18. Dezember 2025 - 6.51 Uhr
AustralienHätte der Terror verhindert werden können?
Als am Sonntag zwei Bewaffnete das Feuer auf eine Chanukka-Feier am Bondi Beach eröffneten und mindestens 15 Menschen töteten, erlebte Australien seinen schwersten Terroranschlag auf eigenem Boden. Was folgte, war nicht nur Trauer, sondern eine intensive Debatte über systemische Versäumnisse. Dabei geht es weniger um politische Schuldzuweisungen als um grundsätzliche Fragen: Wie konnte es dazu kommen – und welche Lehren müssen gezogen werden?
Die Chronologie des Falls offenbart ein beunruhigendes Muster übersehener Warnsignale. Naveed Akram, der 24-jährige Sohn, geriet bereits 2019 ins Visier des australischen Geheimdienstes ASIO, nachdem der Anführer einer mutmaßlichen Islamischer-Staat-Zelle in Sydney verhaftet worden war. Die Ermittlungen dauerten sechs Monate. Premierminister Anthony Albanese erklärte später, die Behörden hätten festgestellt, dass „keine Anzeichen für eine anhaltende Bedrohung“ bestanden hätten oder die Gefahr, dass Akram „sich an Gewalt beteiligen würde“.
Gleichzeitig beantragte sein Vater Sajid 2020 eine Waffenlizenz, die ihm 2023 ausgestellt wurde – zu einem Zeitpunkt, als sein Sohn bereits aktenkundig war. Der 50-Jährige erwarb insgesamt sechs Schusswaffen, trat einem Schießclub bei und erfüllte formal alle gesetzlichen Anforderungen. Im November 2025 reisten Vater und Sohn auf die Philippinen, mit Davao als Ziel, einer Region, die in der Vergangenheit mit islamistischen Gruppierungen in Verbindung gebracht wurde.
Die zentrale Frage lautet nun: Warum wurden diese Informationsfragmente nie zu einem Gesamtbild zusammengefügt? Polizeikommissar Mal Lanyon bestätigte, dass die Behörden prüfen würden, ob diese „Stränge von nachrichtendienstlichen Informationen“ vor dem Angriff hätten verknüpft werden sollen. Dabei geht es weniger um individuelles Fehlverhalten als um die Funktionsweise eines Systems, in dem sicherheitsrelevante Informationen in unterschiedlichen Zuständigkeitslogiken verbleiben.
Das strukturelle Dilemma der Einzeltäter
Greg Barton, Lehrstuhlinhaber für globale islamische Politik an der Deakin University, bringt das Kernproblem auf den Punkt: „Es gibt Hunderte von Menschen, die wegen ihres Kontakts, online oder offline, mit extremistischen Netzwerken und Einzelpersonen in die Aufmerksamkeit der Behörden geraten“, schreibt er in einer Analyse. Mit begrenzten Ressourcen müssten die Behörden ein Triage-System durchführen, um die Bedrohung zu bewerten.
Barton weist darauf hin, dass die Bondi-Angreifer technisch dem Profil eines „Einzeltäter“-Angriffs entsprechen, da Vater und Sohn ohne erkennbares größeres Netzwerk handelten. Solche Angriffe, so der Experte, seien „ihrer Natur nach“ schwer vorherzusagen, da es „oft kein Anzeichen im Vorfeld für das Gewaltpotenzial“ gebe. ASIO-Generaldirektor Mike Burgess hatte in seiner Bedrohungsanalyse bereits gewarnt: „Unsere größte Bedrohung bleibt ein Einzeltäter, der eine leicht zu erhaltende Waffe verwendet.“
Diese Einschätzung wirft jedoch weitere Fragen auf: Wenn Einzeltäter die größte Bedrohung darstellen, warum gab es dann keine engere Verknüpfung zwischen den Datenbanken der Sicherheitsdienste und der Waffenlizenzierungsbehörden? ASIO ist kein Genehmigungsorgan und zivile Waffenbehörden haben keinen automatischen Zugriff auf geheimdienstliche Bewertungen – doch genau diese institutionelle Trennung rückt nun in den Fokus der Aufarbeitung.
