Mittwoch29. Oktober 2025

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Deutschland Stadtbild-Debatte belastet schwarz-rote Koalition

Deutschland  / Stadtbild-Debatte belastet schwarz-rote Koalition
Proteste vor dem CDU-Sitz, dem Konrad Adenauer Haus, in Berlin gegen die Aussagen von Kanzler Friedrich Merz zum „Stadtbild“ Foto: John MacDougall/AFP

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Nach seiner ersten „Stadtbild“-Äußerung hat Kanzler Merz erst nachgelegt und dann eine Konkretisierung nachgeschoben. Das reicht nicht aus, finden einige in der SPD. Sie wollen die Debatte weiten – und mahnen ein Spitzentreffen beim Kanzler an, was jedoch die Union provoziert.

In der anhaltenden Debatte über mehr Sicherheit im öffentlichen Raum fordern SPD-Abgeordnete ein Spitzentreffen im Kanzleramt. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Adis Ahmetovic, der mit neun weiteren Abgeordneten einen Acht-Punkte-Plan zur „Stadtbild“-Debatte verfasst hat, sagte der Bild-Zeitung: „Ich erwarte, dass der Kanzler Vertreter von Großstädten, kommunalen Verbänden und den Fraktionen zu einem Stadtbild-Gipfel an einen Tisch holt, wie beim Stahl- oder Automobil-Gipfel.“ Die Union sieht dafür keine Notwendigkeit.

Und so geht die Debatte in die nächste Runde, die Koalition ist zunehmend belastet. Denn die Union lehnte einen Gipfel umgehend ab.

„Der Bundeskanzler hat die Problemlage klar benannt, eine weitere Erörterung ist nicht nötig“, sagte Fraktionsgeschäftsführer Steffen Bilger der Bild. „Die breite Mehrheit der Bevölkerung sowie viele SPD-Ministerpräsidenten, Landräte und Bürgermeister teilen bereits ein sehr gutes Verständnis dessen, wovon der Bundeskanzler gesprochen hat“, betonte der CDU-Politiker. Die Union stehe aber für Gespräche mit der SPD über eine noch konsequentere Innenpolitik jederzeit bereit. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU), kritisierte in der Zeitung das Papier aus der SPD-Fraktion. Es rede an den Themen vorbei, die die Menschen tatsächlich beschäftigten.

Das sieht man in der SPD anders. Ahmetovic und die Mitunterzeichner hatten in ihrem Plan „für ein soziales, sicheres und solidarisches Stadtbild“ geschrieben: „Schwierigkeiten im Stadtbild haben vielfältige Ursachen: soziale Missstände, Wohnungsnot, Verwahrlosung öffentlicher Räume, fehlende soziale Infrastruktur und unzureichende Prävention.“ Wer die Debatte auf Asyl, Flucht und Migration verenge, verhindere Lösungen. Die Autoren schlugen vor, dass sich die Koalition bis Jahresende auf ein gemeinsames Verständnis des „Stadtbilds“ verständigt. „Ob im Koalitionsausschuss oder einer Arbeitsgruppe – es braucht jetzt Klarheit in dieser Debatte. Für alle Menschen in unseren Städten“, heißt es in dem Papier.

Ideen für Verbesserungen

Konkret listen die Autoren zahlreiche Maßnahmen zu acht Themenbereichen auf, die zu einem besseren Stadtbild beitragen sollen. So heißt es darin etwa: „Wir setzen auf Prävention statt Ausgrenzung: mehr aufsuchende Sozialarbeit, stationäre und mobile Beratungs- und Gesundheitsdienste, Antidiskriminierungsarbeit und Programme gegen rassistische Gewalt. Bessere Beleuchtung, Notrufsysteme und sichere Wegekonzepte schaffen Vertrauen.“ Zum Sicherheitsbegriff gehöre auch der Umgang mit Drogen- und Alkoholkonsum im öffentlichen Raum.

Weiter wollen die SPD-Abgeordneten soziale Vielfalt in den Innenstädten fördern. „Daher setzen wir auf aktive Bodenpolitik, Zweckentfremdungsverbote, kommunale Vorkaufsrechte und eine offensive Wohnraumförderung“, schreiben sie. Obdachlosigkeit sei Ausdruck sozialer Not, nicht individueller Schuld. Sie solle mit entsprechenden Maßnahmen bis 2030 überwunden werden. Zudem sollen Innenstädte einladender werden, nicht zuletzt durch mehr Parks und Anpassungen an Folgen des Klimawandels. Der stationäre Handel sei sozialer Treffpunkt und Versorgungsanker. „Wir wollen bessere Rahmenbedingungen für die lokale Wirtschaft schaffen“, heißt es im Papier. Darin wird kein Zusammenhang zwischen Problemen in Großstädten und Migration hergestellt.

Hingegen hatte in der vorvergangenen Woche Kanzler Merz auf aus seiner Sicht migrationsbedingte Probleme im „Stadtbild“ hingewiesen. Am Mittwoch konkretisierte er dann, Probleme würden diejenigen Migranten machen, die keinen dauerhaften Aufenthaltsstatus hätten, nicht arbeiteten und die sich auch nicht an die in Deutschland geltenden Regeln hielten.

Lebhafte Diskussion

Diese Äußerung führte zu einer lebhaften Diskussion, im Zuge derer ihm auch Rassismus unterstellt wurde. Es hatte zahlreiche Proteste gegen Merz gegeben. SPD-Fraktionsvize Wiebke Esdar nahm an einer Veranstaltung teil, was wiederum die Union kritisierte. Unterstützung erhielt Esdar nun von ihrem Fraktionskollegen Dirk Wiese. Esdar sei „Mit-Begründerin des schon lange bestehenden Bündnisses gegen Rechts in Bielefeld und hat darum, wie schon zuvor, an der Demo des Bündnisses teilgenommen“, betonte der Fraktionsmanager gegenüber dem Tageblatt.

Von der Bundesregierung kamen beschwichtigende Töne. „Der Kanzler ist in diesen Fragen, glaube ich, langmütiger, als ihm manchmal unterstellt wird“, sagte Vize-Regierungssprecher Steffen Meyer am Montag. Er betonte, dass die Forderung nach einem Gipfeltreffen nicht aus der gesamten SPD, sondern nur aus einem Teil von deren Bundestagsfraktion kam. Das sei „der normale parlamentarische Austausch“.

Angesichts der starken Polarisierung in der Debatte forderte Grünen-Parteichef Felix Banaszak einen „Schritt nach vorn“. Es sei wichtig, Dinge zur Kenntnis zu nehmen, die Menschen „als bedrohlich wahrnehmen“, sagte Banaszak am Montag in Berlin. Ebenso sei es aber wichtig, es ernst zu nehmen, wenn Menschen „sich zu recht verletzt und ausgegrenzt fühlen“. Einen Gipfel zu dem Thema sah er skeptisch.

JJ
28. Oktober 2025 - 11.03

Erinnern wir uns an den mutigen Anwalt der in Luxemburg Stadt gegen die Bettler und das resultierende Stadtbild wetterte.Es hätte ihm fast das Genick gebrochen. Aber so sind wir.Tolerant bis zum Abwinken solange wir nicht selbst betroffen sind. Mit vollem Magen lässt es sich gut über Hunger reden. Wo sind übrigens die Klimakleber und die Impfgegner? Verdammt lang her.