21. Dezember 2025 - 11.05 Uhr
Spanien im MilliardenrauschWarum „El Gordo“ immer dicker wird – und der Losverkauf für Menschen außerhalb Spaniens einen Haken hat
Vor der Madrider Lotterie-Annahmestelle „Doña Manolita“ stehen die Menschen bereits im Morgengrauen Schlange. Thermobecher in der Hand, Handys im Anschlag, Hoffnung im Blick. Es ist ein Ritual, das sich in Spanien jedes Jahr in der Adventszeit wiederholt – und 2025 erreicht es noch einmal eine neue Dimension. Spaniens weltberühmte Weihnachtslotterie verteilt diesmal rund 2,8 Milliarden Euro an Gewinnen. Bei der Ziehung am 22. Dezember fällt der Geldregen kurz vor Heiligabend reichhaltiger aus als je zuvor.
Die seit 1812 existierende Weihnachtsziehung gilt als die größte Lotterie der Welt – nicht wegen eines einzelnen Mega-Jackpots, sondern wegen der Vielzahl an Prämien und Losanteilen – die Gewinnchancen gelten als verhältnismäßig hoch. Insgesamt sind 100.000 fünfstellige Nummern im Umlauf, die in 198 Serien aufgeteilt und dann wiederum in Zehntellose (décimos) gestückelt werden. Somit werden dieses Jahr 198 Millionen Losscheine vertrieben, die im offiziellen Handel jeweils 20 Euro kosten.
Weihnachten beginnt am 22. Dezember
Der dicke Hauptgewinn, auf Spanisch „El Gordo“, liegt bei 400.000 Euro pro Zehntellos. Allerdings gehen bei allen Gewinnen über 40.000 Euro noch vor der Auszahlung 20 Prozent Glücksspielsteuer ab – der Fiskus verdient immer mit. Weil jede Losnummer durch die Stückelung in Serien und Zehntellose genau 1.980 Mal existiert und viele Lose auch noch unter Freunden, Kollegen und Verwandten geteilt werden, gibt es oftmals Tausende von Hauptgewinnern. Neben der dicken Hauptprämie werden noch Millionen kleinere Gewinne verteilt, die ebenfalls Freude machen.
„Weihnachten beginnt in Spanien schon am 22. Dezember“, lautet ein altes geflügeltes Wort im Land. Neu ist in diesem Jahr jedoch vor allem eines: die schiere Menge an Losnummern und damit auch die Höhe der ausgeschütteten Gewinnsumme. Fünf Los-Serien mehr als im Vorjahr hat die staatliche Lotteriegesellschaft aufgelegt – eine Reaktion auf die steigende Nachfrage.
Losverkauf im Sommer
Der Absatzboom erklärt sich einerseits durch Spaniens starkes Bevölkerungswachstum: Jedes Jahr kommen, vor allem wegen der starken Zuwanderung aus Lateinamerika, eine halbe Million Einwohner hinzu. 2026 wird Spanien deswegen erstmals mehr als 50 Millionen Bewohner haben.
Aber auch die steigenden Touristenzahlen kurbeln den Lottoverkauf an: Bis Ende 2025 werden knapp 100 Millionen internationale Urlauber das Land besucht haben – und nicht wenige nehmen als kleines Souvenir eines der Glückslose mit nach Hause. Ein Grund, warum der Losverkauf schon im Sommer beginnt.
Je näher der Ziehungstag rückt, desto stärker wächst die Spannung im Land selbst. In den letzten Tagen vor der Weihnachtsziehung wird die ganze Nation von einem kollektiven Lotteriefieber erfasst. Die Schlangen vor den Verkaufsstellen werden länger. Der Loserwerb gehört in Spanien zur Weihnacht wie Turrón (spanischer Nougat) und Lichterketten. Wer nicht mitspielt, steht schnell außen vor. Der eigentliche Albtraum für jene, die nicht mitmachen, ist nicht das Verlieren, sondern die Vorstellung, dass womöglich „alle anderen“ gewinnen.
Dass die Ziehung selbst ein nationales Spektakel ist, trägt zur spanischen Lottohysterie bei. Millionen verfolgen die stundenlange Zeremonie am 22. Dezember live im Fernsehen, wenn das Land ins Teatro Real, das königliche Opernhaus in Madrid, blickt. Dort drehen sich die großen Lostrommeln, während Schüler der Schule San Ildefonso, eines früheren Waisen- und Armeninternats, die Gewinnzahlen singend verkünden.
Für nicht in Spanien lebende Lottospieler kann ein Gewinn allerdings schnell zur bürokratischen Herausforderung werden. Liegt die Prämie unter 2.000 Euro, lässt sie sich in der Regel problemlos einlösen. Wer sein Zehntellos online gekauft hat, kann kleinere Beträge meist auch online ausgezahlt bekommen. Wer jedoch das Los während des Spanienurlaubs vor Ort erstanden hat, muss den Gewinn bei einer offiziellen Lottoannahmestelle abholen.
Bankkonto benötigt
Bei Preisen über 2.000 Euro wird es schwieriger. Die Auszahlung erfolgt dann ausschließlich über die spanischen Geldinstitute CaixaBank und BBVA. Bei diesen benötigt man ein Bankkonto. Wer keines besitzt, muss es eigens eröffnen. Für die Kontoeröffnung braucht man allerdings als Nicht-Spanier auch noch die spanische Ausländer-Identifikationsnummer NIE, die zuvor beantragt werden muss. Der Betrag muss dann spätestens bis zum 23. März 2026 abgeholt werden, sonst fließt das Geld in die Staatskasse.
Und noch zwei Dinge sollten ausländische Glücksritter, die nicht in Spanien ihren Wohnsitz haben, bedenken. Erstens: Vor allem im Onlinehandel sind auch Betrüger unterwegs. Zweitens: Man könnte mit einer Teilnahme an Spaniens Weihnachtslotterie unter Umständen mit dem Gesetz des Heimatlandes in Konflikt kommen.
De Maart
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