Montag10. November 2025

Demaart De Maart

Ein Flug, zwei SonnenaufgängeSo sieht der Flieger aus, der künftig London und Sydney nonstop verbindet

Ein Flug, zwei Sonnenaufgänge / So sieht der Flieger aus, der künftig London und Sydney nonstop verbindet
Mit dem „Ultra Long Range“-Airbus eröffnen sich für Fernflüge noch einmal neue Horizonte Foto: Qantas Media

Das Rennen um den längsten Flug der Welt geht auf die Zielgerade: Airbus und die australische Fluggesellschaft Qantas enthüllen erstmals den A350-1000 ULR – das Flugzeug, das ab 2027 bis zu 22 Stunden ohne Zwischenstopp in der Luft bleiben kann.

Die Vision wird Realität: In Toulouse nimmt der Airbus Gestalt an, der ab 2027 die längsten Direktflüge der Welt ermöglichen soll. Qantas und Airbus haben nun erstmals Bilder des A350-1000 ULR (Ultra Long Range) veröffentlicht – und damit einen Blick auf die Zukunft des Langstreckenflugs gewährt.

Am Fertigungsstandort in Südfrankreich sind bereits alle wesentlichen Komponenten des Flugzeugs zusammengefügt: Rumpfabschnitte, Tragflächen, Leit- und Fahrwerk. Als Nächstes wird die Maschine in einen neuen Hangar überführt, wo Triebwerke und Flugtestinstrumente installiert werden. 2026 beginnt dann das umfangreiche Testflugprogramm.

Fast einen Tag nonstop in der Luft

Die speziell konfigurierten A350-1000 ULR werden erstmals Australiens Ostküste direkt mit London und New York verbinden – ganz ohne Zwischenstopp. Bis zu 22 Stunden werden die Passagiere in der Luft sein. Möglich machen das ein zusätzlicher 20.000-Liter-Treibstofftank im hinteren Mittelbereich sowie verbesserte Systeme. Die Direktverbindungen sparen im Vergleich zu heutigen Flügen mit Zwischenstopp bis zu vier Stunden Reisezeit ein.

„Angesichts der Position Australiens in der Welt hat Qantas eine lange Geschichte darin, Luftfahrtbarrieren zu durchbrechen“, sagte Vanessa Hudson, CEO der Qantas Group. „Project Sunrise“ – wie das Projekt bei Qantas getauft wurde – werde nicht nur die Tyrannei der Distanz überwinden, es werde die Art und Weise, wie Reisende die Welt erkunden, grundlegend verändern.

Eine Hommage an historische Flüge

Der Name „Project Sunrise“ ist eine Anspielung auf die legendären „Double Sunrise“-Langstreckenflüge der australischen Airline während des Zweiten Weltkrieges. Damals blieben die Maschinen so lange in der Luft, dass die Besatzung zwei Sonnenaufgänge erleben konnte.

Bereits 2018 hatte der damalige Qantas-Chef Alan Joyce das ehrgeizige Vorhaben angekündigt. „Qantas ist einzigartig, weil wir wahrscheinlich eine große Anzahl dieser Langstreckenflugzeuge rechtfertigen können“, sagte Joyce damals. Australien sei eben weit vom Rest der Welt entfernt. „Geschäftsreisende und auch Urlauber hätten lieber die Gewissheit, direkt an ihr Ziel zu gelangen, nicht unterbrechen zu müssen und keine Verbindungen zu verpassen.“ Im Jahr 2022 folgte dann der größte Auftrag in der über 100-jährigen Geschichte der Airline: Knapp 150 Airbus-Jets wurden eingekauft, darunter zwölf A350-1000-Ultralangstreckenjets für „Project Sunrise“. Joyce betonte damals, dass dank des A350 jede Stadt nur noch einen Flug von Australien entfernt sei.

Wissenschaftlich gestaltete Kabinen gegen Jetlag

Doch wie hält man 22 Stunden in einem Flugzeug aus? Qantas hat die Kabinen von Grund auf neu entwickelt – in Zusammenarbeit mit Luftfahrtspezialisten, dem australischen Industriedesigner David Caon und Experten des Charles Perkins Centre der Universität Sydney. Schlafwissenschaftler und -wissenschaftlerinnen haben an Lösungen gearbeitet, um Jetlag zu minimieren: durch maßgeschneidertes Lichtdesign und zeitlich abgestimmte Mahlzeitenservices.

Entscheidend ist auch der Platz. Während andere Betreiber des A350-1000 über 300 Sitze einbauen, wird Qantas nur 238 Sitze installieren. Zwischen Premium Economy und Economy-Kabine entsteht eine „Wellbeing-Zone“ mit Dehnungsgriffen, Trainingsprogrammen auf Bildschirmen und einer „Erfrischungsstation“ mit Getränken – zum Ausspannen während des langen Fluges. „Diese Flüge werden bis zu vier Stunden von der Reise einsparen“, betonte Hudson. Außerdem veränderten sie grundlegend, wie Menschen Ultralangstreckenreisen erleben – mit einem Fokus auf Komfort und Wohlbefinden.

          
           Foto: Qantas Media

Qantas als Vorreiter

Die australische Airline hatte sich bereits vor der Corona-Pandemie als Vorreiter in der Luftfahrtindustrie erwiesen. Im März 2018 startete Qantas einen ersten Versuch und flog ohne Zwischenstopp zwischen Perth in Westaustralien und London. Joyce, der an Bord des ersten Fluges war, nannte das Erlebnis damals „eine neue Ära des Reisens“. Er erinnerte daran, dass der erste Flug 1947 auf der sogenannten „Känguru-Route“ zwischen Australien und London noch sieben Zwischenstopps über vier Tage hinweg benötigt hatte. Die 17 Stunden langen Nonstop-Flüge zwischen London und Perth wurden gut angenommen und waren durchschnittlich zu 92 Prozent ausgebucht – bis die Pandemie das Angebot vorübergehend zunichtemachte.

 Auch in Sachen Nachhaltigkeit setzte Qantas Zeichen: Anfang 2018 flog die Fluggesellschaft zum ersten Mal mit Biotreibstoff von Los Angeles nach Melbourne. Im Tank war ein Senföl-Gemisch aus der Pflanze Brassica carinata, das auf den 15 Stunden in der Luft 18.000 Kilogramm an CO2-Emissionen einsparte.

Die erste von zwölf neuen A350-1000-ULR-Maschinen soll Ende 2026 ausgeliefert werden, bevor 2027 die ersten kommerziellen Project-Sunrise-Flüge starten.