25. Oktober 2025 - 9.47 Uhr
RückführungenDie sanfte „Remigration“: Innenminister Léon Gloden stellt neues Konzept zur „freiwilligen Rückkehr“ vor
Offiziell kündigte Léon Gloden folgende Devise an: „Wenn es keine Möglichkeit gibt, sich legal im Land aufzuhalten, ist es unerlässlich, ehrlich und respektvoll mit den betroffenen Personen zu sprechen und ihre Rückkehr zu begleiten, indem man ihnen die Möglichkeit bietet, ihr Leben in ihrem Heimatland oder einem Drittland neu zu beginnen.“ Kurz formuliert heißt dies: „Wer die Bedingungen dafür erfüllt, darf hier bleiben“, so der Innenminister, „wer sie nicht erfüllt, muss wieder gehen.“ Wenn alles so einfach wäre – ist manch einer geneigt zu sagen, obwohl es Gloden nicht an klaren Worten mangelt. „Wir wollen nichts vorgaukeln“, so der CSV-Politiker. In der Tat erscheint das neue Konzept – das er gemeinsam mit Jean-Paul Reiter, dem Generaldirektor der Immigrationsbehörde, vorstellte – stichhaltig. „Eine proaktive Démarche im Respekt des Menschen“, wie es Gloden nennt. Die Regierung wolle künftig die freiwillige Rückkehr von Menschen fördern, deren Asylantrag endgültig abgelehnt wurde, die keine Aufenthaltserlaubnis besitzen – sich damit „illegal“ im Land aufhalten –, oder für die, nach den sogenannten Dublin-III-Bestimmungen, ein anderes Land der Europäischen Union zuständig ist.
Auf zwei Schienen
„Wir fahren auf zwei Schienen“, sagte Gloden. Damit sei gemeint, dass den einen geholfen werde, sich hierzulande zu integrieren, und den anderen geholfen werde, wieder das Land zu verlassen. Die freiwillige Rückkehr gehöre zu einer „ehrlichen Immigrationspolitik“, wie er es mehrmals nannte, bzw. eine „humane und verantwortungsvolle“, wie sie im Jargon seines Ministeriums noch genannt wurde. Von der freiwilligen Rückkehr war zwar schon mehrfach die Rede, aber häufig standen Abschiebungen im öffentlichen Diskurs im Vordergrund. Nun solle es die freiwillige Rückkehr sein. Wer Böses dabei denkt, könnte ahnen, dass es sich um eine andere Variante von „Remigration“ handelt, einem Unwort aus der rechten Szene.
Gloden hat dafür eine andere Wortwahl: „Uns sind die Menschen wichtig“, sagte er am Freitag. Neu an dem neuen Konzept sei, dass jeder Antragsteller auf Asyl bereits über eine Möglichkeit der freiwilligen Rückkehr in sein Herkunfts- oder ein Drittland informiert wurde, bevor überhaupt eine Entscheidung über seinen Antrag gefällt wurde. Letzterer und das Verfahren zur freiwilligen Rückkehr würden von zwei verschiedenen Beamten der Einwanderungsbehörde bearbeitet, einer davon ist ein „Conseiller au retour“ (Rückkehrberater). Der Minister erklärte das damit, dass es besonders wichtig sei, dass „Vertrauen zwischen dem Antragsteller und den Beamten besteht“. Trotzdem: Willkommenskultur sieht anders aus, sie ist in Europa im Jahr 2025 definitiv passé.
