Donnerstag13. November 2025

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Luxemburg–DeutschlandDrei Fans der „Roten Löwen“ über die Gefühlslage vor dem letzten Heimspiel

Luxemburg–Deutschland / Drei Fans der „Roten Löwen“ über die Gefühlslage vor dem letzten Heimspiel
Steve Kerger, Dominique Gödert und Hubert Rickal erleben als Fans gute und schlechte Zeiten Fotos: privat/Collage: Sandra Hourscht

Wie hoch ist der Puls bei den Fans? Das Tageblatt hat sich im Vorfeld der Partie gegen Deutschland mit drei langjährigen Anhängern der „Roten Löwen“ unterhalten: Hubert Rickal, Steve Kerger und Dominique Gödert verbindet alle etwas Besonderes mit der Nationalauswahl. Und irgendwo, zwischen Ernüchterung und Hoffnung, gibt es ihn noch – diesen Traum von einer Sensation.

Deutschland oder Finnland, Hauptsache dabei

Selbst im Ausland trägt Hubert Rickal gerne den „Roten Löwen“ auf der Brust
Selbst im Ausland trägt Hubert Rickal gerne den „Roten Löwen“ auf der Brust Foto: privat

Hubert Rickal hat jede Facette eines Schlachtenbummlers erlebt. Mit elf Jahren saß er zum ersten Mal auf Betonblöcken im ehemaligen Stade municipal, als die „Roten Löwen“ 1972 gegen Italien spielten. Die Liebe war entfacht: Jahrelang reiste er der Nationalauswahl hinterher, entdeckte gleichzeitig eine Souvenir-Sammlerleidenschaft und gehörte zu denjenigen, die lautstark hinter der Mannschaft standen – bei Regen, Schnee und Sonnenschein. „Mit dem Alter nimmt dieser Fanatismus ab“, gab das Vorstandsmitglied des FC Avenir Beggen zu verstehen. „Du wirst irgendwann ruhiger. Statt mit der Stimme bist du dann mehr mit dem Herzen dabei. Ich merke, dass ich mich heute mehr auf das Spiel statt das Drumherum konzentrieren kann.“

Im Stade de Luxembourg hat er, wie viele seiner Freunde, für die laufende Kampagne Sitzplätze auf der Gegengeraden ausgewählt. Nachdem er die knappe Niederlage gegen Deutschland bereits 1990 im Stade Josy Barthel miterlebt hat, wird es für den eingefleischten Gladbach-Fan ein zweites Heimspiel gegen den ehemaligen Weltmeister. „Was das bei mir auslöst? Ehrlich gesagt nicht mehr oder weniger, als wenn der Gegner Finnland heißen würde. Jedes Länderspiel hat den gleichen Status, den gleichen Wert und den gleichen Ausgangspunkt bei 0:0. Mehr als drei Punkte stehen nicht auf dem Spiel. Mir geht es ja darum, unsere Jungs zu sehen. Das Einzige, was diesmal anders war: In Gladbach wurde ich öfters gefragt, wie man an Tickets kommen könnte.“ Warum es für den Rentner also keine Besonderheit ist, die Bundesliga-Profis auf Kockelscheuer zu sehen: „Vielleicht liegt es eben daran, dass man sie jede Woche sieht.“ Oder eben vor einem Monat in Sinsheim.

Rickal weiß, dass die Nationalelf eine schwere Phase durchlebt. „Mit dem Trainerwechsel gab es einen Schnitt. Das war zu erwarten.“ Doch hartgesottene Fans, die schon viele Jahre ohne Sieg miterlebt hatten, bringt die aktuelle Phase nicht so schnell aus der Fassung. „Es kann immer mal eine schlechte Kampagne dazwischenkommen. Wir wurden in den vergangenen zehn Jahren verwöhnt. Es wird wieder bergauf gehen.“ Völlig unabhängig von der WM-Qualifikation steht für ihn fest: „Ich nehme wieder ein Abo. Es wird nicht schwer werden, eine bessere Kampagne hinzulegen. Selbst wenn es bis in die Liga D gehen würde … Du unterstützt dein Team, egal in welcher Liga es spielt.“

Das ist wohl auch der Grund, warum Rickal in den vergangenen Tagen vom Coup gegen Deutschland träumen konnte: „Ich würde es vor allem genießen, wenn ich in Gladbach in der Kurve mit einem Grinsen erscheinen würde. Da müsste ich nicht mal etwas sagen …“

Hellwach sein in den ersten Minuten

Steve Kerger mit seiner Tochter im Stade de Luxembourg
Steve Kerger mit seiner Tochter im Stade de Luxembourg Foto: privat

⁠Steve Kerger kennt ein paar der aktuellen Nationalspieler schon, seit sie ihre ersten Schritte auf dem Fußballplatz gegangen sind und noch von der großen Karriere träumten. Der ehemalige Jugendtrainer hat dementsprechend auch eine besondere Beziehung zu dem einen oder anderen Spieler. „Ich würde mich nicht als extrem fanatisch beschreiben, sondern als ein Fan dieser Mannschaft: Ich bin stolz auf sie. Es ist auch eine Frage der Identität mit seinem Land.“

