10. Dezember 2025 - 11.58 Uhr
Akt.: 10. Dezember 2025 - 12.31 Uhr
ArmutsbekämpfungMédecins du Monde begrüßt den Vorstoß der Regierung, sieht aber mehrere Leerstellen
Mit nicht weniger als 106 Maßnahmen kam Familienminister Max Hahn (DP) am Montag um die Ecke, um die Armut in Luxemburg in die Schranken zu weisen. Sie bilden zusammen den „Plan d’action national pour la prévention et la lutte contre la pauvreté“, der die Armut im reichsten Land Europas erträglicher machen soll. Dieses Paradox hat Luxemburg bereits in Form einer Arte-Reportage in den Fokus internationaler Medien katapultiert. Die nationale Statistikbehörde Statec liefert die trockenen Zahlen dazu: Nahezu jedes vierte Kind in Luxemburg ist von Armut bedroht. Was taugt also Hahns Plan?
„Gar nicht mal so schlecht“, könnte man die Reaktion der Médecins du Monde zusammenfassen. Die NGO hat am Mittwoch eine erste Stellungnahme per Kommuniqué veröffentlicht und findet durchaus lobende Worte: „Wir begrüßen ausdrücklich, dass unsere Empfehlung zur universellen Krankenversicherungsdeckung (CUSS) im nationalen Armutsbekämpfungsplan aufgegriffen wird.“ Diese Krankenversicherung, die insbesondere Menschen ohne festen Wohnsitz die Bezahlung von Arztrechnungen ermöglicht, war bereits im Koalitionsabkommen der Bettel-Regierung von 2018 vorgesehen. Romain Schneider und Paulette Lenert (LSAP) stellten das Gesetzesprojekt im Oktober 2021 vor. Aktuell bieten in Luxemburg neben den Médcins du Monde vier weitere Hilfsorganisationen die Übernahme dieser Arztrechnungen an, zukünftig soll das Gesundheitsministerium die Rechnungen begleichen.
Médecins du Monde begrüßt auch, dass der Plan die Einführung und Ausweitung des Systems des „Paiement immédiat direct“ (PID) sowie des „Tiers Payant social“ für Kosten im Zusammenhang mit Psychotherapie fördern will. Die Organisation erwartet eine rasche Generalisierung dieses Instruments, damit Menschen in finanziell schwieriger Lage Zugang zu Behandlungen erhalten. Viele von Médecins du Monde betreute Personen haben dringenden Bedarf nach psychotherapeutischer Behandlung, da Armut, Wohnungslosigkeit und mangelnde Perspektiven eine große mentale Belastung darstellen.
Blinde Flecken
Die Probleme, die Médecins du Monde im Plan sieht, decken sich im Wesentlichen mit der Analyse des Tageblatt. Insbesondere der fehlende Bezug auf bezahlbares Wohnen als strukturelle Ursache der Armut in Luxemburg ist der Organisation ein Dorn im Auge. „Wir bedauern, dass der Plan das Recht auf Wohnen nicht als gesetzliches Recht verankert und zentrale Maßnahmen gegen Obdachlosigkeit auf einen späteren, noch unkonkretisierten Spezialplan verschiebt.“ Die Formulierungen zur sogenannten Referenzadresse blieben zu vage. Ohne eine verlässliche Adresse ist in Luxemburg der Zugang zu zahlreichen Rechten massiv erschwert. „Wir fordern eine rasche Überarbeitung des Gesetzes zur Referenzadresse, damit Menschen ohne festen Wohnsitz ihre Rechte tatsächlich wahrnehmen können“, schreibt Médecins du Monde.
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Médecins du Monde ist eine der NGOs in Luxemburg, die sich für gesellschaftlichen Zusammenhalt und eine lebenswerte Zukunft einsetzen. Viele weitere Organisationen, die unermüdlich an einer besseren Welt arbeiten, teilen ihre Motivation und ihre Ideen in Zusammenarbeit mit uns bei Tageblatt Futur(s). Der wöchentliche Newsletter soll Ihnen helfen, sich im Chaos der Welt zu orientieren. So landet der Tageblatt Futur(s) direkt in Ihrem Postfach: Newsletter abonnieren
Eine weitere Leerstelle verortet die NGO im Bereich der Arbeitsvermittlung: „Völlig fehlt eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Zugang zur Arbeit für besonders fragile Bevölkerungsgruppen – einem Schlüsselfaktor für Selbstwertgefühl und allgemeines Wohlbefinden.“ Gerade ohne Wohnsitz ist es nahezu unmöglich, in Luxemburg eine Arbeit zu finden, aber auch für Asylbewerber ist der Weg zu einer geregelten Arbeit oft versperrt. Dabei ist es gerade die Arbeit, die es Menschen ermöglicht, sich aus ihrer Misere zu befreien und für sich selbst zu sorgen. Vielleicht eine Aufgabe, der sich der neue Arbeitsminister Marc Spautz (CSV) annehmen könnte. (hat)
De Maart
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