Sonntag19. Oktober 2025

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InterviewHelloween-Gitarrist Kai Hansen erzählt von fliegenden Schweinen und Pommes auf der Bühne

Interview / Helloween-Gitarrist Kai Hansen erzählt von fliegenden Schweinen und Pommes auf der Bühne
Die Band Helloween während der „United Forces Tour“ im September 2022 – damals mit Gastband Hammerfall Foto: Editpress/Georges Noesen

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Helloween – die Band gründete sich 1984 in Hamburg und ist Pionier des europäischen Power Metal – feiert ihren 40. Geburtstag. Die Jubiläumstour startet heute Abend in der Rockhal, an ihrer Seite: der „very special guest“ Beast In Black. Das Tageblatt unterhielt sich im Vorfeld mit Gitarrist Kai Hansen und bekam einen Einblick in das Tourleben, das kreative Schaffen und die Träume der sieben Bandmitglieder.

Tageblatt: Die Proben für die Jubiläumstour laufen auf Hochtouren, seid ihr bereit für den Startschuss am Freitagabend?

Kai Hansen: Ja, wir sind bereit. Wir haben in den letzten zwei Tagen Generalprobe gehabt – mit Bühnenaufbau und allem drum und dran und haben noch ein bisschen an der Setliste geschraubt. Und jetzt sind wir ganz zufrieden, würde ich mal sagen und sind natürlich fürchterlich aufgeregt. Aber ich glaube, es wird alles gut laufen.

Warum passt man so knapp vor der Tour noch einmal das Set an?

Wir hatten das Set im Prinzip festgelegt, aber du merkst dann am Ende doch noch mal unter Umständen, dass der eine oder andere Song andersrum besser funktioniert. Also das ist ein bisschen so eine Gefühlssache. Man merkt irgendwie, andersrum wäre es noch besser. Das kann auch während der Tour noch passieren. Wir sind flexibel – mit Publikum ist es dann noch mal anders. Wenn du bei einem Song merkst, „das ist der Song, wo die Leute an die Bierbar gehen“, dann lieber raus damit oder du packst ihn an eine andere Stelle, wo er vielleicht besser funktioniert.

Wie bereitet sich jeder Einzelne von euch auf so eine große Tournee vor und wie bereitet ihr euch gemeinsam vor?

Kai Hansen mit seinem Signature-Modell der Flying-V-Gitarre beim Konzert vor drei Jahren in der Rockhal
Kai Hansen mit seinem Signature-Modell der Flying-V-Gitarre beim Konzert vor drei Jahren in der Rockhal Foto: Editpress/Georges Noesen

Schritt eins für jeden Einzelnen ist es, erst mal die Songs zu lernen, für sich selber. Das heißt, du hast die Abläufe und musst das alles in deinen Speicher packen und am besten blind abrufen können. Und dazu setzt du dich täglich hin und spielst die Songs oder konzentrierst dich auf einzelne Parts, etwa Gitarren-Soli. Und dann gibt es natürlich einen Haufen alte Songs. Also gerade für mich: Die sind bei Helloween in der Phase entstanden, wo ich gar nicht dabei war. Das heißt, die habe ich noch nie gespielt, die musste ich erst einmal lernen.

Wie laufen eure Proben ab?

Am Anfang setzen wir Gitarristen uns zusammen und gehen alles durch – wer welchen Part spielt, wie die Songs aufgebaut sind. Jeder arbeitet da ein bisschen anders. Dann kommen die Proben mit der Band, erst mal ohne Sänger. Wir konzentrieren uns auf ein paar Songs, erweitern das Stück für Stück, bis wir das ganze Set durchspielen können. Das läuft meist in mehreren Blöcken – meistens vier à zwei Wochen oder zehn Tage, mit Pausen dazwischen. Zum Schluss stoßen die Sänger dazu, die ihre Parts vorher natürlich schon vorbereitet haben. Und dann geht es richtig los – als komplette Band.

Wie lange dauert eure Show im Durchschnitt?

Eine Headline-Show dauert bei uns in etwa zwei bis zweieinhalb Stunden. Wenn wir Festivals spielen, ist das natürlich wesentlich kürzer, weil da viele Bands auftreten.

Die Band heißt „Helloween“, können sich die Fans am 31. Oktober in Bochum etwas Außergewöhnliches erwarten?

Wir arbeiten dran. Ich will da keine Versprechungen machen – wir haben ein paar Ideen und mal gucken, was umgesetzt wird. Ein bisschen Gimmick wäre schon lustig bei Halloween.

Kannst du ein Beispiel nennen von etwas, das ihr planen oder umsetzen wolltet, im Endeffekt aber in der Schublade landete?

Ach ja, klar, da gab es schon viele lustige Ideen. Von fliegenden Schweinen über eine Ballonfahrt auf der Bühne bis hin zum Herunterhängen der Trasse an Gummibändern. Unsere Ideen sind meistens so bekloppt, dass die Umsetzung einfach fast nicht machbar ist. Das betrifft dann immer auch Bühnenaufbau, Lichtchoreografie.

Woher kam damals die Idee, die Band „Helloween“ zu nennen und das A durch ein E zu ersetzen?

