Mittwoch22. Oktober 2025

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UN-KlimagipfelGood COP oder Bad COP? Der bald stattfindende Weltgipfel ist mit hohen Erwartungen aufgeladen

UN-Klimagipfel / Good COP oder Bad COP? Der bald stattfindende Weltgipfel ist mit hohen Erwartungen aufgeladen
Skeptische: Was bringt die COP? Anhänger von Brasiliens Präsident Lula da Silva bei der Einweihung des Nova Doca Linear Park in Belém.  Foto: AFP/Thiago Gomes

Vom 10. bis zum 21. November steigt im brasilianischen Belém der 30. UN-Klimagipfel – die 30 „Conference of the Parties“ (COP30). Dann wird die Millionenstadt am Amazonasdelta zum Hotspot der politischen Gipfelstürmer.

Die Faktenlage zeigt, dass die zivilisatorische Krise mit ihren Auswirkungen auf Klima und Natur die Lebensgrundlagen auf unserem Planeten zerstört. Längst ist die durch Menschen verursachte Erwärmung der Erdatmosphäre Realität. Ihre Auswirkungen sind nicht zuletzt in Form von extremen Wetterereignissen spürbar. Dabei hat sich die Staatengemeinschaft vor zehn Jahren beim Klimagipfel in Paris, der COP21, darüber geeinigt, den Temperaturanstieg unter zwei Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu halten und zu versuchen, ihn auf 1,5 Grad zu begrenzen.

Doch in den vergangenen zehn Jahren wurde wenig unternommen, um die globale Erwärmung einzudämmen. Dabei wäre jede Klimaschutzmaßnahme wichtig, denn selbst bei 1,5 Grad sind die Auswirkungen auf das Leben auf der Erde erheblich. Die Kipppunkte der geophysikalischen Systeme könnten bereits bei jeder unvorhersehbaren Temperatur ausgelöst werden und den Klimawandel beschleunigen. Der Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) bestätigte, dass die Menschheit mit einer Mehrfachkrise konfrontiert ist: Zusätzlich zur Klimakatastrophe verschärfen sich die Zerstörung der Natur und biologischen Vielfalt, geopolitische Konflikte sowie politische, soziale und demokratische Verschlechterungen gegenseitig.

Die „Nationally determined contributions“ (NDCs), die Verpflichtungen der Länder zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen, hätten den Vereinten Nationen bereits im September vorgelegt werden müssen. Doch die bisher bekannten NDCs – einschließlich der Absichtserklärungen der Europäischen Union und Chinas – zeigen, dass sie nicht ausreichen. Keiner der großen Akteure geht momentan mit gutem Beispiel voran, die EU und China begnügen sich mit wenig ambitionierten NDC, die USA machen erst gar nicht mit. Dabei steht fest: Die Last der Emissionssenkungen muss jedoch gerecht zwischen den Industrie-, Schwellen- und Entwicklungsländern verteilt werden.

Reiche mit negativem Einfluss 

„Im Sinne einer globalen Klimagerechtigkeit müssen der ökologische Fußabdruck und der CO2-Fußabdruck pro Kopf berücksichtigt werden, um zu verdeutlichen, dass ein Teil der Emissionen der Schwellenländer in Produkten enthalten ist, die insbesondere in die reichsten Länder exportiert werden“, fordert die Action Solidarité Tiers Monde (ASTM) in einem Pressekommuniqué. Die luxemburgische Organisation wird mit David Hoffmann und Raymond Klein in Belém vertreten sein. Es habe sich gezeigt, so die ASTM, dass das reichste Prozent der Menschen aufgrund ihres Konsums und ihrer Investitionen einen besonders negativen Einfluss auf das Klima haben, so die Entwicklungshilfsorganisation. Sie sollten daher einen großen Beitrag zum Kampf gegen den Klimawandel und seine Folgen leisten.

Ein weiterer Hebel, auf den man schon seit langem entschlossen hätte einwirken müssen, ist der Ausstieg aus fossilen Energien. Im Laufe der bisherigen Klimakonferenzen gab es endlose Diskussionen um Begriffe wie „Ausstieg“ oder „Rückgang“, „Verbrauch“ oder „Investition“. Es sei skandalös, kritisiert die ASTM, dass die Finanzeliten weiterhin fossile Energien bevorzugen, sogar mit steigender Tendenz. Die COP30 biete nun eine Chance, endlich in diesem Bereich zu handeln, bis zur ersten internationalen Konferenz zum Ausstieg aus fossilen Energien, die im April 2026 in Kolumbien stattfinden wird. Und es sei skandalös, so Raymond Klein, Koordinator der ASTM-Klimagruppe, „dass die politischen Eliten sich auf das Pariser Abkommen und 1,5 Grad beziehen, aber gleichzeitig NDC vorschlagen, die zu einer Erwärmung um 2,5 Grad und mehr führen könnten“.

Die ASTM verlangt, dass alle Länder ihre NDCs überarbeiten und nach oben korrigieren, um sie mit dem Pariser Abkommen in Einklang zu bringen. Insbesondere die Europäische Union sollte sich zum Ziel setzen, bis 2040 statt bis 2050 Klimaneutralität („net zero“) zu erreichen, ihre Nettoemissionen bis 2035 um 94 Prozent (im Vergleich zu 1990) zu reduzieren und ihr Ziel für 2030 demnach anzupassen. Die ASTM fordert außerdem die luxemburgische Regierung und alle politischen Akteure auf, sich in den europäischen Institutionen in diesem Sinne zu engagieren und die nationalen Ziele zu überarbeiten, um zu ehrgeizigeren europäischen Verpflichtungen beizutragen.

