28. Oktober 2025 - 6.49 Uhr
Akt.: 28. Oktober 2025 - 6.50 Uhr
GeesseknäppchenDer „LdE-Engagementspräis“ ehrt Schüler, die Lernen und Engagement verbinden
Im „Forum Geesseknäppchen“ wurden am Montagnachmittag acht Klassen von „Léieren duerch Engagement“ (LdE) ausgezeichnet, die in ihren Projekten gesellschaftliche Themen aufgegriffen und sich für andere eingesetzt haben. Unterstützt von der Fondation Losch würdigt der Preis alle zwei Jahre das, was oft außerhalb des Unterrichts passiert: Empathie, Verantwortung, Kreativität. Wer hier gewinnt, hat nicht nur Aufgaben gelöst, sondern Fragen gestellt – und manchmal Antworten gefunden, die kein Schulbuch liefern kann. Das Tageblatt hat sich mit den Teilnehmern unterhalten.
„Hatespeech“: Wenn Worte verletzen
Alles begann mit einem Schockmoment. Eigentlich sollte es bei einem der regelmäßig stattfindenden Schultalks um Diskriminierung und Respekt gehen – ein Thema, das die Jugendlichen interessiert und betrifft. Während der Veranstaltung konnten Zuschauer anonym Fragen oder Kommentare über eine Onlineplattform einreichen. Als die Nachrichten auf der Leinwand erschienen, wurde es plötzlich still im Saal. Zwischen harmlosen Kommentaren tauchten auch hasserfüllte, verletzende Botschaften auf – gegen Minderheiten, gegen Mitschüler.

Doch niemand lachte. „Es hat wehgetan, das zu lesen“, erzählt Gonçalo Ramos, 20. „Manche finden das wohl lustig, aber für andere war es einfach verletzend.“
Was als peinlicher Moment begann, wurde zum Ausgangspunkt eines außergewöhnlichen Projekts. Die Klasse 3GCM beschloss, den Vorfall nicht zu vergessen, sondern ihn zu verstehen – und etwas daraus zu machen. Gemeinsam mit dem „Musée national de la Résistance“ und der Gemeinde Düdelingen entwickelten sie die Expo „Hate Speech“: eine Ausstellung über Diskriminierung, digitale Gewalt und Zivilcourage.
Sie recherchierten juristische Hintergründe, sprachen mit Betroffenen, gestalteten Plakate aus Holz im Schulatelier und erklärten, welche Folgen Worte haben können. „Wir wollten zeigen, dass Sprache Verantwortung bedeutet“, sagt Gonçalo. „Und dass man nie allein ist.“ Die Schüler präsentieren, wie verletzend Sprache sein kann – und wie man ihr etwas entgegensetzt: Empathie, Aufklärung, Haltung.
Was als kleine Aktion begann, wurde eine Wanderausstellung, die mittlerweile in mehreren Schulen im ganzen Land gezeigt wird. „Wir hätten nie gedacht, dass das so groß wird“, sagt Gonçalo. „Wir wollten einfach etwas verändern. Wir haben das für uns gemacht – und am Ende für viele andere.“
„Léieren duerch Engagement“: Nähe statt Theorie
Manchmal beginnt Engagement mit einer einfachen Frage: Wie können wir helfen? Im Französischunterricht der Klasse 5C2 des Lycée Nic Biever wurde aus dieser Frage ein echtes Sozialprojekt. Die Jugendlichen wollten nicht nur über Solidarität reden, sondern sie leben. Also sammelten sie Hygieneartikel für den „Cent Buttek“, organisierten ein Charity-Yoga für Lehrkräfte, besuchten Senioren mit Alzheimer im Pflegeheim „An de Wisen“ und arbeiteten in den Werkstätten der Fondation Kräizbierg mit Menschen mit Behinderung.

„Wir haben gesehen, dass es nicht selbstverständlich ist, gesund und unabhängig zu sein“, sagt Wina Weber (15). Über 1.000 Euro Spenden kamen zusammen, die an die Fondation Alzheimer gespendet werden, doch der Wert der Begegnungen ist unbezahlbar.
Max Schroeder (16) erzählt von Momenten, die hängen bleiben: „Im Kräizbierg haben wir jemanden kennengelernt, der mit 18 einen Unfall hatte. Heute ist er über 40 und arbeitet dort. Das hat uns gezeigt, wie schnell sich ein Leben verändern kann – und wie viel Stärke Menschen entwickeln, wenn sie müssen.“
Für viele war das Projekt mehr als Unterricht: eine Begegnung mit der Realität, die Demut lehrt. „Wir haben gelernt, wie wichtig Respekt und Dankbarkeit sind“, sagt Martin De Pinho (16). „Und dass man mit kleinen Gesten viel bewegen kann.“
Den Preis widmete die Klasse jenen, mit denen sie Zeit verbracht hat. „Ohne sie“, sagt De Pinho, „wäre das nicht möglich gewesen.“
„Op de Spuere vu Lëtzebuerger Traditiounen“: Alte Wege, neue Stimmen
Die Schülerinnen der École privée Sainte-Anne in Ettelbrück machen sich auf Spurensuche. Ihr Projekt „Op de Spuere vu Lëtzebuerger Traditiounen“ führt sie zu einem Stück Identität, das fast verloren zu gehen droht: die Oktav, Luxemburgs berühmteste Pilgertradition.