Die Idee war eigentlich simpel. Wir hatten vorher zig bekloppte Bandnamen, unter anderem „Iron Fist“. Unser Drummer war im Kino, sah den Film „Halloween“ und schlug den Namen vor. Dann meinte Weiki: Lass das A durch ein E ersetzen – „Helloween“, also ein bisschen höllisch. Das passte perfekt zum Sound, und so kam dann auch der Kürbis als unser Symbol dazu.

Woher kommt nach gut 40 Jahren Banderfahrung die Inspiration, sowohl mit Helloween als auch mit deinem Soloprojekt Gamma Ray?

Ideen kommen bei mir von überall her – wie Blitze aus einem großen kreativen Topf, der da draußen herumschwirrt. Manchmal sitze ich im Auto, summe vor mich hin oder höre etwas im Radio, das sofort einen Gedanken auslöst. Aus einer Textzeile entsteht dann oft gleich eine Melodie. Das kann jederzeit passieren. Und klar, es gibt auch Phasen, wo gar nichts kommt – aber das ist okay. Inzwischen weiß ich: Die Inspiration kommt immer wieder.

Hat die Inspirationsquelle sich über die Jahrzehnte verändert?

Im Prinzip hat sich da nichts verändert. Man ist vielleicht ein bisschen abgeklärter und man hat natürlich nach so langer Zeit so vieles schon gemacht. Ideen, die früher gezündet hätten, verwirft man vielleicht, weil sie inzwischen plattgenudelt oder zu sehr mit Klischees behaftet sind.

Wie hat sich das Herangehen an die Musikproduktion und das Songwriting in den letzten vier Jahrzehnten für euch verändert?

Früher entstanden viele Songs im Proberaum, vielleicht mit ’nem alten Tape-Recorder. Heute hast du dein ganzes Studio digital zu Hause und kannst Ideen sofort festhalten. Das ist großartig, solange man sich kreativ nicht einschränken lässt. Auch KI sehe ich positiv – als Werkzeug für Texte oder Artworks. Problematisch wird es nur, wenn komplette Songs aus dieser Wolke kommen und keine Seele mehr haben.

Wie würdest du eure Fangemeinde beschreiben?

Unsere Fans sind total bunt gemischt – klar, Metalheads, aber aus allen Generationen. Viele sind mit Helloween aufgewachsen, weil ihre Eltern die Band schon gehört haben. Jetzt kommen sie selbst zu den Shows oder bringen ihre Kids mit. Das finde ich großartig: Unser Publikum wird nicht älter, es wächst einfach weiter. Und das ist gut so!

Helloween in der Rockhal

Die Band spielt am Freitagabend in Belval.
Türen: 18.30 Uhr.
Start: 19.30 Uhr.
Weitere Informationen finden Sie unter rockhal.lu.

Was war eine der skurrilsten Begegnungen mit dem Publikum?

Schwer zu sagen, da gab es viele verrückte Momente. Einmal stand in der ersten Reihe ein Mädel mit einer Tüte Pommes – während der Show! Ich hatte selbst Hunger, habe rumgeflachst, und sie hat mir Pommes auf die Bühne geworfen. Ein paar Gigs später war sie wieder da – natürlich wieder mit Pommes. Total absurd, aber echt lustig.

Gibt es ein großes Highlight in deiner musikalischen Karriere?

Also da gibt es natürlich tausend Highlights – großartige Konzerte, verrückte Momente. Aber wenn ich so darüber nachdenke, eins, das wirklich hängen geblieben ist, war damals das „Monsters of Rock“. Das war schon echt fett. Plötzlich stehst du da auf derselben Bühne mit all den großen Namen wie KISS und merkst: „Verdammt, wir sind wirklich hier angekommen!“ – und das war nie so ein Plan von mir. Ich hatte als kleiner Bursche nur diese typischen Träume – mit der Gitarre aufs Bett springen, Brian Connolly nachspielen. Und dann spielst du irgendwann in Hamburg in der Markthalle, denkst, das ist das Größte – und plötzlich stehst du auf diesem Festival. Das war schon so ein richtiger Wow-Moment.

Du hast die Band 1989 verlassen und Gamma Ray gegründet. 2017 dann die Wiedervereinigung „Pumpkins United“. Wie war es für dich emotional, nach so vielen Jahren wieder mit Helloween auf der Bühne zu stehen?

Für mich hat sich da einfach ein Kreis geschlossen. Wir hatten ja schon früher Kontakt und immer mal darüber geredet, wieder was zusammen zu machen. Als es dann wirklich zu „Pumpkins United“ kam, war das natürlich aufregend – keiner wusste, ob das mit zwei Sängern klappt. Aber Andi und Michi verstehen sich großartig, null Konkurrenz, nur Spaß. Auf der Bühne ist das pure Freude. Heute sind wir reifer, entspannter – das Ego bleibt hinten an. Und genau das macht’s so besonders.

Wenn du dem jungen Kai von 1984 heute einen Rat geben könntest, was würdest du ihm sagen?

Ich würde ihm sagen: Mach mal weiter so, du machst alles richtig.