Montag1. Dezember 2025

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„Hier bin ich nicht komisch“ Auf der Comic Con Luxembourg sind nicht die Stars die Hauptattraktion – sondern die Besucher selbst

„Hier bin ich nicht komisch“  / Auf der Comic Con Luxembourg sind nicht die Stars die Hauptattraktion – sondern die Besucher selbst
„Star Wars“ stand zweifelsohne im Mittelpunkt der Comic Con Fotos: Carole Theisen

Zwei Tage lang wurde die Comic Con Luxembourg zum Treffpunkt einer Szene, die weniger Stars feiert als sich selbst. Was bleibt, ist ein Blick auf eine Community, die Kreativität lebt – und ihren Preis dafür zahlt.

„Es geht nicht darum, Stars zu sehen. Es geht darum, man selbst zu sein – zusammen mit anderen.“ Jenny, 40, aus dem Saarland, bringt auf den Punkt, was viele Besucher der Comic Con Luxembourg am vergangenen Wochenende empfinden. Zwei Tage lang füllten sich die Hallen der Luxexpo mit Cosplayern, Sammlern, Familien und Fans, die weniger wegen der großen Namen, sondern wegen der Atmosphäre und der Gemeinschaft hier waren.

Offiziell war alles da, was Popkultur verspricht: Panels, Wrestling-Shows, Movie-Quiz, Cosplay-Wettbewerbe, ja sogar ein japanischer Mini-Supermarkt – und Stars aus Produktionen wie „Harry Potter“, „Stranger Things“, „Star Wars“ oder „Fluch der Karibik“.​

Von VR-Erlebnissen über Karaoke bis hin zu Vintage Toys – die Comic Con bot ein breites Spektrum. Gaming war allgegenwärtig, ob Retro-Klassiker oder ESports. In der „Artist Alley“ präsentierten internationale und lokale Künstler ihre Arbeiten. Der „Geek Market“ lockte mit Sammlerstücken, Funko Pops und T-Shirts. Doch viele stellten fest, dass die Preise hoch waren und für kleinere Budgets wenig zu finden war.

Cosplay als Herzstück

Cosplay bleibt eines der dominantesten Elemente der Veranstaltung. Jenny trat als Aurora aus „League of Legends“ (LoL) auf. „Ich bin in einer Tanzgruppe und wir haben beschlossen, wir wollen alle LoL-Charaktere sein“, erzählte sie. „Das Design hat mir total gut gefallen, und der Charakter passt einfach.“

An ihrem Kostüm hat sie „mehrere Monate“ gearbeitet. „Die Ohren, der Schwanz, Elemente an den Beinen – selbstgemacht“, sagte sie. Die Convention in Luxemburg erlebte sie zum ersten Mal: „Ich finde es cool, weil es nicht zu groß ist. Es gibt viele Community-Elemente, und den Cosplay Walk fand ich spannend.“​

Teodora Isac, 19, und Kenza Dos Santos Gomes, 18, waren ebenfalls aus Deutschland angereist und cosplayen regelmäßig zusammen. „Wir lieben Videospiele, Comics, Anime – deswegen sind wir hier“, sagte Kenza. Ihre Perücke für Niffty hat sie in zwei Tagen gestylt, geschnitten, mit Haarspray in Form gebracht. Freundin Teodora hat allein für das Make-up zwei Stunden eingeplant.

Worauf sie sich am meisten freuen? „Einfach mit unseren Freunden hier zu sein und Zeit zu verbringen mit Leuten, die Anime und Comics so feiern wie wir. Hier ist ein Ort, wo alle gleich sind.“ Ein Bonus für Kenza: „Ich freue mich, wenn Leute ein Bild mit mir machen wollen. Das gibt mir Selbstvertrauen.“