Gemeinsam mit ihren Lehrern erarbeiten sie die Geschichte dieses immateriellen Kulturerbes, befragen ältere Menschen im Seniorenheim Pontalize und sammeln Geschichten, Erinnerungen und Anekdoten. Daraus entsteht ein Theaterstück, das sie im Altersheim und später in der Glaciskapelle aufführen.
„Viele erzählten uns, dass sie früher zu Fuß zur Oktav gegangen sind, oft stundenlang, in Gruppen, singend“, erzählt Leyla Ribeiro, 13. „Heute machen das nur noch wenige. Aber für sie war das wichtig – ein Symbol für Zusammenhalt.“
Neben den Gesprächen mit Senioren lernen die Schülerinnen, was es heißt, zuzuhören. „Sie haben sich geöffnet und so viel erzählt“, sagt Shivany Monteiro Teixeira, 14. „Man merkt, wie sehr es ihnen guttut, wenn man Interesse zeigt.“
Das Preisgeld wollen sie spenden – an ihre Partnerschule im ruandischen Kigali. „Wir sind stolz, dass wir helfen können“, sagt Leyla. „Das passt zu unserem Projekt: Geschichte weitergeben, aber auch Zukunft teilen.“
„Masterplang am Sand“: Kinder setzen sich für ihre Zukunft ein
Mitbestimmung kann schon in der Grundschule beginnen: In Oberanven nehmen rund 60 Schüler der École „Am Sand“ ihr Umfeld selbst in die Hand. Unter dem Titel „Masterplang am Sand“ entwickeln Kinder aus verschiedenen Jahrgangsstufen Ideen, wie ihre Schule besser werden könnte – und halten sie in kleinen Filmen fest.

„Wir wollten, dass alle mitreden dürfen, auch die Jüngeren“, erzählt Emmy Thompson (11). Gemeinsam mit ihren Mitschülern führt sie Interviews, sammelt Wünsche und lernt, wie man Geschichten in Bilder verwandelt. Medienpädagogen zeigen ihnen, wie man mit iPads filmt, schneidet und vertont.
Eines der Themen: der drohende Abriss einer beliebten Spielplatzfläche. Emmy und drei andere Kinder beschließen, das nicht einfach hinzunehmen. „Wir haben einen Film gemacht, um zu zeigen, wie wichtig die Spielplätze für die Kleinen sind. Kinder brauchen Bewegung und frische Luft – das steht sogar in Studien!“
Was als Nebenprojekt in der Mittagspause begann, wächst zu einer echten Schülerbewegung. „Wir hätten nie gedacht, dass daraus etwas so Großes wird“, sagt Emmy. „Aber jetzt wissen wir, dass man auch als Kind etwas verändern kann, wenn man sich traut.“
Der Film hat vielleicht nicht alle Baupläne gestoppt, aber er hat Aufmerksamkeit erregt. Und das ist manchmal der Anfang von Veränderung.
Die Gewinner des „LdE-Engagementspräis 2025“
Grundschule:
– École „Am Sand“ Oberanven mit dem Projekt „Masterplang am Sand“ – 60 Schüler aus den Zyklen 3.2, 4.1 und 4.2
– École „Villa Millermoaler“ mit dem Projekt „Erinnerung und Shoah“ – 31 Schüler aus dem Zyklus 4.1
Sekundarschule – Unterstufe:
– Lycée Nic Biever Dudelange (Klasse 5C2) mit dem Projekt „Léieren duerch Engagement“
– École privée Sainte-Anne Ettelbrück (Klasse 7G) mit dem Projekt „Op de Spuere vu Lëtzebuerger Traditiounen“
Sekundarschule – Oberstufe:
– Lycée Nic Biever Dudelange (Klasse 3GCM) mit dem Projekt „Expo Hate Speech“
– Lycée Nic Biever Dudelange (Klasse 2e) mit dem Projekt „Respect“
LdE-Entrepreneurship-Preis:
– Lycée classique de Diekirch (LCD) mit der Mini-Entreprise „Feel it“
– Lycée Aline Mayrisch (LAML) mit der Mini-Entreprise „Leftlovers“
De Maart




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