Freitag12. Dezember 2025

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Missstände im Umweltministerium„Die Umweltpolitik unter Serge Wilmes ist zum Scheitern verurteilt“

Missstände im Umweltministerium / „Die Umweltpolitik unter Serge Wilmes ist zum Scheitern verurteilt“
Umweltminister Serge Wilmes (CSV) wird Kompetenz für sein Amt abgesprochen Foto: Editpress/Julien Garroy

Das Tageblatt berichtete kürzlich über Missstände im Umweltministerium. Minister Serge Wilmes (CSV) gab sich betroffen. Jetzt meldet sich eine weitere Quelle mit neuen Anschuldigungen zu Wort.

„Alles, was in dem Artikel steht, stimmt“, sagt Alex*. Die Aussage bezieht sich auf die Konflikte im Umweltministerium, die Ende November für Schlagzeilen sorgten. Nach Tageblatt-Informationen hat sich das Arbeitsklima seit dem Regierungswechsel stark verschlechtert. Der Umgangston sei rau, der Druck auf die Angestellten hoch, die Hierarchien klar definiert und die Rekrutierungsprozeduren problematisch (siehe Kasten). Alex bestätigt das, teilt eigene Erfahrungen – und holt weiter aus.

Personalfragen

Alex sind besonders die Auswahlprozeduren im Gedächtnis geblieben, die andere Tageblatt-Quellen ebenfalls kritisieren. „Manchmal fanden die Vorstellungsgespräche statt, während wichtige Ansprechpersonen für den Posten im Urlaub oder im Homeoffice waren. Später erhielten diejenigen den Job, die den Vorgesetzten nahestanden“, erinnert sich Alex. Ähnliches geht sowohl aus einer Personalbefragung, die das Ministerium 2025 im Rahmen des Programms „Actions positives“ des Gleichstellungsministeriums durchführte, als auch aus weiteren Gesprächen zum Thema hervor.

Vorwürfe, mit denen das Tageblatt das Umweltministerium bereits konfrontiert hat. Die Pressestelle konterte, man halte sich bei den Einstellungsverfahren an die Regeln. Sie stritt weitere Anschuldigungen ab – auch die, dass die Personalabteilung die Beschwerden der Mitarbeitenden nicht ernst nehme. Alex hält dagegen: „Ich wurde von meiner Abteilungsleitung und vom Kabinett unter Druck gesetzt. Ich dokumentierte die Vorfälle und richtete mich mit einem Dossier an das Personalbüro. Statt mir zu helfen, wurde ich mit der Führungsperson konfrontiert. Die redete sich heraus. Es war unmöglich, mich zu wehren.“

Was daraus resultiert

Ein Austausch, der Kreise zog. Alex war desillusioniert und kündigte. Der Frust sitzt trotzdem tief. Bis heute. Die Erfahrungen im Umweltministerium lassen Alex nicht los. „Das Ministerium wurde nach dem Regierungswechsel umstrukturiert. Angestellte, die bis dahin Projekte leiteten, wurden plötzlich wie Luft behandelt“, sagt Alex. Beobachtungen, die auch andere Quellen mit dem Tageblatt teilten.

Eine Gruppe, die sich für das Wohlsein der Beschäftigten einsetzte, erhielt laut Alex derweil kaum Unterstützung. Das erinnert an eine weitere Information, die das Tageblatt im Zuge der Recherchen gesammelt hat – die Gründung einer Personaldelegation war angedacht, kam jedoch nie zustande. Alex kommentiert das auf Nachfrage: „Ich kann mir vorstellen, dass eine Personalvertretung in dem Ministerium unerwünscht ist.“

Es sei schwer auszumachen, ob es sich um ein strukturelles Problem handele. „Manche Abteilungen, darunter das Kabinett, haben viel Macht. Wenn die mit schlechtem Beispiel vorangehen – und das tun sie – ist ein positiver Wandel unmöglich“, so Alex. Thomas Schoos, Koordinator für allgemeine und internationale Angelegenheiten, wird genannt. Ein Mann, dem alle Gesprächspersonen des Tageblatt skeptisch gegenüberstehen. „Ich vertraue ihm nicht“, sagt auch Alex. „Er erniedrigt die Angestellten, manipuliert sie und steht offen zu seinem Opportunismus.“ Dabei repräsentiert Schoos das Umweltministerium gelegentlich in der Öffentlichkeit, wie kürzlich als „Invité vun der Redaktioun“ auf RTL zur Klimakonferenz COP30 in Brasilien.

