthüllen Details über ein IS-inspiriertes Video-Manifest und die akribische Vorbereitung der tödlichen Attacke auf eine Chanukka-Feier in Sydney.

Eine Woche nach dem Terroranschlag am Bondi Beach, bei dem 15 Menschen starben und Dutzende verletzt wurden, zeichnen veröffentlichte Gerichtsdokumente ein erschreckendes Bild der monatelangen Planung. Naveed A., 24, und sein Vater Sajid, 50, sollen den Angriff auf die Chanukka-Feier am 14. Dezember über viele Monate hinweg akribisch vorbereitet haben – inklusive eines Video-Manifests vor der Flagge des Islamischen Staates (IS) und einer Erkundungstour zum späteren Tatort.

Im Zentrum der polizeilichen Ermittlungen steht ein Video, das auf Naveeds Telefon gefunden wurde. Die Aufnahmen zeigen Vater und Sohn, wie sie vor einem Bild der IS-Flagge sitzen. Naveed erscheint mit vier Langwaffen und rezitiert auf Arabisch eine Passage aus dem Koran. Anschließend erklären beide auf Englisch ihre Beweggründe für den geplanten Anschlag, wobei sie die „Handlungen von Zionisten“ verurteilen, wie aus dem am Montag veröffentlichten polizeilichen „Fact Sheet“ hervorgeht.

Ein weiterer Clip zeigt die beiden beim Schusswaffentraining in einer ländlichen Gegend, vermutlich im Bundesstaat New South Wales. Die Aufnahmen dokumentieren, wie sie mit Schrotflinten schießen und sich „in taktischer Manier“ bewegen – eine Vorbereitung auf das, was kommen sollte.

Erkundungstour zwei Tage vor dem Angriff

Besonders beunruhigend: Nur zwei Tage vor der Tat unternahmen die beiden einen Erkundungsbesuch am Bondi Beach. Sie begaben sich zu der Fußgängerbrücke mit Blick auf den Archer Park, von der aus sie später auf die Versammelten beim jüdischen Fest schießen sollten. Diese „Reconnaissance“-Mission zeigt das Ausmaß der Planung.

Am Tattag selbst verließen Naveed und sein Vater laut CCTV-Aufnahmen bereits um 2.16 Uhr morgens ihr Airbnb im Sydney-Stadtteil Campsie. Sie trugen „lange und sperrige Gegenstände“, in Decken eingewickelt, die sie in einen silbernen Hyundai luden. Die Polizei vermutet, dass es sich dabei um zwei einläufige Schrotflinten, ein Beretta-Gewehr sowie hausgemachte Sprengkörper handelte – drei Rohrbomben, eine sogenannte „Tennisball-Bombe“ und eine große improvisierte Sprengvorrichtung. Dazu kamen zwei IS-Flaggen.

Der Angriff: Bomben und Schüsse

Nach einer Rückkehr zum Haus fuhren die beiden um 17.09 Uhr erneut los, diesmal in Richtung Bondi. Gegen 18.50 Uhr erreichten sie nach einer kurzen Pause ihr Ziel: Sie parkten nahe der Fußgängerbrücke, brachten IS-Flaggen an den Autofenstern an und begannen ihren Angriff.

Laut Polizei warfen sie zunächst drei Rohrbomben und eine Tennisball-Bombe in Richtung der Menge, bevor sie das Feuer eröffneten. Obwohl die Sprengsätze nicht detonierten, handelte es sich um „funktionsfähige improvisierte Sprengkörper“, wie die Ermittler betonen. Letztendlich starben 15 Menschen bei der Terrorattacke, darunter ein zehnjähiges Mädchen, Dutzende wurden verletzt. Sajid A. wurde von der Polizei erschossen, sein Sohn überlebte schwer verletzt.

Frühe Radikalisierung

Die Radikalisierung der mutmaßlichen Täter begann dabei offenbar lange vor der Attacke. Naveed A. war erst 17 Jahre alt, als er auf den Straßen West-Sydneys missionierte. Videos aus dem Jahr 2019 zeigen, wie er Passanten anspricht und predigt, dass „das Gesetz Allahs wichtiger als alles andere“ sei. In dieser Zeit geriet er erstmals ins Visier des australischen Geheimdienstes ASIO. Premierminister Anthony Albanese bestätigte, dass die Ermittlungen im Oktober 2019 eingestellt wurden, da keine Hinweise auf eine anhaltende Bedrohung gefunden wurden.

Naveed pflegte enge Kontakte zu extremistischen Kreisen, darunter das Al Madina Dawah Centre in Bankstown und Prediger Wisam Haddad, sowie zu weiteren jungen IS-Sympathisanten, die später verurteilt wurden. Anfang November, etwa einen Monat vor dem Anschlag, reisten Vater und Sohn auf die Philippinen, unter Umständen um eine „militärische Ausbildung“ zu absolvieren, bevor sie Ende November nach Australien zurückkehrten. Der Vater soll dabei mit seinem indischen Pass gereist sein.

Während sie die Terrorattacke am Bondi Beach verübten, soll Naveeds Mutter Verena geglaubt haben, Vater und Sohn seien im Urlaub im südlichen New South Wales. „Die Mutter erinnerte sich, dass der Angeklagte sie jeden Morgen von einem öffentlichen Telefon aus anrief, während er weg war … und besprach, was er an diesem Tag zu tun plante“, heißt es im Polizeibericht – eine Tarnung bis zum Schluss. Naveed A. sieht sich nun 15 Anklagen wegen Mordes und 40 Anklagen wegen versuchten Mordes gegenüber. Er hat das Krankenhaus unter schwerer Bewachung verlassen und befindet sich in einem Gefängnis in New South Wales.