Im Fokus der schwarz-roten Koalition stand auch am Dienstag noch Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) und dessen Äußerungen zu Rückkehrern nach Syrien. Auch die Unionsfraktion kam wegen der Sitzungswoche des Bundestages zusammen, Wadephul ergriff dort dem Vernehmen nach das Wort, um sich mit Nachdruck zu verteidigen. Das war auch dringend nötig. Die Stimmung unter den Abgeordneten? „Durchwachsen. Aber an vielen Stellen“, meinte ein Unionsmann.
Der Minister hatte bei einem Besuch in Syrien am vergangenen Donnerstag angezweifelt, dass angesichts der massiven Zerstörung kurzfristig eine große Zahl syrischer Flüchtlinge freiwillig dorthin zurückkehren werde. „Hier können wirklich kaum Menschen richtig würdig leben“, sagte er. Nur: Die Linie der Union ist eine andere, zumal es relativ intakte Regionen in Syrien gibt. Die Union will, und das ist im Prinzip auch Koalitionslinie, dass nach dem Ende des Bürgerkriegs möglichst viele Syrer zurückkehren in ihr Heimatland, um es aufzubauen.
Zum einen, weil man im Bundestagswahlkampf eine Neuausrichtung der Migrationspolitik versprochen hatte. Zum anderen, um die Akzeptanz für die Aufnahme von Flüchtlingen generell aufrechtzuerhalten. In einem ersten Schritt, so am Dienstag die Spitze der Fraktion, sollen „Straftäter und Gefährder, die ihr Gastrecht hier missbraucht haben“, das Land verlassen. Dann auch „andere Syrer“. CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann präzisierte: In einem zweiten Schritt müsse es um die Rückführung von arbeitsfähigen Syrern gehen, die nicht arbeiten würden. „Mehr als 500.000 Syrer beziehen in Deutschland Bürgergeld“, rechnete Hoffmann vor.
Wadephul will nichts zurücknehmen
Dem Vernehmen nach verteidigte sich Wadephul vor der Fraktion. Niemand müsse dem Auswärtigen Amt erklären, dass straffällig gewordene Syrer abgeschoben werden müssten, soll er betont haben. Der Minister sagte nach Angaben von Teilnehmern, er stehe dazu, dass er nach einer „halbstündigen Fahrt durch eine apokalyptische Landschaft in der Mitte von Damaskus“ dann auch mal sage: „Hier kann man nicht menschenwürdig leben.“ Wörtlich ergänzte Wadephul: „Das kann man als Christdemokrat auch mal sagen. Deswegen bin ich kein Weichei. Deswegen bin ich nicht dagegen, dass Rückführungen durchgeführt werden.“ Aber er finde, „das ist auch ein Auftreten, das auch ein christdemokratischer Außenminister sich erlauben kann. Ich fand das angemessen. Ich möchte das auch nicht zurücknehmen.“
Wadephul betonte weiter: „Bitte, sowas muss auch möglich sein. Sowas muss auch eine CDU/CSU-Fraktion und sowas müssen wir auch sehen. Nicht umsonst hängt hier das Kreuz“, so Wadephul mit Blick auf das Kreuz im Fraktionssaal.
