Mittwoch26. November 2025

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Editorial„Bleeche vun den Zänn“: Innerhalb der Ärzteschaft wächst der Widerstand gegen die AMMD

Editorial / „Bleeche vun den Zänn“: Innerhalb der Ärzteschaft wächst der Widerstand gegen die AMMD
Philippe Wilmes (l.) und Alain Schmit vor drei Jahren bei einer AMMD-Generalversammlung in Bartringen Foto: Editpress/Didier Sylvestre

AMMD-Präsident Chris Roller beschwichtigte am Montag bei RTL-Télé: Luxemburgs Ärzte bräuchten eine gute Konvention „fir eng gutt Basis-Versuergung, fir weiderhin och um solidaresche Modell festzehalen“. Um dann die automatische Konventionierung zu hinterfragen, die selektive zu verteidigen, Tarif-Autonomie zu fordern. Aber nur, um Patienten in Luxemburg schnelleren Zugang zu Methoden und Therapien zu ermöglichen, die über das hinausgehen, was die CNS als „utile et nécessaire“ anerkennt, oder wofür sie noch keine Tarife hat: „Laser-OP vun den Aen oder Bleeche vun den Zänn zum Beispill“, sagte Roller und warb für „privat Gesondheetsassurancen“. Wenn die Beiträge der gesetzlichen Krankenversicherung weiter steigen, stelle sich die Frage, ob es nicht besser wäre, der Patient würde dieses Geld in eine Privatversicherung investieren, meinte Roller.

Würden die reicheren Patienten das tun, weil nur sie es sich leisten können, würde die seit Jahren defizitäre Krankenkasse weiter an Einnahmen verlieren. Für die weitaus zahlreicheren weniger Reichen, die im dann nicht mehr ganz so solidarischen System verbleiben, würden die Beiträge noch weiter steigen.

Weil Ärzte längst einen Antrag an die Nomenklaturkommission stellen können, um neue Methoden und Therapien in die Liste der von der CNS rückerstatteten Leistungen aufzunehmen oder nicht rückerstattete Behandlungen nach Zustimmung des „Contrôle médical“ über andere Leistungen „de même importance“ abrechnen können, sind die Forderungen der AMMD eindeutig politisch. Sie zu äußern, steht dem „Syndicat médical“ zu. Zu behaupten, sie seien „am Interêt vum Patient“, ist jedoch Augenwischerei. Denn die AMMD vertritt nicht die Anliegen der Patienten, sondern seit über 120 Jahren die finanziellen Interessen liberaler Ärzte.

Und selbst von denen repräsentiert die AMMD nur einen Teil, wie sich in den vergangenen Wochen zeigte. Das „Collège médical“, die „Conseils médicaux“ der Krankenhäuser, der Krankenhausverband FHL und der „Cercle des médecins généralistes“ distanzierten sich teilweise oder ganz von den Forderungen der AMMD; Krankenhausärzte (angestellte und freiberuflich tätige) denken darüber nach, eine neue Vereinigung zu gründen, die der AMMD ihre nationale Repräsentativität streitig machen könnte, wie das Land am Freitag berichtete.

Den Widerstand gegen die AMMD innerhalb der Ärzteschaft verstärkt hat das Projekt „Findel Clinic“. Gegründet wurde es von Philippe Wilmes und Alain Schmit, die noch bis Januar der AMMD vorstanden. Es handle sich bei der „Findel Clinic“ nicht um ein „politisches Projekt“, sagte Wilmes dem Wort. Glaubhaft ist diese Behauptung nicht. Denn wenn der neue AMMD-Präsident fordert, dass an den Arztgesellschaften, die CSV-Gesundheitsministerin Martine Deprez gesetzlich ermöglichen will, auch Investoren beteiligt sein und Ärzte andere Ärzte beschäftigen dürfen sollen, wirkt die „Findel Clinic“ für seine Forderungen wie die perfekte Blaupause.

Politisch daran ist nicht nur, dass Philippe Wilmes Mitglied der CSV war und 2019 zur DP wechselte. Im weitesten Sinne sind es auch die Investoren: Der Bau- und Immobilienunternehmer Marc Giorgetti, der wenige Wochen vor den letzten Kammerwahlen mächtige DP- und CSV-Politiker wie Lydie Polfer, Luc Frieden und Philippes Bruder Serge Wilmes auf seiner Privatparty empfing. Alain Kinsch, der von der DP in den Staatsrat nominiert wurde und dort womöglich über das Gutachten zum Gesetzentwurf über Arztgesellschaften mitentscheiden wird. Marc Hoffmann, der 2011 als Cargolux-Präsident zurücktreten musste, nachdem der damalige CSV-Finanzminister Luc Frieden ein Drittel der Fluggesellschaft an Qatar Airways verkauft hatte (und vor Frieden Verwaltungsratspräsident der [Dexia-] BIL und -Mitglied bei Saint-Paul war). Es sind diese Verstrickungen aus Politik und Wirtschaft, die die unsolidarischen Forderungen der AMMD noch problematischer machen.