Dass die „Roten Löwen“ unter Jeff Strasser noch keine Punkte einfahren konnten, „liegt nicht an ihm. Gegen Nordirland wirkte es noch, als hätte es ein wenig Durcheinander auf der Trainerbank gegeben. Das hat sich gelegt. Gegen die Slowaken haben wir uns wieder nicht belohnt. Und ja, Deutschland auswärts … Da spielte dir der Platzverweis nicht in die Karten.“ Kerger sprach ein anderes Problem an: „Ich nehme Gerson Rodrigues nicht in Schutz, aber so ein Spielertyp fehlt uns. Jemand, der kopfballstark ist und diese Athletik mitbringt. Aiman Dardari ist technisch sehr stark, seine Dribblings top. Aber es fehlt einer in der Box, der dort für Wirbel sorgt.“ Das Comeback von Olivier Thill sei die richtige Entscheidung gewesen: „Er kann den Unterschied machen.“

Für Kerger wäre es allerdings ein „Wunder“ gewesen, hätte es mit Strassers neuen Ideen auf Anhieb perfekt geklappt. Das wäre nicht zu uerwarten gewesen: „Gegen die Slowaken hatten wir unseren alten Rhythmus gefunden – um dann in der 90. eine Backpfeife zu bekommen. Als Fan bist enttäuscht, aber hast gute Dinge gesehen. Wir dürfen nicht vergessen, wie verwöhnt wir in den vergangenen Jahren waren: sowohl bei den Ergebnissen als auch bei der Art und Weise, wie diese Mannschaft Fußball spielte. Es ist dem Team in den letzten Jahren vieles gelungen. Wir müssen zurück zu diesem Erfolg finden.“ Er fügte hinzu: „Ich bin nicht enttäuscht. Es sind Profifußballer: Die betreten alle den Platz, um zu gewinnen. Zu verlieren fällt ihnen noch viel schwerer als uns.“

Was Luxemburg am Freitag erwartet? „Wir müssen in den ersten Minuten höllisch aufpassen. Sie werden uns sofort hoch pressen und schnell spielen wollen. Wenn es so früh klingelt, ist das Spiel schon gelaufen. Doch so stark, wie dieses Team in der Vergangenheit war, ist es nicht mehr. Ein Punkt wäre schön …“

Froh, wenn es vorbei ist

Dominique Gödert vor dem Anpfiff in Georgien 
Dominique Gödert vor dem Anpfiff in Georgien  Foto: privat

Es war ein prägender Elfmeter: Als Dan Theis den Ball gegen England über das Gehäuse schoss, war Dominique Gödert zum ersten Mal auf den Tribünen eines Länderspiels der „Roten Löwen“. Seit diesem Tag ist der Deutsche treuer Fan der Luxemburger Nationalelf – was ihn schon quer durch Europa führte. „Bei diesen ‚großen’ Spielen wie gegen Deutschland oder zuletzt oft gegen Portugal bin ich offen gesagt immer froh, wenn sie vorbei sind. Als Fußballfan freut man sich zwar darüber, Spieler wie Wirtz oder aktuell Woltemade mal live zu sehen und natürlich hofft man auch immer auf die große Sensation, realistisch betrachtet sind diese Gegner aber nicht auf Augenhöhe und die Ergebnisse meistens recht deutlich.“ 

Die außergewöhnliche Stimmung in Sinsheim ist trotzdem positiv in Erinnerung geblieben: „Diese Auswärtsfahrt war ein Highlight, es gab tollen Support im Gästeblock. Die frühe Rote Karte gegen Dirk Carlson hat dann alle Hoffnungen auf einen Punkt zunichte gemacht. Ich bin gespannt, ob sich die gute Stimmung auch auf das Spiel am Freitag übertragen wird. Das hängt davon ab, wie lange es 0:0 steht, vielleicht sogar ein frühes Tor für die ‚Roten Löwen’ gelingt und ob das Stadion nicht in der Mehrzahl von Deutschland-Fans besetzt ist.“

Für Gödert steht auch fest, dass dem aktuellen Team „ein Knipser fehlt“. Er erklärte: „Aiman Dardari, Tomas Cruz oder Danel Sinani, den ich zwar insgesamt eher hinter den Spitzen sehe, treffen zu unregelmäßig.“ Bislang hat ihn auch der neue Trainer der Auswahl noch nicht wirklich überzeugt: „Spielerisch habe ich den Eindruck, dass die gesamte fußballerische Entwicklung von Holtz – von dem man sich berechtigterweise getrennt hat – über Bord geworfen wird. Man hat das Gefühl, wieder in alte Zeiten zurückversetzt zu sein, als einem Trainer bei einer 0:2-Niederlage auf die Schulter geklopft wurde. Vor zwei, drei Jahren waren wir viel näher dran, gegen die Nordiren und Slowaken zu punkten, als heute. Seit der Niederlage in Tiflis ist man in einen Negativstrudel geraten, der noch nicht gestoppt ist.“

Es besteht aber Hoffnung. Ende März führt ihn die Reise nach Malta. Die Flugtickets sind bereits gebucht. Die Erwartungen sind groß – aber nicht übertrieben: „Ich bin froh, wenn diese Kampagne vorbei ist und freue mich schon auf Malta. Hoffentlich werden diese beiden Partien zum ‚Turnaround’.“