Die Waffenlizenzierung: System mit Schwachstellen
Australiens Waffengesetze gelten seit den Reformen nach dem Port-Arthur-Massaker 1996 mit 35 Toten international als vorbildlich. Das System verlangt Hintergrundüberprüfungen, einen Nachweis für „berechtigte Gründe“ zum Waffenbesitz, Mitgliedschaft in Schießclubs und regelmäßige Wettkampfteilnahmen. Suzanna Fay, Kriminologin an der University of Queensland, hebt in einem Aufsatz zum Thema hervor, dass „viele Teile der australischen Waffenkontrollgesetze gut funktionieren“, insbesondere die Anforderung, sich aktiv in die Waffenbesitzer-Gemeinschaft einzubringen.

Doch der Bondi-Fall zeigt eine kritische Lücke: Die Waffenlizenz wurde dem Vater 2023 ausgestellt, obwohl sein Sohn vier Jahre zuvor wegen mutmaßlicher IS-Verbindungen untersucht worden war.
Das nationale Kabinett hat nun Reformen angekündigt: Obergrenzen für Waffenbesitz, Beschränkung von Lizenzen auf australische Staatsbürger und ein beschleunigter Aufbau eines nationalen Waffenregisters.
Die unterschätzte Antisemitismus-Bedrohung
Parallel zur Waffenfrage steht die Regierung in der Kritik, die wachsende antisemitische Bedrohung unterschätzt zu haben. Jillian Segal, Sonderbeauftragte für Antisemitismus, hatte im Juli einen umfassenden Maßnahmenplan vorgelegt, der weitreichende Empfehlungen für Polizei, Universitäten und Medien enthält. Der Bericht liegt seither ohne formelle Antwort auf dem Schreibtisch des Premierministers.
Dabei sind die Zahlen alarmierend: Seit dem Hamas-Angriff vom 7. Oktober 2023 stiegen antisemitische Vorfälle in Australien um über 300 Prozent (bis September 2024). Im Februar 2025 bezeichnete ASIO-Chef Burgess Antisemitismus als Sicherheitsbedrohung für das Land. „Jüdische Australier wurden zunehmend mit dem Staat Israel gleichgesetzt, was zu einer Zunahme antisemitischer Vorfälle führte“, so der Geheimdienstchef.
Der ehemalige Finanzminister Josh Frydenberg spricht von einem „kaskadierenden Umfeld des Hasses“, das durch Untätigkeit entstanden sei. Premierminister Anthony Albanese wies den Vorwurf der Untätigkeit allerdings zurück und verwies auf eine Reihe bereits umgesetzter Maßnahmen. Seine Regierung habe die Gesetze gegen Hassrede verschärft, Nazi- und andere Hasssymbole verboten, zusätzliche Mittel für den Schutz jüdischer Einrichtungen bereitgestellt und einen nationalen Ombudsmann eingerichtet, der Antisemitismus an Universitäten bekämpfen soll. Zudem werde die Ausbildung von Migrationsbeamten überprüft, um Antragsteller mit extremistischen oder hasserfüllten Einstellungen früher zu identifizieren.
De Maart
@ Müller Emil,
Ich will Sie nicht diskreditieren, weil Sie eine unpopuläre Meinung vertreten. Nur eine Frage: Welche Statistiken?
Ich weiss, dass dies eine sehr unpopuläre Meinung ist, aber wer Terror vermeiden will, sollte villeicht die Einwanderung (gewisser Gruppen) limitieren... Klar man sollte nicht pauschalisieren, aber irgendwann sollte man auch die Statistiken berücksichtigen... En gudden Iesel steisst sech nemmen eenmol keng 1000000mol....