Sonntag19. Oktober 2025

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Kunstecke Arte und Museum Ludwig feiern 100 Jahre Robert Rauschenberg 

Kunstecke  / Arte und Museum Ludwig feiern 100 Jahre Robert Rauschenberg 
Hier in München, aber auch in der Kölner Ausstellung „Fünf Freunde“ zu sehen: eines der Werke von Robert Rauschenberg Foto: Haydar Koyupinar/Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Museum Brandhorst, München

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Er zählt zu den Pionieren der Pop-Art: Der amerikanische Künstler Robert Rauschenberg wäre dieses Jahr 100 geworden. Ein Anlass, zu dem ihm die Kulturwelt Tribut zollt. Warum das berechtigt ist und welches Angebot besteht. 

In jungen Jahren: der Künstler Robert Rauschenberg, 1968
In jungen Jahren: der Künstler Robert Rauschenberg, 1968 Foto: Jack de Nijs for Anefo, CC0, via Wikimedia Commons

Am 22. Oktober wäre der Vorzeige-Künstler der glorreichen amerikanischen Nachkriegskunst, Robert Rauschenberg, 100 Jahre alt geworden. Die Fundacion Juan March in Madrid ehrt ihn mit der Ausstellung „The Use of Images“, in der 200 Werke versammelt sind, das Museum Ludwig in Köln widmet ihn im Rahmen der Expo „Fünf Freunde“ eine Hommage und der deutsch-französische Kultursender Arte greift in seinem Porträt Rauschenbergs Devise „Alles ist Kunst“ auf. Der Maler und Grafiker Rauschenberg ist einer der ersten Vertreter der US-amerikanischen Pop-Art. Er war ein Künstler, der Malerei mit zahlreichen Materialien und aktuellen Fotografien kombinierte, um daraus sowohl enigmatische als auch gesellschaftskritische eindrucksvolle Gebilde diverser Art zu schaffen. 

Wenn wir an diesen außergewöhnlichen Künstler erinnern, so nicht nur, weil er in der Tat zu den Vorzeige-Künstlern der amerikanischen Nachkriegszeit der Fünfzigerjahre gehört, sondern auch weil eine Monumentalarbeit von ihm im Amsterdamer Stedelyk-Museum uns vor vielen Jahren beeindruckte und die Augen für diese Nachkriegskunst öffnete. Später konnten wir in New York, Basel und anderswo Werke von ihm mit großer Freude erleben. Er stand nicht immer im US-Fokus wie andere Kollegen von ihm, aber seine Kunst ist in gewisser Weise durch Nachdenklichkeit und Nachhaltigkeit geprägt.

„Fünf Freunde“ sollt ihr sein

Wenn die Schau „Fünf Freunde“ in Köln, die noch bis 11. Januar läuft, neben Rauschenberg auch noch John Cage, Merce Cunningham, Cy Twombly und Jasper Johns in Szene setzt, so dürfte vor allem der Hinweis auf Jasper Johns (Jahrgang 1930) interessant sein. Johns hat 1955 mit seinem „Bild“ „Flagge“, einem etwas abgewandelten amerikanischen Banner, für Aufregung gesorgt. Rauschenberg (Jahrgang 1925) tat das Gleiche mit seinen Frühwerken, in denen er Traditionen auf die Schippe nahm, indem er die sogenannte „Ausradierung“ praktizierte und ab 1955 angefangen hat, seine „Assemblagen“ anzufertigen – dreidimensionale Collagen, in denen er ungewöhnliche Materialien oder Gegenstände des Alltags mit Fotos und bunten Malereiansätzen vermischte. Er hält dem Betrachter familiäre Objekte und Lichtbilder in einem völlig neuen Kontext vor Augen, lädt ihn gar ein, selber Hand anzulegen.

„Odalisque“ (1955-58) ist ein Werk aus Holz, Stoff, Draht, Papier, Metall – und Gras
„Odalisque“ (1955-58) ist ein Werk aus Holz, Stoff, Draht, Papier, Metall – und Gras Foto: Historisches Archiv mit Rheinischem Bildarchiv/Copyright: Robert Rauschenberg, VG Bild-Kunst, Bonn 2025 

Die so entstandenen „Combine-Paintings“ waren anfangs das Markenzeichen eines Künstlers, der nach seinem Studium in den USA und Paris in den Staaten dem dort praktizierten „Abstrakten Expressionismus“ eine Absage erteilte und vielmehr, so Experten, sich der „Wahrnehmung des Menschen“ zuwandte. Einige Schlüsselelemente in seinen Werken erinnern an typische Merkmale aus Kunst anderer Kreationen. Er wandelt diese auf ironische Weise um, gibt ihnen eine neue Bedeutung. Es liegt uns fern, Namen der ihn inspirierenden Künstler zu nennen, auch da wir nicht all diese vergleichenden Gemälde gesehen haben. Waren die Stichworte „Combine-Painting“ und „Ausradierung“ für die Fünfziger angebracht, so griff er in den Sechzigern auf weitere Techniken zurück, etwa Serigrafie und Offset.