Wenn es keine Möglichkeit gibt, sich legal im Land aufzuhalten, ist es unerlässlich, ehrlich und respektvoll mit den betroffenen Personen zu sprechen und ihre Rückkehr zu begleiten, indem man ihnen die Möglichkeit bietet, ihr Leben in ihrem Heimatland oder einem Drittland neu zu beginnen
Was aber besonders auffällt: dass zwischen der Sprache und der Sache ein gewisser Unterschied besteht. Die betont softe Wortwahl passt nicht wirklich zu der Tatsache, dass jemand wieder aus dem Land geworfen wird, wenn er nicht erwünscht ist. Letzteres geschieht in diesem Fall nicht auf die harte Tour, eine Unterbringung im sogenannten „Centre de rétention“ auf Findel mit einer anschließenden Aussicht auf Abschiebung ins Herkunfts- oder Drittland, ganz nach dem Monopoly-Motto: Begeben Sie sich direkt ins Gefängnis und ziehen Sie kein Geld ein!
Rückkehr-Monopoly
Bei einer freiwilligen Rückkehr heißt es eher: Gehen Sie nicht ins Gefängnis – denn ein Gefängnis ist die noch relativ neue „Maison retour“ nach Glodens Worten definitiv nicht – und ziehen Sie zwischen 3.900 Euro und mehr als 6.000 Euro ein. Die Hilfen seien erhöht worden, so die Regierung. Denn so hoch ist die Abfindung für die Rückkehrer, je nachdem, ob es sich um Singles, Paare oder ganze Familien handelt. Geholfen wird nicht nur vom luxemburgischen Staat, sondern von der Internationalen Organisation für Migration (IOM) und dem Europäischen Reintegrationsprogramm. Übrigens müssen abgelehnte Asylbewerber die Strukturen des „Office national de l’accueil“ (ONA) innerhalb von 30 Tagen verlassen.
Gloden betrachtet die freiwillige Rückkehr als „Form der Kooperation“. Den Menschen sollen in ihren Ländern Perspektiven geboten werden, sagte er, etwa durch Ausbildungen und Berufsberatungen. In der „Maison retour“ – einmal mehr betont: kein Gefängnis –, provisorisch in Halle 6 der LuxExpo, könne sich jeder Bewohner frei bewegen und die Einrichtung verlassen. Der Aufenthalt solle so kurz wie möglich sein, etwa 43 Tage und maximal sechs Monate, die Kapazität liege bei 175 Personen, erklärte Jean-Paul Reiter. Es bleibe zwar eine Halle, aber es würden Renovierungsarbeiten vor allem in den Sanitäranlagen vorgenommen. Das Personal bestehe aus fünf spezialisierten Beamten. Psychosoziale Betreuung durch Fachkräfte der ONA werde angeboten. Sogar ein Raum, wo die Kinder für die Schule lernen können, stehe zur Verfügung.
Schöne neue Migrationswelt! Aber vor allem im Rahmen der Umsetzung des EU-Migrations- und Asylpakets.
Kritik an CCDH-Kritik
Nicht einverstanden zeigte sich Minister Gloden mit der Kritik von der Beratenden Menschenrechtskommission (CCDH). Diese hatte sich über die Lebensbedingungen besorgt gezeigt, die bei den Bewohnern Stress auslösen würde. Die Kritik wies Gloden zurück. Doch ob das Modell der „Maison retour“ nun Schule macht, ist noch ungewiss. Vorerst ist es zumindest eine weitere Struktur. Und das der freiwilligen Rückkehr generell? Im Jahr 2024 kehrten laut Ministerium 274 Personen freiwillig in ihre Länder zurück, bis zum Stichtag 30. September des laufenden Jahres waren es 200 in 45 Länder. In denselben Zeiträumen gab es 105 Zwangsrückführungen (Abschiebungen) in 27 verschiedene Herkunftsländer (2024), in diesem Jahr sind es bislang 83 in 25 Länder.
Zwar wird eine einheitliche Asyl- und Migrationspolitik der Europäischen Union angestrebt, oft sieht es jedoch aus wie ein Wetteifern darum, wer am meisten Einwanderer ausweist und in die Herkunftsländer zurückschickt. Und als würden sich die Regierungen damit vor dem Druck der Rechtspopulisten schützen wollen.
De Maart

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