Sonntag9. November 2025

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InterviewACEL droht mit Rückzug von der „Studentefoire“: „Das Ministerium nimmt uns nicht ernst – so kann es nicht weitergehen“

Interview / ACEL droht mit Rückzug von der „Studentefoire“: „Das Ministerium nimmt uns nicht ernst – so kann es nicht weitergehen“
Früher war die Studentenmesse in der Luxexpo, seit fünf Jahren ist sie auf Belval: „Damals gab es diesen Wow-Effekt, das hat Lust auf Zukunft gemacht – und das ist weg“, sagt ACEL-Vertreterin Sophie Mangen Foto: Editpress/Alain Rischard

Kritik am Konzept, Frust über Belval – und ein Ultimatum an die Ministerin. Die Enttäuschung, nicht gehört zu werden, dauert zu lange an. Nun droht die Studentenvereinigung ACEL ihren Rückzug von der jährlichen Studentenmesse an. Das wäre wohl das Ende der „Studentefoire“.

Sophie Mangen studiert in Köln Sonderpädagogik, steht kurz vor ihrem Master und ist Vizepräsidentin der „Association des cercles d‘étudiants luxembourgeois“ (ACEL). Beim Gespräch am Freitag in der Redaktion ist die junge Frau, die die Bedenken der ACEL vorträgt, vor allem eins: enttäuscht. Vom Hochschulministerium, von der Ministerin – und ein bisschen auch von Belval. Wobei der Standort und der Uni-Campus, das weiß auch die Studentin, dafür nichts können. Aber so ist das eben, wenn sich die Wut anstaut.

Seit 2021 findet die „Studentefoire“ in Belval statt. Die Studentinnen und Studenten würden die vielen Schülerinnen und Schüler aber lieber wieder in der Luxexpo beraten, wo die Messe zuvor traditionell stattfand. Dafür gebe es gute Gründe, sagt Sophie Mangen. Doch die ACEL-Vertreter würden vom Ministerium „belächelt und nicht ernst genommen“. Nun drohen sie, sich ganz aus der Organisation der „Studentefoire“ zurückzuziehen.

Tageblatt: Was ist so schlimm an Belval? Wir haben unsere Redaktion hier und finden es eigentlich ganz okay. Zudem ist die Universität hier. Ist es nicht sinnvoll, dann auch die Studentenmesse hier zu organisieren?

Sophie Mangen: Belval an sich ist nicht schlimm. Aber es ist der falsche Standort für die „Studentefoire“. Wir sind hier auf vier verschiedene Gebäude verteilt – in der Luxexpo war alles in einer Halle gebündelt. Belval ist sehr unübersichtlich, und das Ministerium schafft es immer noch nicht, die Veranstaltung auf dem Campus richtig auszuschildern. Obwohl wir als ACEL schon zigfach darauf hingewiesen haben, dass das problematisch ist. Zudem ist die Anfahrt für Schülerinnen und Schüler aus dem Norden und Osten schwierig: Sie brauchen mehr als 100 Minuten pro Strecke. Auch die Parkplatzsituation ist schlecht. Da der öffentliche Verkehr bis hierhin aus vielen Landesteilen fast schon eine Zumutung ist, kommt nahezu die Hälfte der Besucher mit dem Auto.

Schon wieder Belval: ACEL-Vizepräsidentin Sophie Mangen in der Tageblatt-Redaktion
Schon wieder Belval: ACEL-Vizepräsidentin Sophie Mangen in der Tageblatt-Redaktion Foto: Editpress/Armand Back

Die „Studentefoire“ ist sozusagen ein Kind der ACEL. Die Idee kommt von den Studentinnen und Studenten selbst, aber das Hochschulministerium finanziert die Messe. Haben Sie Ihre Bedenken nicht gleich geäußert, also noch vor dem Umzug aus der Luxexpo nach Belval?

Wir wurden nicht gefragt! Die ACEL war von Anfang an unzufrieden mit dem Standort Belval für die Studentenmesse. Ein Austausch wäre schön gewesen, aber der hat nicht stattgefunden. In der Luxexpo hatten wir, je nach Jahr, 230 bis 250 Stände. Inzwischen sind es rund 150 – also deutlich weniger. Aus Platzgründen, aber nicht nur.

Welche Gründe gibt es noch?

Einzelne Unis sind weggefallen, allgemein ist es etwas schwieriger geworden. Dafür kann das Ministerium nichts. Aber es ist verantwortlich für das neue Konzept, das es nach dem Umzug ersonnen hat. Die ganze Berufswelt fehlt inzwischen. Es wird argumentiert, das sei zu „kommerziell“ gewesen. Die vielen Unternehmen, die sich sonst den angehenden Studentinnen und Studenten vorgestellt haben, sind nicht mehr da. Auch die Banken, die zu Studiendarlehen beraten konnten, kommen nicht mehr. Die verschiedenen Ministerien fehlen ebenfalls. Auch das Benevolat nimmt weniger Raum ein als früher – was wir als ACEL sehr bedauern. Und dafür kann das Hochschulministerium etwas. Auf unsere Sorge hin, dass die Foire ohne den Teil zum Berufsleben an Attraktivität verlieren würde, hieß es nur: Wir gehen eine andere Schiene mit einem neuen Konzept. Ganz ehrlich, wir verstehen diese Herangehensweise bei der Foire nicht mehr!