Macht vor Klimakrise

Allgemein fehle es Kabinettsmitgliedern wie ihm an Überzeugung und Kompetenz, so Alex. Schoos und der Erste Regierungsberater Charles Hurt, ehemaliger CSJ-Präsident und Jurist, würden sich vor allem um den Karriereaufstieg bemühen, befänden sich in einem ständigen Machtkampf. Die Klima- und Umweltpolitik sei Nebensache. Eine Einstellung, die Premierminister Luc Friedens (CSV) Wunsch nach einer „Klimapolitik, die nicht nervt“ wohl entspricht.

Doch wie steht es um die Kompetenz des Ministers Serge Wilmes? „Der Minister ist in Klima- und Umweltpolitik nicht bewandert“, antwortet Alex. „Umso wichtiger wäre es, kompetente Berater*innen einzustellen.“ Dies sei mit Blick auf das Regierungskabinett – bis auf eine Ausnahme – jedoch nicht der Fall. Auf Nachfrage, ob der Minister fähig sei, eigenständig Falschinformationen zu erkennen, meint Alex: „Ich weiß es nicht.“

Das könnte unter anderem der Landwirtschaftsministerin Martine Hansen (CSV) in die Karten spielen. Während Alex dies nur vermutet, spricht eine andere Gesprächsperson des Tageblatt Klartext: Der Landwirtschaftssektor habe Vorrang, das Umweltministerium müsse mitziehen. Unabhängig davon, ob die Forderungen im Sinne der Klima- und Umweltpolitik seien.

Für Alex sind die Umstände im Umweltministerium jedenfalls fatal. Alex selbst trat den Job dort aus Überzeugung an, stellte eigene Projekte vor, brachte sich aktiv ein. Vergeblich. „Die Umweltpolitik unter Serge Wilmes ist zum Scheitern verurteilt“, schlussfolgert Alex. „Und das ist tragisch: Jeder Tag, an dem wir nichts gegen die Klimakrise unternehmen, ist folgenreich.“

* Name von der Redaktion geändert

Was bisher geschah:

Im Umweltministerium soll seit dem Regierungswechsel Unzufriedenheit unter Teilen der Belegschaft herrschen. Das geht aus Umfrageergebnissen und Recherchen des Tageblatt hervor. Die Kritikpunkte reichen von schlechtem Management, mangelnder Kommunikation, fragwürdigen Personalentscheidungen bis hin zu steigendem Arbeitsdruck und Fremdenfeindlichkeit.

Die Stimmung im Ministerium wurde in zwei internen Studien gemessen: 2024 ergab eine erste interne Befragung, dass rund 22 Prozent der Mitarbeitenden im Umweltministerium unzufrieden waren. Eine zweite Erhebung, die 2025 im Rahmen des Gleichstellungsprogramms „Actions positives“ stattfand, offenbarte eine Verbesserung: Nur noch 11 Prozent gaben an, im Job unzufrieden zu sein. An der Erhebung beteiligten sich auch die Beschäftigten des Umweltamts, der Naturverwaltung und des Wasserwirtschaftsamts. Das Tageblatt erhielt keine Einsicht in die Gesamtergebnisse. Die Zahlen basieren auf Aussagen der Pressestelle des Umweltministeriums und auf eigenen Nachforschungen.

Laut jener haben seit dem Regierungswechsel 13 Personen das Haus verlassen (eine davon ging in den Ruhestand), gleichzeitig wurden 31 neue Kräfte eingestellt. Die Belegschaft sei in den letzten zehn Jahren auf 106 Beschäftigte angewachsen, weswegen eine Umstrukturierung notwendig gewesen sei. Das Ministerium weist zudem alle Anschuldigungen zurück und hebt Maßnahmen wie regelmäßige Meetings, Info-Newsletter und Weiterbildungen hervor, um den Austausch zu verbessern.