Die Kritik wurde von Unionisten gleichwohl auch breiter gefasst – hinter vorgehaltener Hand gerieten das Auswärtige Amt und das Kanzleramt ins Visier, die die Debatte zu lange hätten laufen lassen. „Die tagelange Diskussion hätte man sich ersparen können“, lautete die Kritik. Erst am Montag, vier Tage nach Wadephul, betonte Friedrich Merz bei einem Besuch im schleswig-holsteinischen Husum: „Der Bürgerkrieg in Syrien ist beendet. Es gibt jetzt keinerlei Gründe mehr für Asyl in Deutschland und deswegen können wir auch mit Rückführungen beginnen.“
Die Debatte ist noch nicht beendet
Doch ist der Außenminister nun politisch beschädigt, nachdem er öffentlich von einigen Parteifreunden harsch kritisiert worden war? Unionsfraktionschef Jens Spahn wehrte vor der Fraktionssitzung ab: „Entscheidend ist, wir haben eine gemeinsame Position in der Bundesregierung, in der Koaltion zu dieser Frage. Wir werden nach Afghanistan und Syrien abschieben.“ Im Zweifel helfe es allerdings gelegentlich, „dann schnell die Dinge auch nochmal klarzustellen und einzuordnen“. Vor den Abgeordneten warnte Spahn dem Vernehmen nach, dass die Koalition es Kritikern zu leicht mache. Schon eine Äußerung wie aktuell zu Syrien reiche „leider“ aus, gerade im Bereich der irregulären Migration die erfolgreiche Arbeit mit Streit zu überdecken. Unionsparlamentsgeschäftsführer Steffen Bilger (CDU) verteidigte gleichwohl Wadephul: Der Minister habe „einen der schwierigsten Jobs in der Bundesregierung und den macht er aber sehr gut“, so Bilger zum Tageblatt.
Auch der Kanzler meldete sich in der Fraktion zu Wort. Er dankte Wadephul demonstrativ, kein anderer Außenminister der Welt habe so viel Anerkennung für seine bisherige Arbeit bekommen. Aber der Bürgerkrieg in Syrien sei zu Ende, deshalb gebe es keinen Asylgrund mehr. Dafür gab es laut Teilnehmern Applaus.
Verwundert über die ganze Debatte zeigte sich die SPD. Fraktionschef Matthias Miersch sagte, die Regierung könne „nicht einfach die Stellungnahmen, die der Außenminister geäußert hat, so wegwischen“. Es gebe viele „bestens integrierte“ Syrerinnen und Syrer in Deutschland, deswegen müsse differenziert diskutiert werden. Beendet ist die Debatte somit noch nicht.
De Maart
Seit seinem Amtsantritt fällt Johann Wadephul auf, durch seine unaufgeregte, besonnene und sachliche Art und Weise über Themen zu kommunizieren, also er setzt durchaus positive Akzente. Ob er etwa besonders hervorsticht, durch den krassen Gegensatz zu seinem Chef, Bundeskanzler Friedrich Merz, welcher am laufenden Band deplatzierte Äusserungen, welche die gesamte Bandbreite von blöd über populistisch bis zutiefst rassistisch abdecken, oder seinem tiefbraunen CSU - Kabinettskollegen Alexander Dobrindt, welcher den Beweis seiner totalen Unfähigkeit bereits als Verkehrsminister erbracht hatte?
Fest steht, in der aktuellen Debatte zeigt Minister Wadephul als einziger führender CDU/CSU Politiker Menschlichkeit, wofür ihm Respekt und Dank gebührt. Was andere Politiker*innen der Union betrifft, so kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass diese die AFD - Rhetorik 1:1 übernommen haben, was eine klare Bedrohung der Demokratie darstellt.
Dass man über Rückführung schwerer Straftäter nachdenkt ist absolut nachvollziehbar und auch sinnvoll, diese Politiker*innen schmeissen derzeit jedoch alle Syrer*innen in einen Topf und schüren somit Hass gegen integre, schutzbedürftige Menschen . Dabei sollten alle Menschen dort leben können, wo sie möchten, selbstverständlich vorausgesetzt, sie halten sich an gültige Regeln und Gesetze.
Krönung des Ganzen: Unionsfraktionschef Jens Spahn - der "Masken-Jens" - spricht von "einer patriotischen Pflicht der Syrer*innen zu helfen das zerstörte Syrien wieder aufzubauen". Es war wohl auch Spahn`s patriotische Pflicht, den deutschen Steuerzahler im Rahmen der Masken-deals um viele Millionen Euro zu erleichtern, oder?