Dienstag18. November 2025

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EllergronnDer Escher Wald im Wandel: Zwischen Klimastress und Zukunftschancen

Ellergronn / Der Escher Wald im Wandel: Zwischen Klimastress und Zukunftschancen
Pol Zimmermann ist Förster in Esch – und setzt sich für die Entwicklung eines resilienten Waldes ein Foto: Editpress/Alain Rischard

Der Escher Wald kämpft mit Trockenheit, Schädlingen und Klimastress – und bietet trotzdem gute Chancen für eine widerstandsfähige Zukunft. Ein Blick hinter die Kulissen eines Ökosystems im Umbruch.

Der Wald rund um die Gemeinde Esch gehört zu den größten zusammenhängenden Waldflächen im Süden Luxemburgs. Rund 450 Hektar umfasst das Gebiet, geprägt von öffentlichen und kirchlichen Parzellen sowie Staats- und Gemeindewald. Ganze 85 Prozent der Fläche sind Teil eines Natura-2000-Gebiets – dem strengsten europäischen Naturschutzrahmen. Dazu gehören unter anderem das Naturschutzgebiet „Ellergronn“, der „Escher Gaalgebierg“ und neuerdings auch der „Bois du Clair-Chêne“.

Steckbrief: Pol Zimmermann

Alter: 37 Jahre
Lieblingsort: Der „Ellergronn“ – „Hier kann ich alles machen: Sport, Natur erleben, zur Ruhe kommen.“
Beziehung zum Wald: Als Kind liebte er die Wälder rund um seine Heimatstadt Rümelingen.
Beruflicher Weg: Erster Schnuppertag als Teenager bei Förster Daniel Sannipoli – „Mein Vater hat mich damals quasi gezwungen mitzugehen“, erzählt er lachend. Das war der Auslöser.
Ausbildung: Zwei Jahre bei der ANF. Er ist nun seit 2010 Förster, heute im „Ellergronn“ tätig.

Im Juni 2025 ist das Areal Ellergronn noch einmal deutlich gewachsen: von bisher 110 auf knapp 194 Hektar, was in etwa 270 Fußballfeldern entspricht. Ein Schritt, der auf EU-Vorgaben beruht, bei der täglichen Arbeit im Wald aber wenig ändert. „Wir arbeiten seit Jahren nach diesen Prinzipien“, sagt Pol Zimmermann, Förster der Natur- und Waldverwaltung (ANF), der für Esch zuständig ist.

Der Escher Wald ist nicht nur ein Naturraum, er ist ein komplexes System aus Habitatschutz, Erholungszone und wirtschaftlicher Ressource. „Meine Hauptaufgabe ist das Management des Waldes in all seinen Facetten“, erklärt der Förster. Dazu gehören der Erhalt ökologischer Nischen – von eingefallenen, ehemaligen Bergbau-Galerien über Trockenwiesen bis zu Quellzonen – ebenso wie die nachhaltige Holzwirtschaft. Das Holz wird nach Qualität sortiert: vom Stammholz für Möbel über Brennholz bis hin zu Hackschnitzeln für Heizsysteme. Wird ein Baum gefällt, hat das meist gute Gründe: Krankheit, Trockenstress oder Konkurrenz im dichten Bestand. „Wir prüfen immer: Liegengelassen? Nutzen? Oder als Totholz für die Biodiversität?“, so Zimmermann.

Wald unter Druck

Die Weiher im „Ellergronn“ sind durch eingefallene Galerien entstanden – und gehören zu Pol Zimmermanns Lieblingsplätzen
Die Weiher im „Ellergronn“ sind durch eingefallene Galerien entstanden – und gehören zu Pol Zimmermanns Lieblingsplätzen Foto: Editpress/Alain Rischard

Gesund sei der Escher Wald derzeit nicht. Die kalkreichen Böden des Minetts bringen zwar gute Nährstoffbedingungen, doch die Trockenheit der vergangenen Jahre und der Borkenkäfer haben vor allem die Fichte fast vollständig aus dem Gebiet verdrängt. „Nun müssen andere Arten übernehmen: Stieleiche, Winter- und Sommerlinde oder Esskastanie zeigen sich deutlich widerstandsfähiger“, erklärt Zimmermann. Gleichzeitig setzt die Naturverwaltung auf Naturverjüngung – dort, wo junge Bäume ohnehin wiederkommen, wird auf Pflanzungen verzichtet.