Dem stimmte auch der 17-jährige Oliver Engellau zu. Er beeindruckte als Golden Freddy aus „Five Nights at Freddy’s“. „Das Kostüm besteht aus Schaum- und Frotteestoff, mit der Nähmaschine und einem Tacker aneinandergefügt. Alles selbst gemacht – zusammen mit meiner Mutter.“ Sein Vater Gunnar ergänzte: „Meine Zwillingsjungs haben beide einen milden Grad von Autismus. Ihr ganzes Leben lang waren sie nie wie die anderen Kinder oder Teenager. Und das hier ist einer der wenigen Orte, an dem alle gleich sind.“

Familien und Gemeinschaft

Auch die Furry-Szene war vertreten. „Furries sind Menschen, die sich gerne als Tiere verkleiden oder vermenschlichte Tiere darstellen – so wie man sie aus Cartoons kennt“, erklärte Fiona Ludovicy (18). Ihre Kostüme fertigt sie komplett selbst, vom Fell bis hin zur beweglichen Maske, die aus einer Schaumstoffform, Fell und aufgenähten Details besteht.

Ihre Freundin Océane Berkel (19) hat ihr „Ocecat“-Kostüm bereits seit zwei Jahren, die aktuelle Maske aber innerhalb einer Woche fertiggestellt, modelliert aus „Foam Clay“ und Karton, mit Ohren aus recyceltem Plastik und Zahnstocher. Warum der Aufwand? „Ich finde es einfach schön, dass wir als Erwachsene immer noch in andere Rollen schlüpfen können“, sagte Fiona. „So wie als Kind, wenn man Figuren aus einem Film nachspielt.“

Besonders wichtig sind ihr die Begegnungen: „Ich freue mich jedes Mal, Menschen zu treffen, die die gleichen Dinge mögen, die Kreativität in den Kostümen zu sehen, wie sie sich präsentieren. Ich glaube, ich habe hier noch nie eine schlechte Person getroffen.“

Zwischen den Erwachsenen in flauschig-düsteren Figuren waren auch viele Kinder unterwegs. Der 38-jährige Michael ist mit seinen Töchtern Maggie, Lizzie und Tessa gekommen: „Ich bin ein großer Comic-Fan und wollte meine Kinder ein wenig mit dieser Begeisterung anstecken.“ Die Drachen-Outfits entstanden zufällig: „Sie wollten sich unbedingt als gruselige Monster verkleiden, und dann haben wir diese Kostüme gefunden – jetzt laufen sie herum und erschrecken die Leute ein bisschen.“

Stars und Preise

Tatsächlich waren die Stargäste prominent: Jamie Campbell Bower, der „Stranger Things“-Bösewicht Vecna, sorgte besonders nach dem Start der neuen und letzten Staffel auf Netflix für lange Schlangen. Dazu kamen der Imperator Sheev Palpatine bzw. Darth Sidious aus „Star Wars“, Ian MacDiarmid, Jason Isaacs und Evanna Lynch aus „Harry Potter“, Temuera Morrison, Jack Gleeson, Matt Ryan, Kevin McNally, Manu Bennett und Costas Mandylor.

Doch die Begegnungen hatten ihren Preis. Fotos oder Autogramme kosteten zwischen 40 und über 100 Euro – zusätzlich zu den rund 30 Euro Eintritt pro Tag. Eine Besucherin berichtete: „Ich war mit meiner Tochter beim Fotoshooting mit Jamie Campbell Bower. 100 Euro pro Person, zwei Sekunden, rein, raus.“ Viele empfanden die Preise als überzogen.

Die Organisation wirkte robust, doch die Kommunikation hatte Lücken. Zwei Akkreditierungs- und Interviewanfragen des Tageblatt blieben unbeantwortet. Am Eingang hieß es lediglich: „Leider normal.“

Auffällig war, wie konstant ein Motiv in den Gesprächen auftauchte: Die wenigsten waren wegen eines bestimmten Schauspielers da. Die Chance auf ein kurzes Foto mit einem Star ist Bonus, nicht Kern.​ Comic Con Luxembourg ist damit mehr als ein Konsumtempel der Popkultur. Es ist ein temporärer Schutzraum, in dem Menschen, die sich sonst oft als Randgruppe erleben, zwei Tage lang Mainstream sind.