28. November 2025 - 14.44 Uhr
Akt.: 28. November 2025 - 15.26 Uhr
„Maison Felgen“Escher Traditionshaus sucht Nachfolge – Jean-Pierre Lucani bereitet seine Pension vor
Das Traditionsgeschäft „Maison Felgen“ ist seit über 35 Jahren eine feste Adresse für zukünftige Bräute in Esch. Einst wurde es vom 2005 verstorbenen Sänger und Moderator Camillo Felgen und seiner Frau geführt, die das Lokal bis heute besitzt. Vor zehn Jahren übernahm Jean-Pierre Lucani den Laden zur Miete, und damit die Verantwortung, den Namen „Felgen“ würdevoll weiterzuführen. Nun bereitet er seinen Ruhestand vor und sucht einen geeigneten Nachfolger. Sein Wunsch ist klar: „Die Person soll Klasse und Stil haben – und ehrlich sein.“ Tradition und zeitgemäße Weiterentwicklung sollen sich dabei nicht ausschließen, der Name „Maison Felgen“ soll bleiben.
Als Jean-Pierre Lucani im September 2015 die Tür des Brautmodenladens „Maison Felgen“ zum ersten Mal als neuer Betreiber öffnete, wusste er nicht, wie schnell sich sein Schritt auszahlen würde. „Ich habe morgens die Tür geöffnet und um drei Uhr nachmittags bereits mein erstes Brautkleid verkauft“, sagt er gegenüber dem Tageblatt. Seitdem prägte er ein Geschäft, das in Esch längst als Traditionsadresse gilt.
Als kleiner Junge sagte ich immer, dass ich einmal ein Geschäft mit vielen schönen Brautkleidern haben will
Das Projekt „Claire“ und die Leerstandssteuer
„Concept local d’activation pour la revitalisation commerciale d’Esch“, kurz: Claire, ist ein Projekt zum Leerstandsmanagement. Ziel ist es, dem Leerstand in Esch mittels Zwischennutzungen, Subventionen und administrativen Hilfestellungen entgegenzuwirken. Die Gemeinde gibt an, dass der Anteil leerstehender Geschäfte in der „Uelzechtstrooss“ von 25 auf 11,5 Prozent gefallen ist. Dies bedeutet, dass 15 von insgesamt 130 Handelsflächen aktuell nicht genutzt werden. Sechs von diesen 15 Handelsflächen stehen momentan auf dem Markt zum Angebot. Die Stadt Esch generiert seit Anfang April außerdem eine Leerstandssteuer – somit müssen Besitzer von Lokalen im Stadtzentrum, die zu lange leer stehen, eine Abgabe zahlen.
Der Laden, eine rund 200 Quadratmeter große Geschäftsfläche in der rue Xavier Brasseur, ist über das kommunale Projekt „Claire“ gelistet – mit einem angegebenen Mietpreis von 1.500 Euro. Lucani habe sich vor ein paar Monaten an die „Infofabrik“ in der Alzette-Straße gewandt, bislang sei allerdings noch kein geeigneter Kandidat dabei gewesen. Die Immobilie gehört weiterhin Frau Felgen, mit der er eine sehr enge Beziehung pflegt.
„Nähe ist unabdingbar“
Lucanis beruflicher Weg führte über Stationen in der Herrenkonfektion, Dekoration und Frisierkunst. Mode bedeutete für ihn immer schon mehr als Kleidung. Dass er eines Tages ein Brautmodengeschäft führen würde, war ein Kindheitstraum, der sich in der „Maison Felgen“ verwirklichte. „Als kleiner Junge sagte ich immer, dass ich einmal ein Geschäft mit vielen schönen Brautkleidern haben will“, erzählt Lucani.
„Maison Felgen“ arbeitet ausschließlich auf Terminbasis. Jede Kundin durchläuft Auswahl, Maßnehmen und mehrere Anproben. „Man sieht sich meist vier- bis fünfmal“, erklärt Lucani. Dieser Rhythmus schafft eine Beziehung, die über reine Beratung hinausgeht – und genau das mache das Geschäft aus: „Die Nähe zu den Kundinnen ist sehr wichtig und das wird auch geschätzt“, sagt er. Bräute kommen aus ganz Luxemburg, häufig auch aus der Grenzregion, manche sogar von weiter her. „Dieses Jahr haben wir ein Kleid bis nach Basel verkauft.“

Der Schwerpunkt liegt klar auf Brautkleidern und ausgesuchter Festmode für Mütter und Hochzeitsgäste – ein Segment, das laut Lucani im Land immer rarer wird. Preistransparenz zählt für ihn zur zeitgemäßen Betreuung, zumal viele junge Frauen mit klaren Budgets kommen. „Wir erwähnen auf all unseren Plattformen direkt unsere Preisspanne: bei uns bekommt man Kleider von 900 bis 4.000 Euro“, so der Modeverkäufer.
Die Pandemie traf das Geschäft vor fünf Jahren sehr hart. Bereits vor dem ersten Lockdown kündigten die beiden Angestellten und Lucani führte den Laden alleine weiter. Der Einschnitt war abrupt: „Zwei Jahre waren praktisch verloren, die Hochzeitsbranche kam zum Stillstand.“ Die „Maison Felgen“ überlebte die Krise und Lucani blieb der einzige Angestellte – etwas, was er rückblickend als sehr angenehm empfand. „Ich lege die Termine so fest, dass es mich am besten arrangiert und habe den kompletten Durchblick“, sagt er.

Klare Forderungen
Esch, sagt Lucani, habe sich stark verändert. „Früher war es eine schöne Stadt mit vielen Geschäften, heute nicht mehr so. Die Lokal-Kosten sind einfach zu hoch.“ Dass das Belval-Viertel mit seinen Shoppingzentren der Escher Innenstadt als Konkurrent begegnet, hält er für unwahr. Es sei eher ein strukturelles Problem des Handels im Wandel: „Es fehlt eine schickere, lokale Einkaufswelt in Esch“, so der gebürtige Hauptstädter.
Lucani ist seit rund eineinhalb Jahren offiziell pensioniert, führt den Laden aber weiter, bis er einen passenden Nachfolger findet. „Dieser kann den Schlüssel nehmen und sofort anfangen“, sagt er. Das Gebäude sei alt, aber gepflegt; größere Investitionen seien nicht nötig. Für die Nachfolge nennt er klare Kriterien: „Eine präsentable Person, gut gekleidet, frisiert – egal ob Frau oder Mann.“ Entscheidend sei jedoch die Bereitschaft, sich tief in das Metier einzuarbeiten. Lucani plant eine Einarbeitung von sechs bis neun Monaten – vom Einkauf über Materialien bis zur individuellen Beratung. Da es keine Laufkundschaft gibt, müsse jede Begegnung sitzen.
Lucani spricht offen über Lernmomente: „Wenn man einen Fehler macht, muss man dazu stehen.“ Für seine Pension plant er Reisen, seinen Hobbys nachgehen und Zeit mit seinem Lebensgefährten, der ihn seit gut 33 Jahren im Hintergrund unterstützt. Zumindest die Dame des Hauses, Miss Tish – ein rauhaariger Brüsseler Griffon, auch liebevoll „Direktorin des Hauses“ genannt, wird die beiden weiter auf Trab halten.
Einsehen können Interessierte das Objekt unter claire.esch.lu.

De Maart

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