Freitag24. Oktober 2025

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Neuer Trainer von US MondorfJérémy Deichelbohrer blickt über den Tellerrand und geht somit andere Wege

Neuer Trainer von US Mondorf / Jérémy Deichelbohrer blickt über den Tellerrand und geht somit andere Wege
Sieht niedergeschlagen aus, ist er aber nicht: Jérémy Deichelbohrer Foto: Editpress/Gerry Schmit

In der BGL Ligue gibt es eher selten Trainer, die über gar keine Erfahrung im luxemburgischen Fußball verfügen. Jérémy Deichelbohrer ist einer von ihnen. Der Franzose will bei der US Mondorf seine ganz eigene Philosophie durchsetzen. Dabei setzt er vor allem auf sehr viel Rigorosität und Intensität, aber auch auf Ausflüge auf die Rennbahn und in die Küche. 

Fußballer in der Küche ist eher ein seltenes Bild. Bei der US Mondorf gehören solche Aktivitäten, seit Jérémy Deichelbohrer Trainer dort ist, zur Normalität. Im September traten die Kicker des BGL-Ligisten zum Kochduell im italienischen Restaurant „Come à la maison“ an. Auch Paintball, Escape Games oder Karting gehören zum Teambuilding-Programm des 29-jährigen Franzosen. „Ich werde nicht alle meine Aktivitäten verraten, aber es geht mir dabei vor allem darum, dass die Spieler ihren Horizont erweitern. Im Fußball, aber auch in anderen Gesellschaften gibt es sehr viel Neid und Engstirnigkeit. Ich will, dass die Spieler die Welt ein bisschen anders sehen. Aber es geht mir natürlich auch darum, Zeit miteinander zu verbringen. Wenn man sich abseits des Platzes nicht mag, kann man auch nicht erfolgreich als Mannschaft sein“, sagt Deichelbohrer.

Der Franzose ist einer der wenigen Ex-Torhüter, die nach ihrer aktiven Karriere Cheftrainer geworden sind. Dieser Werdegang hat auch etwas mit Zusammenhalt zu tun. „Torhüter und Stürmer sind immer etwas individueller veranlagt, da sie nicht den Einfluss auf das Spiel haben wie ein Innenverteidiger oder ein zentraler Mittelfeldspieler. Mir war es aber noch immer wichtig, Teil einer Mannschaft zu sein. Das hat mich damals immer motiviert. Ich habe diesen Teamgeist gebraucht. Irgendwann wurde ich dann Kapitän und habe mich auch sehr stark für die taktische Seite des Fußballs interessiert.“

Nachdem er als Spieler vor allem in den verschiedenen französischen National-Ligen aktiv war, aber auch zwei Partien in der Ligue 2 bestritt, wurde er 2018 mit 32 Jahren Trainer. Zunächst in Thionville. Nach ein paar Zwischenstationen kehrte er in die Grenzregion zurück und führte Villerupt-Thil zweimal auf den zweiten Platz der Régional 1 und ins 1/32-Finale der Coupe de France. Luxemburg wurde auf Deichelbohrer aufmerksam. Im vergangenen Frühjahr entschied sich Mondorf, ihn als Nachfolger von David Zitelli vorzustellen. Sein Vorgänger hatte gerade die erfolgreichste Saison der Vereinsgeschichte hinter sich gebracht. Doch Mondorf wollte einen Trainer, der mit einer klaren Philosophie im Gepäck ankommt.

Deichelbohrer bringt diese mit, merkte aber in den ersten Saisonspielen, dass nicht immer alles umsetzbar ist. „Mein Spiel basiert sehr viel auf einer hohen Intensität und Aggressivität in den Zweikämpfen. Ich habe gemerkt, dass in Luxemburg viel schneller auf Foul entschieden wird als in Frankreich. Die Schiedsrichter zeigen schneller die Gelbe Karte. Ich habe bereits zweimal Rot gesehen, das ist viel zu viel für einen Trainer. Für meinen Stil ist diese Schiedsrichter-Philosophie nicht vorteilhaft. Aber ich muss mich anpassen. Ich habe ja auch genau nach einer solchen Veränderung gesucht, als ich mich entschieden habe, nach Luxemburg zu kommen“.

Der Franzose wechselte aber auch in die BGL Ligue, weil er in der Region bleiben wollte, bis seine Kinder die Primärschule abgeschlossen haben. „Für mich ist Luxemburg ein Schritt nach vorne. Ich will in meiner Trainerkarriere so weit kommen, wie es geht. Wenn ich das höchste Level nicht erreichen sollte, dann will ich mir nicht vorwerfen, dass ich nicht alles dafür getan hätte.“

Wer gut verteidigt, verfügt über die richtige Einstellung. Den Ball laufen lassen mag jeder und kann jeder.

Jérémy Deichelbohrer, Trainer US Mondorf

Diese ambitionierte Art und Weise hat er mit nach Mondorf gebracht und hatte auch gleich Erfolg. Vom 18. August bis 1. Oktober ging der Verein aus dem Osten sechsmal als Sieger vom Platz, bei nur einer Niederlage. Zuletzt lief es aber nicht mehr ganz so gut. Gegen Jeunesse (0:2) und Differdingen (1:3) gab es zweimal in Folge keinen Punkt. „Ich verstehe, dass die Leute uns als Außenseiter im Kampf um die Europapokalplätze sehen. Aber das ist nicht unser Ziel. Ich habe für zwei Jahre unterschrieben und es war von Anfang an abgesprochen, dass diese Saison ein Übergangsjahr sein wird. Meine Methodik braucht Zeit. Schwächere Phasen müssen mit eingeplant werden. Dass die Leute nach der besten Saison der Vereinsgeschichte nur sehr schwer mit einer Übergangssaison leben können, verstehe ich sehr gut. Ich bin selbst sehr ambitioniert und kann die Anhänger des Vereins auch nicht daran hindern, ambitioniert zu sein“, so Deichelbohrer.

Ein kleines Zwischenziel hat der 39-Jährige bereits erreicht: Mondorf hat ein deutlich besseres Abwehrverhalten als vergangene Saison. Aktuell stehen neun Gegentore in zehn Spielen zu Buche, vergangenes Jahr musste Torwart João Machado 39-mal hinter sich greifen. Derzeit stellt die USM die zweitbeste Abwehr der Liga. Damit gibt sich Deichelbohrer jedoch nicht zufrieden: „Neun Tore sind eindeutig zu viel, weil wir nur sehr wenige Chancen des Gegners zugelassen haben“, so der Franzose, der sich selbst nicht als Defensivspezialist beschreibt: „Es war meine Priorität zu Saisonbeginn, denn wer gut verteidigt, verfügt über die richtige Einstellung. Den Ball laufen lassen mag jeder und kann jeder“.

Am Sonntag will die US Mondorf gegen Düdelingen wieder in die Siegesspur finden. „Es wird ein sehr schwieriges, aber auch ein sehr angenehmes Spiel für uns. Wir wollen den Platz als Sieger verlassen, wissen aber, dass Düdelingen zu den drei besten Teams der Liga zählt“, so Deichelbohrer.