Yves Cruchten liefert den Satz des Tages schon in der zweiten Stunde der langen Parlamentssitzung an diesem Mittwochnachmittag: „Wir haben die Hose tief runtergelassen und die ganze Welt kennt unseren nackten Hintern.“ Was der LSAP-Politiker mit diesem sehr bildhaften Vergleich beschreibt, ist die Position der EU gegenüber Donald Trump im Handelsstreit um die US-Tarife. Die Einigung der beiden Parteien nennt Cruchten einen „Kniefall“ Europas vor Trump, es sei „kein Deal“ gewesen, sondern „ein Diktat“. Man müsse sich schämen, Europäer zu sein, so der Abgeordnete. Mit dieser Einigung habe Europa ein Zeichen der Schwäche in die ganze Welt gesendet – der „nackte Hintern“ eben.
Für den LSAP-Politiker steht dieses Nachgeben symptomatisch für die Handlungen der luxemburgischen Regierung und der EU-Spitze. Luxemburg sei einmal „Champion der Diplomatie“ gewesen, so Cruchten, wertegeleitet und mit klaren Linien. „Heute ist das nicht mehr so klar, Luxemburger Außenpolitik kriegt man nicht mehr zu fassen.“ Es fehle an Mut und Initiative. „Wir haben eine Regierung, die sich gerne hinter anderen versteckt“, sagt Cruchten, „so funktioniert Verantwortung nicht.“ Ein Beispiel, das der LSAP-Politiker heranzieht, ist die Anerkennung eines palästinensischen Staates. Da sei man gerade so „auf den letzten Zug“ aufgesprungen. „Luxemburg war früher ein Motor, heute sind wir ein Passagier“, so der LSAP-Abgeordnete.
Trump – Freund oder Faschist?
Cruchten ist bei weitem nicht der einzige Redner an diesem Tag, der eine starke Haltung in der luxemburgischen Außenpolitik vermisst. Auch die Grünen-Abgeordnete Sam Tanson fragt sich, was Chefdiplomat Bettel mit seiner Rede eigentlich mitteilen wollte. „Wir wissen, dass Sie viel und gerne unterwegs sind“, sagt Tanson an den Außenminister gerichtet, doch wisse sie nicht, welche Werte die Außenpolitik eigentlich vertrete. Die Grünen-Politikerin fürchtet, dass Menschenrechte in den Hintergrund rücken, wo wirtschaftliche Interessen ins Spiel kommen. Als Beispiele nennt sie das Mercosur-Abkommen und das Lieferkettengesetz. „Wettbewerbsfähigkeit darf kein Argument für klima- und menschenrechtsschädliche Politik sein“, sagt Tanson. Auch die Grünen-Abgeordnete vermisst das Rückgrat in der luxemburgischen und europäischen Weltpolitik. Sie zitiert eine aktuelle Studie, nach der sich Europa in den Trump’schen Kulturkrieg hineinziehen ließe, indem Regierungen Positionen übernehmen, die früher nicht mit europäischen Werten vereinbar waren. Tanson beendet ihre Rede mit einem Appell an Außenminister Bettel – für eine mutigere, kohärentere und konsequentere Politik.
Auch der Piraten-Abgeordnete Sven Clement wünscht sich ein handlungsstärkeres Europa mit mehr Initiative – vor allem in Bezug auf einen möglichen Frieden in der Ukraine: „Wir unterstützen, aber wir handeln nicht. Wo ist der europäische Plan?“ Europa müsse selbst Frieden garantieren – auch mit wirtschaftlichem Druck. David Wagner („déi Lénk“) geht an diesem Nachmittag am weitesten in Sachen USA-Kritik. „Wer Antifaschisten bekämpft, ist selber Faschist“, so der Linken-Abgeordnete, der eine „ideologische Konvergenz“ zwischen Putin und Trump sieht. Wagner kritisiert die Leichtfertigkeit, mit der Bettel über die zukünftige Zusammenarbeit mit den USA spricht, es sei eben nicht mehr „business as usual“. Auf der gegenüberliegenden Seite des Spektrums steht ADR-Fraktionschef Fred Keup. Er bezeichnet „die Amerikaner“ als „unsere Partner und Freunde“. „Herr Trump ist keiner, der auf Krieg aus ist“, sagt Keup über den US-Präsidenten, der das US-Verteidigungsministerium in Kriegsministerium umbenannt hat. Der ADR-Politiker hat nach eigener Aussage auch keine Angst vor Krieg in Europa, er zweifelt an den hohen Verteidigungsausgaben und an der militärischen Abschreckung. „Vor wem?“, fragt sich Keup. „Russland wird uns nicht angreifen, weil es keinen Sinn macht.“
Wir haben eine Regierung, die sich gerne hinter anderen versteckt
Zwei Reden zuvor hat der DP-Politiker Gusty Graas eindringlich von seinem jüngsten Besuch vor einem Monat in der ukrainischen Hauptstadt Kiew berichtet, bei dem er Zeuge eines massiven nächtlichen russischen Angriffs wurde. „Wer noch immer militärische Hilfe für die Ukraine infrage stellt, der ist extrem naiv“, sagt Graas. Putin teste Europa, ihm sei auf keinen Fall mehr zu trauen. Der DP-Abgeordnete erinnert in diesem Kontext an die gescheiterte Appeasement-Politik europäischer Mächte vor dem Zweiten Weltkrieg im Umgang mit Hitler-Deutschland. Graas ist nicht der Einzige, der an diesem Tag Erinnerungen an die NS-Zeit bemüht. Laurent Zeimet (CSV) vergleicht vier Jahre Ukrainekrieg mit den vier Jahren deutscher Besatzung in Luxemburg. Mit Russland „verhandeln“ bedeute in diesem Kontext vor Russland „auf die Knie gehen“, und „Frieden“ bedeute „Kollaboration“. Wer heute bereit sei, Teile der Ukraine abzugeben, so Zeimet, der gebe morgen Teile der Union auf und übermorgen Teile des Großherzogtums.