Zentrales Thema Klimafinanzierung

In Belém wird die Klimafinanzierung weiterhin zentrales Thema für die Länder des Südens sein. Der Internationale Gerichtshof erinnerte die Industrieländer an ihre Verpflichtung, den Entwicklungsländern finanzielle Mittel sowohl für den Klimaschutz als auch für die Anpassung an den Klimawandel zur Verfügung zu stellen. Auf der COP29 in Baku hatte der globale Norden diese Verpflichtung missachtet, indem er in letzter Minute eine Einigung über 300 Milliarden pro Jahr erzielte, weit entfernt von den 1.300 Milliarden, die von den Ländern des Südens gefordert wurden. Dabei sind die Industrien des Nordens mit ihrem immensen Rohstoffverbrauch maßgeblich für die zivilisatorische Krise verantwortlich, die mit ihren Auswirkungen auf Klima und Natur die Lebensgrundlagen auf der Erde zerstört.

Ausreden wie die Behauptung, es sei kein Geld vorhanden, sind perfide

David Hoffmann, ASTM

Der bezifferte „Bedarf“ der Entwicklungsländer an Klimafinanzierungen beläuft sich laut UN-Rahmenübereinkommen über Klimaänderungen (UNFCCC) auf die astronomische Summe von 5.012 bis 6.852 Milliarden US-Dollar bis zum Jahr 2030. Der bezifferte Bedarf entspricht etwa fünf Prozent des weltweiten BIP von 2024 und ist nur doppelt so hoch wie die kombinierten Gewinne der Unternehmen der 500 umsatzstärksten Unternehmen der Welt (Fortune Global 500) für dasselbe Jahr, rechnet die ASTM vor. „Ausreden wie die Behauptung, es sei kein Geld vorhanden, sind perfide, während der Konsum der globalen Eliten steigt, die Militärausgaben explodieren und Steuererleichterungen für multinationale Unternehmen angekündigt werden“, erklärte David Hoffmann, politischer Sprecher der Organisation.

Die Industrieländer müssten Geld auf den Tisch legen und ihre Verpflichtungen gemäß dem Pariser Abkommen verstärken. Angesichts illegaler Abgaben, unfairer Kreditbedingungen und der bereits hohen „loss and damages“ aufgrund der Klimakrise müssen die Länder des Südens die Mittel erhalten, um den Auswirkungen des Klimawandels zu begegnen. „In diesem Zusammenhang fordern wir die luxemburgische Regierung auf, ihren Anteil in Höhe von mindestens 600 Millionen Euro pro Jahr zu zahlen“, so Hoffmann. Die ASTM wird in Belém übrigens auch am alternativen Gipfel Cúpula dos Povos teilnehmen. Das Tageblatt wird bereits im Vorfeld des Gipfels aus Brasilien berichten.

Serge Wilmes (l.) sieht Luxemburg in einer wichtigen Rolle
Serge Wilmes (l.) sieht Luxemburg in einer wichtigen Rolle Copyright: MEV

Serge Wilmes sieht eine Verbindung von dem alle vier Jahre stattfindenden Weltkongress der International Union for Conservation of Nature (IUCN), an dem er kürzlich in Abu Dhabi teilnahm. Viele Akteure, die in Belém vertreten sein werden, seien schon dort dabei gewesen, bemerkte der Minister für Umwelt, Klima und Biodiversität. Im Interview mit dem Tageblatt erklärte Wilmes, dass Luxemburg eine Führungsrolle bei der Finanzierung von Projekten zugunsten der Biodiversität einnehmen solle. Entscheidend sei, dass mehr private Finanzmittel für kleine, lokale Projekte weltweit zugänglich gemacht werden sollen, die in den Naturschutz investieren. Eine zentrale Frage, so der CSV-Politiker, sei daher: „Wie bekommen wir Gelder aus dem Privatsektor?“

Beim IUCN-Kongress hielt Wilmes eine Rede, bei der er das Panel „Nature-Positive Future: Turning Pledges into Investments” vorstellte. Versprechen müssten in konkrete Investitionen für eine nachhaltige Zukunft umgesetzt werden. Außerdem gab er den Startschuss für die dritte Phase der „Blue Natural Capital Financing Facility“ (BNCFF) – einer von Luxemburg finanzierten und von der IUCN verwalteten Initiative, die investierbare Projekte zur Wiederherstellung von Küstenökosystemen fördert und gleichzeitig Vorteile für lokale Gemeinschaften und Investoren schafft.

Wilmes setzt auf private Investitionen

Luxemburg sei innerhalb der IUCN nicht nur Mitglied, sondern Framework-Partner, betonte Wilmes. „Wir leisten Kernfinanzierung und sind ein privilegierter Partner, um Projekte auszuarbeiten, die weltweit helfen, Finanzierung zu ermöglichen beziehungsweise die Umsetzung voranzubringen.“ Luxemburg bringe öffentliche Gelder ein, die mit privaten Geldern kombiniert werden sollen. Gegenüber dem Tageblatt sprach Wilmes auch die „Climate Nexus Framework Convention“ an, die sein Ministerium und die Uni Luxemburg im Juli unterzeichneten.

Die auf fünf Jahre angelegte Initiative zielt darauf ab, Luxemburg „klimafähig“ zu machen, indem Forschung, Bildung, Politik und öffentliches Engagement gebündelt werden. Sie sei „ein Signal an die internationale Gemeinschaft, dass Luxemburg bereit ist, mit gutem Beispiel voranzugehen“. Von der COP30 erwartet sich Wilmes mehr als „Lippenbekenntnisse“. In der Tat gilt der Gipfel vielen als letzte Chance, die globale Klimapolitik zu retten. Ob es ein „Good COP“ oder ein „Bad COP“ wird, wie die Zeitschrift Lateinamerika Nachrichten in ihrer neuesten Ausgabe schreibt, wird sich bald zeigen.