26. November 2025 - 19.13 Uhr
Akt.: 26. November 2025 - 19.14 Uhr
Forum von Marc RuppertPolitische Kurzsichtigkeit darf nicht unsere Kinder auffressen
Ob es um die nachhaltige Finanzierung der Rentenkassen für die kommenden Jahrzehnte, die Umstellung auf Klimaneutralität oder die strategische Diversifizierung unserer Wirtschaft geht: All diese Fragen verlangen eine strategische Planung, die Jahrzehnte vorausblickt. Eine langfristige politische Planung, die aber aktuell auf ein System trifft, das dem Rhythmus der Wahlzyklen unterliegt und kurzfristige Erfolge über langfristige Notwendigkeiten stellt.
Natürlich kann man den regierenden Parteien eine Mitschuld dafür geben, wenn ihre Entscheidungen nicht weit genug reichen und der Mut fehlt, gleichermaßen nötige wie auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen. Doch ist es zu kurz gegriffen, die fehlende Weitsicht in politischen Entscheidungen alleine schwarzer, blauer, roter oder grüner Politik zuzuschreiben, es ist vielmehr das System, das den Mut der Politik auf lange Sicht ergrauen lässt. So werden wichtige und unpopuläre Weichenstellungen verschoben – auf Kosten unserer Kinder und Enkelkinder.
Schwächen der Demokratie sind keine Fatalität
Eine Fatalität? Nein. Demokratien sind anpassungsfähig, wenn es überzeugte Demokraten auch sind. Moderne Demokratien brauchen neue Impulse, gerade dann, wenn sich Schwächen offenbaren. Und dabei braucht man das Rad nicht immer neu zu erfinden. Oftmals reicht ein Blick in andere Länder, um sinnvolle Ideen aufzugreifen.
Der Vorschlag einer parlamentarischen Kommission für Zukunft und Resilienz („Commission pour l’avenir et la résilience“) wäre ein solches, ja überfälliges Upgrade. Die Idee basiert auf dem finnischen Zukunftsausschuss (Tulevaisuusvaliokunta), der seit 1993 erfolgreich beweist, dass strategisches Vorausschau-Denken systematisch im Herzen des Parlaments verankert werden kann.
Diese Kommission wäre kein beliebiger Debattierklub oder ein rein beratendes Gremium. Es wäre ein permanenter, parteiübergreifender Ausschuss im Parlament, also im Zentrum unserer Legislative.
Die Stärke und Legitimität dieser Kommission liegt in ihrer systematischen Macht. Sie würde die Regierung – idealerweise koordiniert durch das Büro des Premierministers – gesetzlich dazu verpflichten, zu Beginn jeder Legislaturperiode einen umfassenden „Bericht über die Zukunft Luxemburgs“ vorzulegen. Dies zwingt die Exekutive dazu, ihre eigene langfristige Strategie transparent darzulegen.
Das Allerwichtigste ist jedoch der Output der Kommission. Basierend auf Expertenanhörungen, Bürgerforen und einer breiten Debatte im Parlament, würde sie die offizielle Antwort der Kammer auf diesen Regierungsbericht formulieren. Diese Antwort würde in rechtsverbindliche Resolutionen münden. Das ist der entscheidende Hebel: Die Regierung wäre gesetzlich verpflichtet, diese konkreten und langfristig ausgerichteten Aufträge umzusetzen. Man könnte die Resolutionen nicht einfach im Sande verlaufen lassen. Dieser formalisierte Kreislauf von Bericht, verbindlicher parlamentarischer Antwort und regelmäßiger Berichtspflicht schafft eine institutionelle Kontinuität, die über alle Koalitionswechsel hinweg Bestand hat und so die Zukunftssicherung garantiert.
Schluss mit Informationslücke und Fragmentierung
In Luxemburg gibt es bereits wertvolle analytische Vorarbeit, etwa durch „Luxembourg Stratégie“ im Wirtschaftsministerium oder durch den „Conseil économique et social“ (CES). Doch deren Erkenntnisse versanden oft, weil sie nicht direkt mit legislativer Macht verknüpft sind. Die Zukunftskommission schließt diese strategische Lücke: Sie nimmt die Analysen dieser Institutionen sowie die Prognosen vom Statec auf, prüft sie politisch und wandelt sie in konkrete, zukunftsorientierte Handlungsanweisungen um. Anstatt in Konkurrenz zu treten, wertet die Kommission die Arbeit der bestehenden Akteure auf und gibt ihr ein mächtiges parlamentarisches Forum zur Umsetzung.
Zudem soll die Kommission als zentrales parlamentarisches Frühwarnsystem für die Technologiefolgenabschätzung fungieren. Ob Künstliche Intelligenz, Quantencomputing oder Biotechnologie: Die Kommission soll frühzeitig die gesellschaftlichen und ethischen Auswirkungen bewerten und so unsere Gesetzgebung proaktiv steuern, um nicht von der rasanten Entwicklung überrollt zu werden.
Kulturwandel für mehr Widerstandskraft
Die Schaffung dieser Kommission ist in erster Linie ein Zeichen für einen Kulturwandel. Sie zwingt alle Abgeordneten, Fraktionen und Fachausschüsse dazu, nicht nur bis zum nächsten Haushalt, sondern in langfristigen Szenarien zu denken. Das verleiht der Politik mehr Glaubwürdigkeit und Planbarkeit, was im Interesse von Arbeitnehmern wie Unternehmen gleichermaßen liegt.
Der Namenszusatz „Resilienz“ ist dabei Programm: Es geht darum, Luxemburg widerstandsfähiger gegen jede Art von Schock zu machen – sei es ein weiterer globaler Finanzschock, eine Klimakrise oder ein Konflikt. Die Kommission ist somit eine strategische Investition in die Anpassungsfähigkeit unseres Landes.
Wir schulden es der jungen Generation, die Zukunftssicherung Luxemburgs zur zentralen und verbindlichen Aufgabe unseres Parlaments zu machen.

De Maart
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