7. November 2025 - 6.49 Uhr
Erneute Kritik aus GenfNach Rüge für Bettelverbot und Platzverweis: UN werden Luxemburg beobachten
„Nein, das ist nicht vorgesehen“ – so lautet die deutliche Antwort der Pressestelle der Stadt Luxemburg auf die Frage, ob das sogenannte Bettelverbot zurückgezogen wird. Seit fast zwei Jahren ist es in der Hauptstadt an bestimmten Orten und zu bestimmten Zeiten verboten, Vorbeigehende um Kleingeld zu bitten. Dieses Verbot sowie ein Gesetzesentwurf zum sogenannten „verschärften Platzverweis“ wurden bereits im Juli von zwei Sonderberichterstattern der Vereinten Nationen kritisiert. Sie richteten dazu ein Schreiben an die ständige Vertreterin für Luxemburg bei den Vereinten Nationen in Genf, wie das Tageblatt am Dienstag berichtete.
In ihrer Mitteilung fordern die Rechtswissenschaftler Balakrishnan Rajagopal und Olivier De Schutter das Streichen der Bestimmungen aus der kommunalen Polizeiverordnung der Stadt Luxemburg, die Geldstrafen und Haft für bettelnde Menschen erlauben. Für die Gemeinde ändert das Schreiben vom Juli allerdings nichts, wie deren Pressestelle auf Nachfrage mitteilt. Weiter will man sich bei der Stadt zu der scharfen Kritik aus Genf nicht äußern. Stattdessen heißt es lediglich: „Die Gemeinde Luxemburg schließt sich der Antwort der Regierung an.“
Unbeantwortete Fragen
Gemeint ist ein Mitte September versendetes Antwortschreiben aus Luxemburg an die UN, mit dem die Regierung auf die Aussagen der beiden Sonderberichterstatter reagiert hat. Bei den Vereinten Nationen begrüßt man zwar diese Rückmeldung der Luxemburg Regierung, aber dennoch betont Balakrishnan Rajagopal, UN-Sonderberichterstatter für angemessenes Wohnen, gegenüber dem Tageblatt: „Mehrere unserer Fragen wurden nicht beantwortet.“ So fehlen Angaben über ergriffene oder geplante Maßnahmen, um obdachlosen Menschen Wohnraum zur Verfügung zu stellen, sowie darüber, wie Betroffene in die Entwicklung von Strategien gegen Obdachlosigkeit einbezogen werden sollen. Auch Initiativen gegen die Stigmatisierung von Menschen ohne festes Dach über dem Kopf nennt die Luxemburger Regierung in ihrer Antwort nicht.

Rajagopal bemängelt außerdem, dass Luxemburg keine angeforderten Daten zur Obdachlosigkeit sowie zur Verfügbarkeit und Angemessenheit von Unterkünften geliefert hat. All diese Informationen hat die UN bei Luxemburg angefragt und sie wären laut dem Sonderberichterstatter wichtig gewesen, um die geplanten Änderungen im Strafgesetzbuch (mit Passagen zum Betteln) und den verstärkten Platzverweis im richtigen Kontext beurteilen zu können. Die Entwürfe sind, so Rajagopal gegenüber dem Tageblatt, „Teil einer Reihe von repressiven Maßnahmen in den letzten Jahren, die parallel zu einem Rückgang der sozialen Maßnahmen zum Schutz besonders schutzbedürftiger Personen verabschiedet wurden.“
Grundsätzlich begrüßt der Sonderberichterstatter die Idee, dass Betteln nicht mehr strafbar sein soll und nur noch „aggressive“ Formen sanktioniert werden. Aber, so der Jurist: „Ich bin jedoch weiterhin der Ansicht, dass der Begriff ‚aggressiv’ im Gesetz und in dessen Erläuterungen nicht klar genug definiert ist.“ Das könnte zu einer willkürlichen Anwendung des Gesetzes führen und dazu, dass Verhaltensweisen kriminalisiert werden, die nicht strafwürdig sind. Zudem bestehe die Gefahr einer gezielten Verfolgung besonders schutzbedürftiger Gruppen, warnt der Sonderberichterstatter.
Genaues Hinsehen
Die Kritik aus Genf sollte vor allem den Dialog mit der Regierung anstoßen. Aber, so Balakrishnan Rajagopal: „Wir beobachten weiterhin die Entwicklungen im Zusammenhang mit den in der Mitteilung angesprochenen Gesetzen und mit Maßnahmen, die eine Auswirkung auf das Leben von Obdachlosen in Luxemburg haben.“ Falls nötig, könnten die Sonderberichterstatter eine weitere Mitteilung an die Regierung verschicken oder ihre Bedenken per Pressemitteilung äußern. Zudem können sowohl die UN-Mitteilung als auch die Antwort aus Luxemburg laut Rajagopal von der Zivilgesellschaft genutzt werden, um die Regierung zur Rechenschaft zu ziehen. Die Antwort von Luxemburg wird übrigens auch im nächsten Kommunikationsbericht an den Menschenrechtsrat veröffentlicht.
Der Auslöser
Im Juli 2025 wandten sich zwei Sonderberichterstatter der United Nations (UN) an die ständige Vertreterin für Luxemburg bei den Vereinten Nationen in Genf und äußerten ihre Bedenken zu den Gesetzentwürfen Nr. 8418 (zu einer Änderung des Strafgesetzbuches mit Artikeln zum Betteln) und Nr. 8426 (verschärfter Platzverweis). Den Stein ins Rollen gebracht hat mehr als ein halbes Jahr zuvor die Vereinigung „Solidaritéit mat den Heescherten“. Der Präsident des Vereins und Politiker bei „déi Lénk“, Guy Foetz, bestätigt, das Büro des hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte in Genf im Dezember 2024 über beide Gesetzesentwürfe informiert zu haben. In einem 13 Seiten langen Dokument – abrufbar auf der Webseite des Vereins solidaresch.org – hat „Solidaritéit mat den Heescherten“ die politischen Entwicklungen rund um das Bettelverbot und den verstärkten Platzverweis zusammengefasst.
Beide Gesetzentwürfe – die Reform des Strafgesetzbuches mit Passagen zum Bettelverbot sowie der provisorische Text zum verstärkten Platzverweis – werden derzeit überarbeitet. Vom Ergebnis wird wahrscheinlich abhängen, ob sich die UN erneut zu Wort melden wird. Für Sonderberichterstatter Rajagopal steht fest: „Statt Menschen zu bestrafen, die zum Betteln gezwungen sind, sollte Luxemburg die Ursachen sozialer Probleme wie Betteln angehen – inklusive sozialer Unterstützung und Einkommensbeihilfen.“
De Maart

Wir brauchen keine Rüge von der UN. Alles ist gut so wie es ist!
Dann bleibt man eben zuhause und fährt "nur" in den Cactus.Aber mit dem Auto,sowieso wegen der Ladung. Keine Bettler und kein Bahnhofsviertel. Die Herren aus Genf können ja mal in der Bettlerstadt vorbeischauen.Bringt genug Kleingeld mit.