27. Oktober 2025 - 6.36 Uhr
Akt.: 27. Oktober 2025 - 10.18 Uhr
Eine SpurensucheWie viel russisches Gas fließt nach Luxemburg?
Zuletzt hatte US-Präsident Donald Trump den Europäern den Spiegel vorgehalten. Während Europa fordert, dass die USA die Ukraine stärker unterstützen soll, finanzieren die Europäer die russische Kriegsmaschinerie munter weiter. Mehr als drei Jahre nach dem Einmarsch russischer Panzerkolonnen in die Ukraine importiert Europa immer noch 19 Prozent des verbrauchten Erdgases aus dem kriegstreibenden Land – zuvor waren es 45 Prozent. Und die EU will sich auch weiterhin Zeit lassen: Letzte Woche sprach sich eine Mehrheit der EU-Länder für ein schrittweises Ende russischer Gaslieferungen bis Anfang 2028 aus – also dann fast sechs Jahre nach Kriegsbeginn.
Immer wieder erwähnt werden in diesem Zusammenhang Ungarn und die Slowakei – doch das ist nur ein Teil der Geschichte, wie Greenpeace Belgien vor zwei Wochen in einer Analyse erklärt hat. Während die meisten EU-Länder heute weniger Pipeline-Gas aus Russland kaufen, so ist jedoch der Anteil von LNG-Gas aus Russland seit 2021 deutlich gestiegen. „Bislang wurde Flüssigerdgas von den Sanktionspaketen ausgenommen, obwohl Kohle und Öl davon betroffen sind“, so Greenpeace. „Dies steht im Widerspruch zu der Zusage der EU, die Einfuhr russischer fossiler Brennstoffe zu beenden.“
Von 2022 bis Juni 2025 hätten die vier wichtigsten russischen LNG-Importländer Frankreich, Spanien, Belgien und die Niederlande zusammen sogar mehr (34,3 Milliarden Euro) für russisches LNG ausgegeben, als sie im gleichen Zeitraum an bilateraler Hilfe für die Ukraine bereitstellten, so die Rechnungen der Umweltorganisation.

Stellt sich die Frage, wie es eigentlich in Luxemburg aussieht: Woher kommt das Gas, das in Luxemburg verbraucht wird? Wie hoch ist der Anteil von russischem Gas? Wer bekommt das Geld, das die Verbraucher zum Heizen bezahlen?
Die Suche nach Antworten gestaltet sich schwierig: Bei der zuständigen Aufsichtsbehörde, dem „Institut luxembourgeois de régulation“ (ILR) heißt es: „Dazu haben wir keine Daten.“ Es gebe aber eine Tabelle beim statistischen Institut Statec.
Auch beim Wirtschaftsministerium, in der „Direction générale Energie“, verweist man auf die gleiche Tabelle und schreibt: „Et gëtt effektiv och haut nach russesche Gas an d’EU importéiert an do verbraucht. Fir Lëtzebuerg weist de Statec allerdéngs – am Géigesaz zu fréier – fir 2023 keng Undeeler vu russeschem Gas méi aus.“

