Donnerstag23. Oktober 2025

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EU-GipfelWohnkrise als politische Waffe: Rechte Parteien haben das Thema längst besetzt, nun reagiert auch die EU

EU-Gipfel / Wohnkrise als politische Waffe: Rechte Parteien haben das Thema längst besetzt, nun reagiert auch die EU
Mit Dan Jorgensen hat Brüssel seit 2024 erstmals einen EU-Kommissar für Wohnen Foto: AFP/Nicolas Tucat

Die Wohnkrise ist längst eine europäische Krise. Am Donnerstag und Freitag steht das Thema auf der Agenda des EU-Gipfels in Brüssel. Rechte Parteien schlachten das Thema für sich aus.

„In vielen Mitgliedstaaten ist Wohnen zu einem zunehmend sozialen und wirtschaftlichen Problem geworden, auch für Bürger mit mittlerem Einkommen und die jüngeren Generationen“, schrieb EU-Ratspräsident Antonio Costa in seiner Einladung zum EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel an die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union (EU). „Aus diesem Grund habe ich mich entschieden, diese Diskussion auf unsere Agenda zu setzen.“ Costa sorgt damit für eine Premiere. Bei EU-Gipfeln, wo üblicherweise die großen Krisenherde verhandelt werden, war Wohnen bislang kein Thema.

Doch Europa ist längst zum Wohnraumkrisenherd geworden. Für sehr viele Menschen. Und auch für die politische Stabilität. Das erforderte auch auf Brüsseler Ebene ein Umdenken. So gibt es seit 2024 mit Dan Jorgensen erstmals einen EU-Kommissar für Wohnen. Das EU-Parlament stimmte im September neue Regeln für die Vergabe von Geldern aus dem Kohäsions- und Sozialfonds der EU. So sollen Mittel gezielt in sozialen Wohnungsbau fließen. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte in ihrer diesjährigen Rede zur Lage der Union einen „europäischen Plan für erschwinglichen Wohnraum“ an. Zur Bekämpfung der Wohnungsnot will die Kommission auch Kurzzeitvermietungen wie AirBnB in den Blick nehmen und die Rechte von Mietern stärken.

Zahlen des Horrors

Die europäische Statistikbehörde Eurostat belegt mit ihren Berechnungen den Umfang der Krise: Ungarn plus 98,5 Prozent, Litauen plus 135 Prozent, die Niederlande plus 98,2 Prozent, Portugal plus 124,4 Prozent. Da kommt Luxemburg fast noch glimpflich davon mit seinem 62,5-prozentigem Anstieg der Wohnkosten während der Jahre 2010 bis 2024. Im selben Zeitraum verteuerten sich in jedem EU-Staat bis auf Griechenland (-11 Prozent) ebenfalls die Mieten. In Estland stiegen sie beispielsweise um 220 Prozent, in Ungarn um 124 Prozent, in Irland um 115 Prozent und in Luxemburg um 102 Prozent.

Was Luxemburgs Bewohnerinnen und Bewohnern in jeder Umfrage am meisten Sorgen bereitet, nämlich die Wohnungskrise, ist längst ein gesamteuropäisches Problem. 2024 gaben 8,2 Prozent aller Europäerinnen und Europäer mehr als 40 Prozent ihres Einkommens für Wohnen aus. Bei den bis 29-Jährigen waren es sogar 9,7 Prozent, jeder Zehnte unter 30 Jahren demnach. Die 40 Prozent des verfügbaren Einkommens gelten als Schwelle dafür, ob ein Haushalt Schwierigkeiten hat, finanziell über die Runden zu kommen.

All das bedeutet zuvorderst eine enorme Belastung für viele Millionen Menschen in Europa – und seit rechtspopulistische und rechtsextreme Parteien das Thema für sich beanspruchen, erwächst zudem eine weitere Gefahr für die Demokratie. Um nur drei Beispiele zu nennen: In Portugal hat die Chega-Partei daraus politisches Kapital geschlagen, in den Niederlanden war es Geert Wilders, in Spanien wächst besonders unter jungen Wählern der Zuspruch für die Vox-Partei. Alle machen die Migration für die Wohnungsmisere im eigenen Land verantwortlich – und konnten damit politisch punkten.

EU-Ratspräsident Costa sprach am Mittwoch bei einer Pressekonferenz vor dem Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs von einer „gefährlichen dreifachen Auswirkung“, die die Wohnungskrise habe: „Sie betrifft die Grundrechte der Bürger, beeinträchtigt negativ die Wettbewerbsfähigkeit und untergräbt das Vertrauen in unsere demokratischen Institutionen.“ Und wie es bei allen Krisen politisch ist: Die Rechten schlachten sie längst aus – und die EU reagiert spät.

Grober J-P.
23. Oktober 2025 - 9.39

"Doch Europa ist längst zum Wohnraumkrisenherd geworden." Und woran liegt das? An der Politik die einfach nur zukuckt was die Immobilienhaie so treiben, und einige mittlerweile diese Quellen nutzen für ein kleines Beibrot. Diese kleinen Schummeleien sind bei allen Parteien zu entdecken. Keiner in den oberen Riegen hatte bisher die Eier auf den Tisch zu hauen und z.B. Bauland zu fordern und der Gemeinschaft zur Verfügung zu stellen. Wenn doch, war man nach kurzer Zeit unerklärlich still.

Reinertz Barriera Manfred
23. Oktober 2025 - 6.58

Der bezahlbare Wohnraum ist ein grosses Problem, das weder die einzelnen Mitgliedstaaten lösen konnten, d.h. die jeweiliegen links und mitte-links Regierungen, ob allerdings UvdL da was machen kann galaube ich nicht, es ist auch nicht ihr Zuständigkeutsbereich sowieso...