Freitag17. Oktober 2025

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Forum von Paulette LenertWohnungsnot in Luxemburg: Keine Fatalität, sondern hausgemacht – Ein Plädoyer für ein Umdenken

Forum von Paulette Lenert / Wohnungsnot in Luxemburg: Keine Fatalität, sondern hausgemacht – Ein Plädoyer für ein Umdenken
 Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

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Ob zur Miete oder als Wohneigentum – für viele Menschen wird es immer schwieriger, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Auch 2025 zeigen die Ergebnisse der aktuellen Polindex-Studie es in aller Deutlichkeit: Die Wohnungsfrage bleibt mit weitem Abstand die dringlichste Herausforderung für Luxemburg. Wenig überraschend, da die Fakten seit Jahren einen steigenden Druck auf die Wohnversorgung belegen, der längst bis in die umliegenden Grenzregionen spürbar geworden ist.

Ein zentrales politisches Anliegen also, das in vielerlei Hinsicht die Ausmaße einer regelrechten gesellschaftspolitischen Krise erreicht hat. Zum einen ist unbestreitbar, dass die Wohnkosten entscheidend zum stetig wachsenden Armutsrisiko in Luxemburg beitragen. Zum anderen wird die Lage am Wohnungsmarkt nicht nur zu einem sozialen Problem, sondern zunehmend zu einem entscheidenden Faktor für die Attraktivität Luxemburgs als Wirtschaftsstandort und Arbeitsmarkt.

Neben hohen Zinsen und steigenden Kosten wird immer wieder die Spekulation mit Bauland als kostentreibend angeprangert. Hinzu kommen zahlreiche Insolvenzen und Berichte über stillgelegte Baustellen, welche die ohnehin angespannte Situation weiter verschärfen. Die strukturelle Wohnungsnot hat sich so in kürzester Zeit vor unseren Augen zu einer Polykrise entwickelt – flankiert durch eine konjunkturbedingte Krise am Bau und eine besorgniserregende Vertrauenskrise in den Neubau.

Man könnte meinen: Grund genug für ein kritisches Hinterfragen der politischen Hebel, die in der Vergangenheit die Wohnungsnot nicht wie erhofft entschärft, sondern vielmehr weiter angeheizt haben. Die simple Annahme, dass die Förderung des Angebots die Nachfrage wie von unsichtbarer Hand sättigen und die Preise bremsen würde, mag verführerisch logisch klingen, hat sich jedoch über Jahre hinweg klar als falsch erwiesen.

Wenn Wohnraum zum Luxusgut wird

Luxemburg hat sich über die letzten Jahrzehnte zu einem Land mit dem höchsten Wohlstand pro Kopf entwickelt. Die Nachfrage nach Wohnungen wird und wurde dabei nicht nur durch die reale, von der Bevölkerung ausgehende Nachfrage bestimmt, sondern weitgehend durch eine steigende spekulative Nachfrage mit Fokus auf Luxusimmobilien. Angesichts der anhaltenden Landknappheit und der damit einhergehenden steigenden Bodenpreise wurde das Geschäft mit Immobilien als Vermögensanlage zur Erfolgsgeschichte – und somit zum klaren Game-Changer für Finanzakteure und Investoren mit Blick auf maximale Renditen.

Während die Warteliste des „Fonds du logement“ für eine erschwingliche Mietwohnung mittlerweile mehr als 6.5001) Bewerber zählt, werden die genauen Anwärterzahlen im Bereich des sogenannten „Housing First“ – also der Bereitstellung von Wohnungen für Menschen, die keine Alternative zur Straße haben – gar nicht erst erhoben, ja offenkundig als unnötig betrachtet. Angesichts eines steigenden Armutsrisikos unter Erwerbstätigen, das Luxemburg einen beschämenden ersten Platz im europäischen Ranking beschert2), wirkt die Ambition der Regierung, den öffentlichen erschwinglichen Immobilienpark mithilfe öffentlicher Bauträger mittelfristig um weitere 800 Wohneinheiten pro Jahr zu erweitern, eher ernüchternd. Das angestrebte Angebot reicht schlicht und einfach nicht aus, um den angestauten akuten Nachholbedarf auch nur annähernd zu decken.

Klare Zahlen untermauern die dringenden politischen Forderungen nach Reformen und effizienteren Instrumenten für Gemeinden – mit dem Ziel, spekulative Landreserven aufzubrechen und schneller neuen Wohnraum zu schaffen. Die voraussichtliche Entwicklung ist jedoch derart bescheiden und langfristig angelegt, dass sie die Realität vieler Menschen verkennt, die nicht erst übermorgen, sondern schon heute dringend auf bezahlbare Wohnungen angewiesen sind. Eine echte Trendwende erfordert deshalb mehr Mut – und vor allem mehr Tempo am Bau.

