21. Oktober 2025 - 8.17 Uhr
Bissen-Präsident im InterviewWie Carlos Teixeira mit zwei Flaschen Wein und einem Bagger zum Erfolg gelang

Tageblatt: Herr Teixeira, hat Bissen den Klassenerhalt schon beinahe in der Tasche?
Carlos Teixeira: Nein, überhaupt nicht. In der Vergangenheit gab es viele Mannschaften, die Anfang der Saison eine positive Serie hatten und zum Schluss gegen den Abstieg kämpfen mussten. Es ist schön, dass wir derzeit mit 17 Punkten auf Platz fünf stehen, aber wir sind uns bewusst, dass wir uns in einer guten Phase befinden und diese schnell enden kann. Die Mannschaft arbeitet sehr gut und belohnt sich. Ich habe genügend Erfahrung im Fußball gesammelt, um zu wissen, dass man jetzt keine voreiligen Schlüsse ziehen sollte. Unser Ziel bleibt der Klassenerhalt.
Sind sie überrascht, wie gut es aktuell läuft?
Überrascht würde ich nicht sagen. Ich will der Mannschaft nicht ihre Verdienste rauben. Zu Beginn der Saison waren wir noch nicht komplett. Einige Neuzugänge sind erst später hinzugestoßen. Wir wollten die richtigen Entscheidungen treffen und haben abgewartet. Mittlerweile ist alles zusammengewachsen, es gibt Zusammenhalt und es wird hart gearbeitet.
Gibt es eine klare Philosophie bei der Verpflichtung von Spielern?
Ich wollte als Präsident nicht dieselben Fehler machen, die ich als Trainer gemacht habe. Früher habe ich nicht früh genug die Spieler ausgetauscht und dadurch den richtigen Moment für eine Neustrukturierung verpasst. In der 1. Division kann man noch viel durch Zusammenhalt erreichen, in der BGL Ligue braucht man Qualität, um konstant auf einem Niveau spielen zu können. Trotzdem will ich, dass sich die Spieler mit Bissen identifizieren. Ich bin der Meinung, dass es in Luxemburg besser ist, den Spielern Jobs als ihnen viel Geld anzubieten. Viele Ex-Profis haben verstanden, dass dies langfristig besser für ihr Leben ist. Wir haben diese Möglichkeit und nutzen sie aus, um gute Spieler zu bekommen.
Warum haben Sie sich vor fast drei Jahren für das Projekt Bissen entschieden?
Ich habe mit meinen Firmen den Fußballkomplex in Bissen gebaut. Irgendwann hat mich der heutige Bürgermeister David Viaggi gefragt, ob ich nicht gerne das Traineramt übernehmen wolle. Das wollte ich damals auf keinen Fall. Ich hatte beruflich so viel um den Hut, dass ich es mir nicht vorstellen konnte, so eine Aufgabe zu übernehmen. Wenn ich etwas mache, dann mache ich es richtig. Zwei Monate später hat mir Viaggi eine E-Mail geschrieben, um noch einmal über das Thema zu reden. Diesmal ging es um den Präsidentenstuhl. Wir haben uns in einem Restaurant getroffen. Es war mein größter Fehler, diesem Treffen zuzustimmen (lacht). Nach ein, zwei Flaschen Wein sah die Welt schon ganz anders aus.
Was hat sie umgestimmt?
Ich habe gesehen, dass der Verein nicht nur aus ein paar Leuten besteht und dass ich Unterstützung haben würde. Mittlerweile haben wir einen Vorstand, der aus 16 Mitgliedern besteht. Und es ist noch immer eine große Familie. Ich habe damals alles umorganisiert und neue Strukturen erschaffen. Man kann sagen, dass ich mit dem großen Bagger angefahren kam. Doch zunächst sind wir aus der Ehrenpromotion abgestiegen. Damals wurde Bissen nicht respektiert. Wir sind sofort wieder aufgestiegen und danach den direkten Durchmarsch in die BGL Ligue geschafft. Das war so überhaupt nicht geplant. Als ich mit Viaggi am Tisch saß, ging es nicht um die BGL Ligue, sondern darum, Stabilität in den Verein zu bringen. Heute wird Bissen respektiert und das macht mich stolz. Das freut mich auch für meinen Freund David Viaggi, der mit seiner Gemeinde sehr viel in die Zukunft investiert. Bissen hat sich in den vergangenen Jahren sehr gut entwickelt.
Vitor Pereira spielt in Ihrem Projekt eine wichtige Rolle. Warum wurde gerade er Trainer beim FC Atert?
Ich kenne ihn schon länger. Damals in Steinsel hat er gute Arbeit geleistet und ich habe ihn dem Strassener Präsidenten Luc Hilger empfohlen. Als ich dann die Möglichkeit hatte, ihn zu verpflichten, habe ich nicht gezögert. Vitor ist durch und durch professionell. Das schätze ich sehr an ihm. Wir wollen langfristig mit ihm arbeiten, das habe ich ihm auch bei unserem ersten Treffen gesagt. Hätte er nur für ein Jahr kommen wollen, hätte ich ihn nicht geholt. Vitor lebt für den Fußball und geht auch sehr intelligent mit seinem Trainerstab um. Ich mache ihm auch keinen Druck, denn ich weiß, wie es ist, als Trainer in einer solchen Lage zu sein. Ich bin 2012 mit Hostert aufgestiegen und hatte mit Jacques Wolter einen Präsidenten, der mir überhaupt keinen Druck gemacht hat. Das wollte ich auch so machen.
Bissen verfügt für einen Aufsteiger über ein gutes Budget. Kann der Verein in den kommenden Jahren noch finanziell zulegen?
Aktuell noch nicht. Das Budget ist in dieser Saison nicht deutlich größer als in der 1. Division. Wie bereits erwähnt versuchen wir den Spielern Jobs zu beschaffen. Wir sind in sehr kurzer Zeit in die BGL Ligue aufgestiegen und können sehr zufrieden mit dem sein, was wir erreicht haben. Ich hoffe, das geht so weiter, und ich kann in ein paar Jahren zufrieden mit sein, was wir aus dem Verein gemacht haben. Ein klares Ziel gibt es nicht, aber ich will erfolgreich sein. Ich will so arbeiten wie in meinen Firmen. Mir ist nichts in den Schoß gefallen. Alle Erfolge beruhen auf viel Arbeit und Schweiß.

Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können