Die Buche, eigentlich der prägende Baum der luxemburgischen Wälder, kämpft: Krankheiten und Hitze setzen ihr zu. Trotzdem bleibt sie in Esch noch immer die häufigste Baumart. „Aber es steht nicht gut um die Rotbuche“, so der Förster. Die Kunst besteht darin, Baumarten zu finden, die mit dem Klimawandel klarkommen, ohne dabei die heimischen Bäume und Pflanzen zu verdrängen. Ganz im Geiste eines resilienten Waldes.

Der Erhalt der Artenvielfalt gehöre zu den zentralen Aufgaben der Naturverwaltung, so Zimmermann. Ein strukturreicher Wald – mit Übergangszonen, Totholz und Feuchtgebieten – schaffe Platz für spezielle Tier- und Pflanzenarten. Flächen für Fledermäuse, Trockenwiesen für Insekten, renaturierte Quellen für Molche und andere Amphibien: Jede Zone braucht eine eigene Pflege.

Auch die Besucherlenkung spielt laut dem Escher Förster eine große Rolle. Rund 30 Kilometer Wanderwege führen durch den Escher Wald; über 90.000 registrierte Passagen wurden 2025 gezählt, an Wochenenden im Sommer bis zu 750 Menschen pro Tag. „Manchmal wird ein Weg bewusst gesperrt, damit sich bestimmte Waldabschnitte erholen können“, sagt er.

An vielen Stellen kann man Totholz entdecken – es bietet einen wichtigen Lebensraum für viele Pflanzen- und Tierarten
An vielen Stellen kann man Totholz entdecken – es bietet einen wichtigen Lebensraum für viele Pflanzen- und Tierarten Foto: Editpress/Sandra Lutz

Ein weiterer Schwerpunkt sei die Umweltbildung. Schulen, „Maisons relais“, Universitäten oder ein „à la carte“-Angebot für Familien – rund 800 Gruppen pro Jahr nehmen an Aktivitäten im und über den Wald teil. Die Kinder lernen, Spuren zu lesen, Blätter zu bestimmen, Insekten zu beobachten oder Feuer zu machen. Fast nebenbei gehe es immer auch darum, Achtsamkeit zu schaffen: kein Müll im Wald und Respekt vor Lebensräumen.

Der Wald von morgen

Denn Abfall ist Zimmermann zufolge ein wachsendes Problem. Trotz regelmäßiger Touren zweimal pro Woche finde er immer wieder Müllsäcke aus Schrebergärten, Sperrmüll oder alte Möbel – neuerdings auch zunehmend Lachgasflaschen. „Deshalb entfernten wir in den letzten Jahren viele Mülleimer“, sagt der Förster. Die Idee dahinter: Wer keinen Abfallbehälter vor sich hat, nimmt seinen Müll eher mit nach Hause. „Studien aus der Schweiz und Japan haben dies ergeben. Und es bewährt sich auch hier!“

In den kommenden 10 bis 20 Jahren werde der Klimawandel bestimmen, wie sich der Escher Wald entwickelt. Sicher sei: Die Vielfalt des Bodens und der Landschaft bietet Chancen, widerstandsfähige Mischwälder aufzubauen. Für die Naturverwaltung gehe es darum, langfristig zu denken und Schritt für Schritt herauszufinden, welche Baumarten den Herausforderungen standhalten.

„Der Wald hier hat viel Potenzial. Es ist wie mit den vielen Dialekten hier im Land – es gibt so viele verschiedene Strukturen und somit diverse Möglichkeiten“, so Zimmermann.

Das Stammholz wird etwa verwendet, um Sitzbänke zu bauen
Das Stammholz wird etwa verwendet, um Sitzbänke zu bauen Foto: Editpress/Sandra Lutz