Ein dritter Wohnungssektor als Chance

Um Wohnen wieder bezahlbar zu machen, wäre Luxemburg gut beraten, den Blick über den Tellerrand zu werfen und sich an Städten und Ländern zu orientieren, die durch politische Steuerung ein besseres Gleichgewicht am Wohnungsmarkt schaffen konnten. Als zielführend haben sich unter anderem in Österreich, Dänemark und den Niederlanden Modelle erwiesen, die auf die Förderung eines sogenannten dritten Wohnungssektors setzen – das heißt, die Schaffung beachtlicher Wohnungsbausegmente, die weitgehend von den freien Marktregeln ausgenommen und somit nicht gewinnorientiert sind.

Ein Umdenken in Luxemburg könnte mit einem klaren Bekenntnis zu einem solchen ergänzenden Wohnungssektor beginnen. Dass ein sogenannter dritter Wohnungsmarkt nach dem Beispiel des Wiener Modells oder anderer Pionierstädte in Luxemburg bislang noch gar nicht existiert, mag bezeichnend für unsere Vergangenheit sein. Doch ein weißes Blatt bietet auch großes Innovationspotenzial zur Eindämmung unserer Wohnungskrise.

Auch in Sachen Tempo und Kostenersparnis lohnt sich ein Blick über die Grenzen. Da die Herausforderungen im Kern ähnlich sind, wird vielerorts auf Hochtouren geplant und Neues erprobt. Beispielhafte Projekte in Berlin und anderen Städten zeigen: Serielle und modulare Bauweisen halbieren nicht nur die Bauzeit, sie sind auch kostensenkend und verbinden Schnelligkeit mit Nachhaltigkeit. Energieeffiziente Bauweisen und langlebige Materialien wie Holzmodule erfüllen hohe ökologische Standards und ästhetische Ansprüche. Ambitionierte Ziele für ein konsequentes Mehr an erschwinglichem Wohnraum werden vielerorts dank neuer Technologien schon heute Realität.

In Zeiten dramatischer Wohnungsnot gilt zudem jeder leerstehende Quadratmeter als ein Schlag ins Gesicht all jener, die verzweifelt eine Wohnung suchen. Leerstand ist kein Luxusproblem, sondern eine soziale Ungerechtigkeit.

Paulette Lenert ist Abgeordnete der LSAP
Paulette Lenert ist Abgeordnete der LSAP Foto: Editpress/Julien Garroy

Wenn wir Leerstand bekämpfen wollen, müssen wir ihn sichtbar machen, wirksam sanktionieren und Eigentümer in die Pflicht nehmen. Denn Wohnen ist kein Spekulationsobjekt – es ist ein Grundrecht. Weitermachen wie bisher ist keine Option – diese Rechnung wird nicht aufgehen! Und deshalb braucht es dringend ein Umdenken und einen klaren politischen Schulterschluss: eine Wende in der Wohnungspolitik als moralische, soziale und wirtschaftliche Verpflichtung gegenüber zukünftigen Generationen und den in Luxemburg dringend benötigten Arbeitskräften.

1) https://fondsdulogement.lu/sites/default/files/publications/202507/Fonds%20du%20Logement_Rapport%20annuel_2024.pdf

2) https://www.destatis.de/Europa/DE/Thema/Bevoelkerung-Arbeit-Soziales/Soziales-Lebensbedingungen/Arm-trotz-arbeit.html#:~:text=Europa%20Armutsgef%C3%A4hrdung%20von%20Erwerbst%C3%A4tigen&text=Insgesamt%20waren%20erwerbst%C3%A4tige%20M%C3%A4nner%20und,Armut%20bietet%20die%20Eurostat%2DDatenbank

Grober J-P.
14. Oktober 2025 - 20.57

Tja, was hat eigentlich der Freund Kox, getan? Und Sam, und Marc, und Maggy, und Marco, und Fernand .....?

Dunord Hagar
14. Oktober 2025 - 14.05

Aha, nach der Pandemienummer entpuppt sich die Paulette als Immobilienspezialist…

Grober J-P.
14. Oktober 2025 - 9.57

"Angesichts der anhaltenden Landknappheit" welche gewollt so gehalten wird.
Land ist noch genug da. Ist schon heftig, in den 80-gern bekam ich für 7,04 € 1 Quadratmeter Bauland, heute wäre das das 120-fache.
Hätte Kollege José zuhören sollen, alles verkaufen und mit ihm an den Douro ziehen. Er wollte sogar für mich den Dolmetscher spielen, vorerst.

Harry
14. Oktober 2025 - 8.58

Duerno laaberen an meckeren, wor jo och derbei,ower null
Resultat, schummen soll séch déi Madamm, huet ower leider
keng Hemmungen.