18. November 2025 - 6.46 Uhr
COP30Ringen und Taktieren: Zweite und entscheidende Woche der Weltklimakonferenz beginnt
Die Verhandlungsatmosphäre: Nachdem im Vorfeld der COP30 viel über die horrenden Zimmerpreise in Belém geklagt worden war, sorgten in der ersten Konferenzwoche kaputte Toiletten, Wasserlachen in den Gängen des Konferenzzentrums und kollektives Schwitzen wegen überlasteter Klimaanlagen für Gesprächsstoff. Der brasilianische COP-Präsident André Corrêa do Lago erntet von Delegierten und Beobachtern bislang trotzdem viel Lob. Der erfahrene Diplomat habe die Verhandlungen „ganz gut im Griff“, bilanziert Germanwatch-Vorstand Christoph Bals.
So gelang es Corrêa do Lago und seinem Team, die Weltklimakonferenz anders als in den vergangenen Jahren ohne einen Streit über die Agenda zu beginnen. Besonders strittige Themen wie Klimafinanzierung und Emissionsminderung kamen erst mal nicht auf die offizielle Tagesordnung.
Um die großen Anliegen der Teilnehmerländer dennoch zu berücksichtigen, leitete Corrêa do Lago umfassende Konsultationen dazu ein. Dadurch soll ein „Mutirão“ gelingen. Mit dieser Losung der COP30 ist ein gemeinsamer Kraftakt zur Bewältigung einer Herausforderung gemeint, in diesem Fall der Klimakrise.
Brasilien scheint als Vermittler prädestiniert: Das riesige wald- und zugleich ölreiche Schwellenland versteht die Nöte der Entwicklungsländer ebenso wie die Interessen der Industriestaaten und unterhält gute Beziehungen zum weltgrößten Treibhausgasemittenten China.
Die Knackpunkte: Brasiliens Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva sprach zu Beginn der Klimaverhandlungen von einer „COP der Wahrheit“. Zehn Jahre nach der Einigung auf das Pariser Klimaabkommen und der anschließenden langjährigen Aushandlung der Details soll nun die konkrete Umsetzung im Mittelpunkt stehen.
Nach Einschätzung des Oxfam-Klimaexperten Jan Kowalzig geht es in Belém aber „an vielen Stellen noch nicht voran“. Die großen Streitfragen sind wieder einmal die dringend notwendige Verringerung der Treibhausgas-Emissionen und die Finanzhilfen zur Unterstützung der Entwicklungsländer bei der Bekämpfung des Klimawandels und bei der Anpassung an die Erderwärmung.
Die neuen nationalen Klimaziele, die vor und während der COP30 beim UN-Klimasekretariat eingereicht wurden, reichen bei Weitem nicht aus, um die Erderwärmung wie vereinbart möglichst auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu begrenzen oder wenigstens das Überschießen über diese Grenze hinweg gering zu halten.
Gezerre um die Klimafinanzierung
Die unzureichenden internationalen Klimaschutzzusagen stehen zwar nicht auf der offiziellen Agenda der COP30, in der ersten Woche wurde aber deutlich, dass die Verhandler das Thema nicht ignorieren können. Insbesondere die Gruppe der kleinen Inselstaaten (Aosis) verlangt einen Beschluss für ein Gegensteuern, unterstützt wird sie dabei von südamerikanischen und europäischen Ländern.
Die Idee eines Fahrplans für die Abkehr von den klimaschädlichen fossilen Energien erhält bei der COP immer mehr Rückhalt. Auf der Bremse steht erwartungsgemäß eine Gruppe aus mehr als 20 ölreichen Staaten, Saudi-Arabien vorneweg. Aber auch Schwellenländer wie China wollen sich nicht in ihre Energiepolitik und damit in ihre wirtschaftliche Entwicklung hineinreden lassen.
Viel Gezerre gibt es auch beim Thema Klimafinanzierung. Die Entwicklungsländer dringen darauf, dass reichere Staaten nicht nur ihre Zusage von 300 Milliarden Dollar jährlich an Klimahilfen einhalten, sondern auch die anvisierte Mobilisierung von jährlich insgesamt 1,3 Billionen Dollar aus staatlichen und privaten Mitteln hinbekommen.
Die traditionellen Industriestaaten reagieren verhalten, nicht nur wegen Sparzwängen und weil die USA nach ihrem erneuten Ausscheren aus dem Pariser Klimaabkommen nicht mit im Boot sind. Ihnen ist es auch wichtig, dass wirtschaftsstarke Schwellenländer wie China und Saudi-Arabien bei den Maßnahmen gegen die Klimakrise in Entwicklungsländern auch endlich zur Kasse gebeten werden.
Eine konkrete Aufgabe der Verhandler in Belém ist, das sogenannte globale Anpassungsziel mit Leben zu füllen. Für Gelder für Anpassung an die Erderwärmung wurde eine lange Indikatorenliste entworfen, den Entwicklungsländern fehlt es aber an Unterstützungszusagen zur Umsetzung.
Protestaktionen von Indigenen
Eine weitere harte Nuss bei den Verhandlungen sind einseitige klimapolitische Handelsmaßnahmen, namentlich der Grenzausgleichsmechanismus CBAM der EU, eine Art CO2-Steuer auf Importe. Insbesondere China und Indien kritisieren diese als Protektionismus. Die EU wiederum will, dass ein anderes Thema bei den Verhandlungen in Belém berücksichtigt wird: strengere Transparenzregeln bei der Einreichung nationaler Klimadaten.
Mitmischen der Zivilgesellschaft: In den vergangenen drei Jahren waren die autoritär regierten Länder Ägypten, Vereinigte Arabische Emirate und Aserbaidschan COP-Ausrichter. Mit Brasilien ist nun eine große Demokratie Gastgeber.
Die Zivilgesellschaft verschaffte sich vergangene Woche unter anderem mit dem Peoples’ Summit Gehör. Am Samstag fand ein bunter Protestzug für den Klimaschutz mit zehntausenden Teilnehmern statt.
Für Aufsehen sorgten außerdem zwei Protestaktionen von Indigenen. Am Dienstag verschafften sich einige gewaltsam Zutritt zum Eingangsbereich der für die Klimaverhandlungen genutzten Blauen Zone. Dabei kam es zu Zusammenstößen mit Sicherheitskräften. Am Donnerstag blockierten Dutzende Indigene friedlich den Haupteingang und brachten dadurch COP-Präsident Corrêa do Lago dazu, sich ihre Sorgen wegen der Zerstörung des Amazonas-Regenwaldes anzuhören. (AFP)
De Maart
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