Wir werden belächelt und nicht ernst genommen. Es ist ein Satz, der in Luxemburg zuletzt oft fiel, ich weiß, aber der Dialog ist einfach gebrochen – er ist nicht mehr da.

Sophie Mangen von der ACEL

Wie haben Sie als ACEL reagiert?

Wir haben das sofort infrage gestellt und klargemacht, dass das unserer Vision einer Gesellschaft, die zusammenwächst, nicht mehr entspricht – weil es nicht alle Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler abdeckt, sondern nur jene derer, die studieren wollen und schon recht konkret wissen, was und wo. Das Ministerium sieht sich und uns als Studentenvertreter. Wir aber wollen uns für alle jungen Menschen einsetzen. Eine gemeinsame Herangehensweise, die wir uns gewünscht hätten, war nicht vorgesehen.

Kommen weniger Schülerinnen und Schüler nach Belval, als früher in die Luxexpo gingen?

Das Ministerium nennt 6.000 Besucher als offizielle Zahl. Offenbar läuft das so, dass die Schulen melden, wie viele Schüler sie schicken beziehungsweise freistellen – und das ist dann die offizielle Besucherzahl. Vergangenes Jahr verteilten wir unseren „Guide du futur étudiant“ an den Eingängen an alle Besucherinnen und Besucher. Wir gaben 2.500 Exemplare aus – und das Ministerium meldet 6.000 Besucher. Das kann zweierlei bedeuten: Entweder funktioniert das Konzept mit der Aufteilung auf vier Gebäude nicht, und viele haben den Weg zu uns nicht gefunden – oder es kommen deutlich weniger Schülerinnen und Schüler, als sie meinen. Auffällig war dieses Jahr, dass nachmittags kaum noch Schülerinnen und Schüler da waren, vereinzelt mit den Eltern, teilweise kamen gar keine. Das liegt eben am neuen Konzept! Wer nicht studieren will, der kommt nicht mehr – auch weil Arbeitgeber wie die Armee, die Polizei oder der CGDIS nicht mehr vertreten sind. So, wie es jetzt ist, kann es nicht weitergehen. Damals gab es diesen Wow-Effekt, wenn man die Foire in der Luxexpo betrat. Das hat Lust auf Zukunft gemacht. Das ist weg.

Hat sich die Trennung des Bildungsministeriums in eines für Bildung, Kinder und Jugend mit Minister Claude Meisch (DP) und eines für Forschung und Hochschulwesen mit Ministerin Stéphanie Obertin (ebenfalls DP) auf das Konzept und damit auf die „Studentefoire“ ausgewirkt?

Das kann ich nicht sagen. Aber die Ministerin sagte immer, es gehe ihr nicht darum, mit der „Studentefoire“ den Uni-Standort Belval zu fördern. Im RTL-Interview vor wenigen Tagen sagt sie dann deutlich, dass es ihr genau darum geht. Aus unseren Umfragen unter allen Besucherinnen und Besuchern geht aber hervor, dass drei von vier nicht an der Uni.lu interessiert sind – und ebenfalls drei von vier schon auf Belval waren. Zudem organisiert die Uni.lu einen eigenen Tag der offenen Tür, der immer toll ist und sich viel besser eignet, um die Uni kennenzulernen, als unsere Messe.

Wie wichtig ist die „Studentefoire“ in Ihren Augen noch? Können sich die Schülerinnen und Schüler nicht einfach online informieren?

Äußerst wichtig! Freiwillige zu finden, ist nicht leichter geworden. Die „Cercles“ – also Studentenvereinigungen aus den verschiedenen Städten – sind zum Teil am Aussterben, es fehlt an engagierten Mitgliedern. Und die Foire ist einmal im Jahr der Ort, an dem man sich zeigen kann. Wir sind darauf angewiesen, weil wir die Community vergrößern wollen. Aber vor allem sind die Schülerinnen und Schüler darauf angewiesen. Dort bekommen sie alle Informationen, dort kommt alles zusammen. Erste Kontakte werden geknüpft. Nach einem Besuch der „Studentefoire“ geht man mit einem klareren Bild im Kopf nach Hause.

Wie geht es nun weiter?

Es gibt keinen Austausch mehr. Das Ministerium nimmt unsere Kritik nicht ernst, und wir fragen uns, ob sie uns überhaupt zuhören. Das ist die eine Sache. Die andere ist: Sie versuchen nicht einmal, den Standort Belval so zu gestalten, dass er den Anforderungen junger Menschen gerecht wird. Sie reagieren nicht auf unser Feedback. Wir haben dem Ministerium das bereits im Juli mitgeteilt. Wir hatten um ein letztes Gespräch gebeten, um einen Kompromiss zu finden, sonst würden wir an die Öffentlichkeit gehen. Nichts ist passiert. Das Ministerium ist nicht bereit für einen Dialog rund um die Foire, nicht bereit, einen Kompromiss zu suchen. Es ist ein Satz, der in Luxemburg zuletzt oft fiel, ich weiß, aber der Dialog ist einfach gebrochen – er ist nicht mehr da. Wir werden belächelt und nicht ernst genommen. Dabei ist der Wunsch nach einem Standortwechsel ein Auftrag der „Cercles“ an die ACEL. Das wurde bei unserer Generalversammlung einstimmig beschlossen. Die Foire kann so nicht weitergehen, und wir sollen uns als ACEL dafür einsetzen. Im Dezember werden wir eine Abstimmung durchführen – und entscheiden, ob wir überhaupt noch an der „Studentefoire“ teilnehmen.