Diese Antwort klingt, als würde in Luxemburg kein russisches Gas mehr verbraucht. Das ist aber schlicht falsch.
Die Statec-Tabelle zeigt zwar tatsächlich, dass die Importe von russischem Pipeline-Gas zwischen 2021 und 2023 von rund 20 auf null Prozent fielen. Gleichzeitig kamen 2023 (letzte verfügbare Zahlen) aber 27,3 Prozent des Luxemburger Gas-Mix als LNG aus Belgien, 14,5 Prozent LNG aus Frankreich und 36,5 Prozent aus den Niederlanden. Der tatsächliche Ursprung bleibt jedoch ungenannt – Belgien, das über keine eigenen Erdgasreserven verfügt, war es sicherlich nicht.
Eine Erklärung liefert der bereits erwähnte Bericht von Greenpeace Belgien: Von den Import-Ländern von russischem LNG, Frankreich, Spanien, Belgien und den Niederlanden aus wird das gelieferte LNG-Gas dann über das bestehende Pipelinesystem teilweise an andere EU-Länder weiterverteilt. Dabei verliert es sein „russisches“ Etikett und wird zu französischem, spanischem oder belgischem Gas, was es schwierig macht, nachzuvollziehen, wo das russische Gas tatsächlich landet, so die Umweltorganisation.
Wenn das Wirtschaftsministerium nun schreibt, es gebe keine Anteile von russischem Gas mehr in Luxemburg, dann handelt es sich bloß um „russisches Pipeline-Gas“.
Transparenz nur bei Enovos
Glücklicherweise gibt es bei Enovos/Encevo, wo der Staat Aktionär ist, mehr Transparenz und Ehrlichkeit. Das Unternehmen, das zu den zwei wichtigsten Gas-Importeuren des Landes zählt, erklärt, dass das von ihr gekaufte und nach Luxemburg gelieferte Gas aus mehreren Versorgungsquellen stammt: Zeebrügge (LNG), Niederlande (LNG + Norwegen) und Frankreich (LNG).
Da an diesen virtuellen Marktplätzen das Gas wie eine Ware an der Börse gehandelt wird, ohne dass die Herkunft eine Rolle spielt oder dokumentiert werden muss, greift Enovos auf Daten von ENTSOG zurück, dem europäischen Netzwerk der Gasnetzbetreiber, um dennoch den russischen Anteil im Luxemburger Gas-Mix zu bestimmen. Diese Organisation erfasst die Gasströme durch Europa und kann so nachverfolgen, welche Mengen aus welchen Quellen in das europäische Netz gelangen.
Kombiniert mit Analysen des LNG-Anteils – also des per Schiff angelieferten Flüssiggases, das ebenfalls aus verschiedenen Ursprungsländern stammen kann – ergibt sich ein Gesamtbild: Enovos schätzt, dass der Anteil von russischem Gas in dem von ihm vertriebenen Mix 2024 für 14 Prozent stand.
Spürbarer Rückgang 2025
In der Zeitspanne Oktober 2024 bis September 2025 sei der Rückgang des russischen Anteils in dem von ihr vertriebenem Gas-Mix weiter fortgeschritten, so die Berechnungen des Unternehmens. Sie schätzt ihn auf aktuell noch 5 Prozent. Mehr als die Hälfte des Gases (53 Prozent) hat Enovos in dieser Zeitspanne in Zeebrügge eingekauft, dem größten Einfuhrpunkt für russisches LNG in Europa.
Was nun die zweite große Gesellschaft angeht, die das Gas im Ausland einkauft, und nach Luxemburg importiert, so macht sich diese – Sudenergie – das Leben besonders leicht. Auf mehrere E-Mails und den Versuch, per Telefon die Frage zu stellen, gibt es von der Gesellschaft, die 14 Gemeinden gehört, einfach gar keine Antwort.
Versucht man nun, die verfügbaren Daten auf den gesamten Luxemburger Verbrauch hochzurechnen – genaue Rechnungen sind ohne Antworten von Sudenergie nicht möglich – dann kommt man zum Schluss, dass Luxemburg im Jahr 2024 für etwa 33 Millionen Euro Gas aus Russland gekauft hat. Das wäre etwas weniger als halb so viel, wie das Land in dem Jahr an Hilfen in die Ukraine geschickt hat.
Die Rechnung: Bei einem Gesamtverbrauch von 6.753 GWh im Jahr 2024 und geschätzten Großhandelspreisen (Dutch TTF Natural Gas Futures) von um die 35.000 Euro pro GWh ergibt sich ein Gesamtwert des importierten Gases von etwa 235 Millionen Euro. 14 Prozent davon – der geschätzte Anteil russischen Gases 2024 – entsprechen 33 Millionen Euro.
Von den 6.753 GWh Gas, die 2024 in Luxemburg verbraucht wurden, wurden 31,6 Prozent von den Haushalten zum Heizen genutzt, 65 Prozent von der Industrie und von Unternehmen und rund 3,5 Prozent zur Herstellung von Strom.

De Maart

Danke Merkel und Schröder,aber wir brauchen Putin's Gas nun eben und der nâchste Winter kommt bestimmt!
"so macht sich diese – Sudenergie – das Leben besonders leicht."
Tja diese Energie, durch die wurde ich zum Freund für Wärmepumpen. Hatten nach der "Invasion" meine Gasrechnung um 73 % erhöht. Jetzt warte ich auf Rückzahlung der Vorauszahlungen.
Um den Gaspreis niedrig zu halten und die Umwelt zu schonen ist Gas aus Ost Europa unbedingt erforderlich! .......
Falls wir Gas in Russland kaufen, müssen wir es auch bezahlen, anderes ist nicht möglich, was Russland mit dem Geld tut, ist nicht in unserem Ermessen...falls man andere Zulieferer findet, die preisgünstig sind, dann kann man ja bei denen Gas kaufen, aber das ist nicht immer möglich....und wir brauchen eben Gas für die Industrie und den privaten Bereich...