China-Kritik aus den Reihen der CSV
Als Abgeordneter der Regierungspartei CSV setzt Zeimet an diesem Nachmittag einen Kontrapunkt zur China-Position von Außenminister Bettel. „Wir sollten China gegenüber nicht naiv sein“, so Zeimet, das Land sei kein vertrauenswürdiger Partner. Das chinesische Regime kaufe sich überall auf der Welt ein und schaffe Vasallenstaaten, so der CSV-Politiker. Die Maxime „Wandel durch Handel“ sei gescheitert, stattdessen müsse man sich wehren gegen die „ökonomische Drangsalierung“. Zeimet ruft die EU auf, ihre strategische Position gegenüber China zu überdenken. „Ja zum Dialog, aber mit Prinzipien“, sagt der CSV-Politiker.
Der Außenminister verteidigt seine Haltung am späten Abend noch einmal. Er habe eine „nuanciertere Position“ als Zeimet in dieser Sache, sagt Bettel. Er wolle pragmatisch und vorsichtig vorgehen, um China nicht „in Russlands Hände“ zu treiben, dabei aber dennoch eine „gesunde Distanz“ wahren. Die Vorwürfe der Opposition bezüglich der Planlosigkeit seiner Außenpolitik lässt der Minister an sich abprallen. „Der Kompass ist da“, sagt er schlicht – und verweist darauf, dass er nicht jede Unterredung mit der Öffentlichkeit und den Abgeordneten der Chamber teile. „Eine erfolgreiche Diplomatie ist die, über die man nicht spricht“, so Bettel.
Relative Einstimmigkeit herrscht an diesem Tag im Parlament über die Frage nach der Einstimmigkeit in der EU. Der Piraten-Politiker Clement nennt das Einstimmigkeitsprinzip ein „Relikt aus einer vergangenen Zeit“. Ein Land, das alles blockieren könne, das sei keine Demokratie, sondern Erpressung, so Clement. Auch der LSAP-Politiker Cruchten fordert ein Ende der Einstimmigkeit und der DP-Abgeordnete Graas fragt sich selbst: „Einstimmigkeit in allen Belangen? Ich denke nicht.“ CSV-Mann Zeimet sieht Benelux als „Motor und Modell europäischer Integration“, auch um mehr Gewicht gegenüber Berlin und Paris in die Waagschale werfen zu können. Von Zeimet gibt es an diesem Nachmittag kritische Worte in Richtung Frankreich. Man könne sich nicht mehr auf eine Person verlassen, die den Rückhalt im eigenen Land verloren habe. Gusty Graas antwortet seinem Parlamentskollegen wenig später in seiner Rede: „Ich bin nach wie vor der Meinung, dass Macron ein guter Präsident ist“ – und erntet damit das lauteste Gelächter an diesem Tag.

De Maart

H. Horst/
Wow !
Keup geht ignoranterweise davon aus, dass Putin ein rationaler Akteur sei. Dem ist nicht so. Jemand der wie Keup den Anspruch erhebt Politiker zu sein, müsste dies eigentlich erkennen. Leute wie Keup lavieren zwischen dem Status des Ignoranten oder dem des nützlichen Idioten. Beides ist untragbar. Auch ist es mit dem Keupschen Ideal des Patriotismus unvereinbar.
wann Een dat esou liëst, wat do Alles op d'Tapéit koum, chapeau..
ma dat wor awer ee schéint Theater-Stëck..
mir wëlle jo gouër nët Krich maachen!
ma ët ass awer einfach, da maacht och Keen..
wéi vill Souën stiëche mir an d'Ukräin fiir Waffe géingt Russland..
ass dat nët Krich géingt Russland gemaach.. also brauche mër ons nët zë wonneren, wa mër och mol Dronen iwwert onse Käpp gesin..
an da reege mër ons iwwert dee béisë Russ op..
ee gudden Artikel JD
Was kann man denn anderes erwarten von unserem Bling Bling Aussenminister, der mit seinem Hund nur Gassi gehen tut...? Unser CEO führt die Show sowieso, er ist nur eine Nebenfigur.
Der Rechtsstaat Luxemburg lebt seit 1933 mit zahlreichen tiefen Folgen einer tief runtergelassenen Hose. "True history" mit Gruselfaktor! MfG, Robert Hottua, Opfer von einigen dieser Folgen
Dummes geschwaetz von Zeimet
Welche teile des Grossherzogtums werden denn abgegeben?
Die Wormeldenger Koeppchen mit weinberg oder das luxusschloss Urspelt😀