Samstag27. Dezember 2025

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DeutschlandSozialpartner gehen bei Bürgergeld-Reform auf Konfrontationskurs

Deutschland / Sozialpartner gehen bei Bürgergeld-Reform auf Konfrontationskurs
Bärbel Bas (SPD), Ministerin für Arbeit und Soziales und SPD-Parteivorsitzende Foto: Kay Nietfeld/dpa

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Gewerkschafts-Chefin Fahimi warnt wegen der geplanten Änderungen beim Bürgergeld und weiterer Sozialreformen vor einem „gesellschaftlichen Großkonflikt“. Die Arbeitgeber halten dagegen – und Sozialministerin Bas geht weitere Schritte, um Missbrauch zu bekämpfen.

Die von Union und SPD geplante Bürgergeld-Reform hat bei den Sozialpartnern eine heftige Kontroverse ausgelöst: Während Gewerkschaften massiven Widerstand ankündigten, stärkten Arbeitgebervertreter der Regierung den Rücken und bezeichneten die Gewerkschaftskritik als ideologiegetrieben.

Sozialministerin Bärbel Bas (SPD) kündigte derweil eine weitere Änderung an: Sie werde einen „kommunalen Quadratmeterdeckel“ bei der Berechnung der Kosten der Unterkunft für die Bürgergeld-Bezieher vorschlagen, sagte sie der Bild am Sonntag. Der Staat soll demnach künftig nur noch Kaltmieten bis zu einem festgelegten Quadratmeterpreis übernehmen. Bas will so den bandenmäßigen Missbrauch beim Bürgergeld effektiver bekämpfen.

Union und SPD hatten sich vergangene Woche geeinigt, die Sanktionsregeln gegen Bürgergeld-Bezieher zu verschärfen, die sich nicht an ihre Mitwirkungspflichten halten. Ab dem vierten Meldeversäumnis und wiederholter Nicht-Annahme eines Jobangebots soll die Leistung komplett gestrichen werden können. Zudem soll der Vermittlungsvorrang wieder eingeführt und ein Job-Angebot in der Regel sofort angenommen werden müssen. Beim Bürgergeld wurde der Vorrang ausgesetzt, um Betroffenen ohne Berufsausbildung etwa eine Nachqualifizierung zu ermöglichen.

„Sozialer Kahlschlag“

Die Chefin des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Yasmin Fahimi, und andere Gewerkschaftschefs hatten massiven Widerstand gegen die Pläne angekündigt. „Diese Debatten über sozialen Kahlschlag müssen aufhören“, sagte Fahimi dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Sie sprach von einer verfehlten Politik. „Wir sind mitten in einer der größten wirtschaftlichen Stagnationsphasen seit Dekaden, aber wir diskutieren vor allem über Bürgergeld und Kürzungen im Sozialsystem.“ Die Bundesregierung setze hier „einen völlig falschen Fokus“. Die Sanktionen beträfen nur 0,6 Prozent der Bürgergeld-Bezieher. Es werde so getan, als könnten von Kürzungen im Sozialstaat Wachstumsimpulse ausgehen. Das sei nicht der Fall.

Sie warnte vor einem „gesellschaftlichen Großkonflikt“ wegen der Sozialreformen und vor einer „Spaltung der Gesellschaft“. Fahimi drohte Unternehmen mit massiven Streiks, um der aktuell vorherrschenden „neoliberalen Marktpolitik“ von Unternehmen zu begegnen.

Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall wies die massive Kritik der Gewerkschaften zurück. „Die Koalition hat mit der sehr schnellen Einigung über die Abschaffung des völlig gescheiterten Bürgergeldes Entschlossenheit, Mut und Stärke bewiesen“, sagte Hauptgeschäftsführer Oliver Zander unserer Redaktion. „Die Entschlossenheit, die absolut notwendige Reform anzugehen, den Mut, sich nicht von quasi sozialreaktionären, ideologischen Haltungen bei Gewerkschaften und NGOs abschrecken zu lassen“, sagte er.

Wenn Kritiker mit Verfassungsklagen gegen die härteren Sanktionsregeln drohten, „geben sie keine Antwort auf die Frage, warum die Gesellschaft mit Menschen solidarisch sein muss, die zwar Leistungen beanspruchen, aber ihre gesetzlichen Mitwirkungspflichten nicht einhalten“, sagte er. Wichtig sei zudem, dass die Aufnahme von Arbeit wieder viel stärker im Fokus stehe.

Arbeitsministerin Bas kündigte an, sie wolle im Rahmen der Bürgergeld-Reform auch schärfer gegen organisierten Sozialbetrug mit Schrottimmobilien vorgehen. Sie werde dafür einen „kommunalen Quadratmeterdeckel“ vorschlagen, sagte Bas. Der Hintergrund sind Vorwürfe, wonach organisierte Banden gezielt Sozialleistungsbezieher vor allem aus Südosteuropa in heruntergekommene Gebäude einquartieren, um maximalen Gewinn aus Mietzahlungen des Jobcenters zu schlagen. Die Menschen wohnen in großen Gruppen in Wohnungen, dennoch werden für sie Single-Wohnungsgrößen beim Sozialamt angegeben. Dadurch erzielen die Banden hohe Mieteinkünfte. Mit einem Quadratmeterdeckel könnte dies unterbunden werden. Für die zulässige monatliche Kaltmiete insgesamt gibt es bereits regionale Obergrenzen in den Kommunen.