Überlagerung von Bildern

Anerkannt und geschätzt, doch eigenartig, blieb Rauschenberg sich stets treu. Ende der Achtziger vollzog er eine weitere Etappe in der Bearbeitung seiner Bilder. Die Methode der „vielschichtigen Überlagerung von Bildebenen“ wurde aufgefrischt, indem er die „spiegelnden Metallplatten“ mit Säuren behandelte, sowohl bedruckte als auch bemalte, sodass neuartige Effekte entstanden, wie bei der Serie „Borealis“ (siehe „Kunst des 20. Jahrhunderts“, Museum Ludwig Köln). Er spielte so auf das von ihm in Schweden erlebte Nordlicht an. Die „Robert Rauschenberg Foundation“ hat selbstredend seinen Lebensweg im Vorfeld des 100. Jubiläums aufgegriffen und erinnert daran, dass der Texaner in der US Navy diente, bevor er an dem Kansas City Art Institute und der Académie Julian in Paris studierte, sowie das Black Mountain College in North Carolina besuchte oder Teil der Art Students League of New York war. 1949 vollzog er einen Bruch in seinem Leben, als er nach New York City umzog. Später ging er wieder vom Big Apple weg.

„Axle“ (1964) von Robert Rauschenberg ist ein Siebdruck auf Leinwand
„Axle“ (1964) von Robert Rauschenberg ist ein Siebdruck auf Leinwand Foto: Historisches Archiv mit Rheinischem Bildarchiv/Copyright: Jasper Johns, VG Bild-Kunst, Bonn 2025 

Ein Multitalent der Eigenart

Seinen Lebensweg in allen Einzelheiten nachzuvollziehen, wäre müßig, künstlerisch greifen Kunstanalysten eine Reihe von Schlagwörtern auf, etwa „Neo-Dadaist“, „Combines“, „silkscreen paintings“, Lichtinstallationen, Objekte mit Basis-Materialien, Drucke, „metal paintings“ (zu denen die „Borealis“-Reihe zu rechnen ist), Wandmalereien, Fotografien, nicht zu vergessen seine „White Paintings“, „Black Paintings“ sowie „Red Paintings“, wobei Letztere ab 1953 entstanden sind, da der Künstler die Farbe Rot so liebte, wie Wikipedia in seiner Dokumentation notiert.

Installationsansicht im Museum Ludwig in Köln: Rauschenberg vereinte seine „passion for fashion“ seiner Kunst
Installationsansicht im Museum Ludwig in Köln: Rauschenberg vereinte seine „passion for fashion“ seiner Kunst Foto: Historisches Archiv der Stadt Köln mit Rheinischem Bildarchiv/Copyright: Jasper Johns, Robert Rauschenberg, VG Bild-Kunst, Bonn 2025, Merce Cunningham Trust

Zu seinen Schlüsselwerken zählt „Estate“ aus dem Jahre 1963, das seinen „Bildbesitz“ und seinen Blick auf die Gesellschaft von heute und den Fortschritt von morgen verkörperte. Rauschenberg hat in seiner Jugend bereits Kleider für seine Schwester entworfen, so dass die „Foundation“ ihm eine „Passion for Fashion“, die er später noch mit einer Leidenschaft für Musik und Tanz ergänzte, attestiert. Hieraus ergeben sich die Verbindungen zu John Cage und Merce Cunningham sowie Paul Taylor. In Auftragsplakaten bezog er auch Stellung zu aktuellen Themen, etwa dem Vietnamkrieg, oder besorgte das „Centennial Certificate“ für das MoMa in New York im Jahre 1969. Für den Miami Herald entwarf er am 30. Dezember 1979 das Titelbild, kurzum: Rauschenberg war vielseitig und 1998 zog es ihn gar auf Einladung in den Vatikan, wo er rund um das Thema „Letztes Gericht“ sein Werk „The Happy Apocalypse“ (1999) entwarf. Dieses fand allerdings nicht die Zustimmung im Vatikan.

1925 in Port Arthur (Texas) geboren, starb Robert Rauschenberg am 12. Mai 2008 im Alter von 82 Jahren in Captiva (Florida). Rauschenberg war verheiratet, mit seiner Frau Susan Weil hatte er einen Sohn (1961 geboren), wurde jedoch geschieden und bekannte sich zur Homosexualität. Sein Partner der letzten 25 Lebensjahre war sein Assistent Darryl Pottorf. Zu seinen Freunden zählten u.a. Cy Twombly und Jasper Johns. Er erhielt den „Leonardo da Vinci World Award of Arts“ (1995) sowie den „Praemium Imperiale“ (1998). Zu seinen wichtigsten Trophäen zählten sicherlich der Große Internationale Preis bei der 32. Kunstbiennale 1964 in Venedig und die „National Medal of Arts“, die er 1993 erhielt.

Infos

„Robert Rauschenberg – Alles ist Kunst“, 19.10. um 16.40 Uhr auf Arte (ab der TV-Ausstrahlung in der Mediathek auf arte.tv verfügbar).
Fünf Freunde“, Expo im Museum Ludwig in Köln, bis zum 11. Januar 2026.
Robert Rauschenberg: The Use of Images“ in der Fundacion Juan March, Madrid bis 18. Januar 2026.

Unzählige Ausstellungen, viele Publikationen, Werke in öffentlichen und privaten Sammlungen in Museen zeugen von einem reichhaltigen Oeuvre, das natürlich jetzt zum 100. Geburtstag von Robert Rauschenberg gewürdigt wird. Yilmaz Dziewier, Direktor und Kurator des Museums Ludwig (Köln), meinte im Vorfeld des Arte-Films „R.R. – Alles ist Kunst“ auf die Frage des Arte-Magazins, ob Rauschenberg provozieren wollte: „Ich glaube nicht, dass es ihm um Provokation ging. Manche seiner Arbeiten haben provoziert, aber das ist natürlich bei Kunst, die neue Wege einschlägt. Seine Kunst sticht heraus.“