Halleluja – damit hatte Anne Klein am Donnerstag das Publikum der diesjährigen Verleihung der „Lëtzebuerger Bünepräisser“ begrüßt. Die Schauspielerin führte in gewohnt humorvoller Weise durchs Programm im Merscher Theater. Nachdem sich Theaterleiter Claude Mangen noch kurzgehalten hatte, sparten Merschs Bürgermeister Michel Malherbe und Kulturminister Eric Thill nicht mit Worten.
Die Verleihung begann schließlich mit der Kategorie „Nowuesstalent“, die Antoine Pohu gewann. Der 26-Jährige, der abwechselnd in Luxemburg und Brüssel lebt, hat sich für die musikalische Lesung „Pandora“ um eine Frittenbude gleichen Namens mit dem Jazzpianisten Arthur Possing zusammengetan. Das Stück war am Merscher Theater zu sehen. In „Spring Awakenings“ nach Frank Wedekind hat er zusammen mit der Regisseurin Anne Simon einen mehrsprachigen Theaterabend entwickelt und dabei Wedekinds Text von 1891 mit neuen Passagen verflochten. Laudatorin Anne-Marie Reuter hob den „subtilen, sensiblen und intimen Ansatz“ des jungen Schriftstellers hervor.
In der Kategorie „Bescht Kanner- a Jugendproduktioun“ war „Julie an den Aprikosejong“ unter der Regie von Daliah Kentges erfolgreich, das auf der Bühne des Théâtre du Centaure gezeigt wurde. Hierzu sagte die Theaterpädagogin Mirka Costanzi, die die Laudatio hielt: „Dieses Werk zeigt, welche Kraft ein kleines Team, das mit Liebe und Engagement zusammenarbeitet, einer auf den ersten Blick einfachen Geschichte verleihen kann.“ Das Stück nach dem Text von Cosimo Suglia war Kentges’ erstes, das sie für Kinder inszenierte. „Echte Theaterpoesie“, lobte Costanzi.
Vor und hinter der Bühne
In der Kategorie „Hannert der Bün“ lag Bühnenbildner Christian Klein vorn. „Sei es die Härte und Kälte eines Gerichtssaals im Théâtre du Centaure für ‚Prima Facie‘ oder die große, graue, anonyme Wand des Studios des Grand Théâtre für ‚Elena‘, die Jury zeigte sich von Kleins Arbeit beeindruckt“, erklärte Joë Seiler, der die Laudatio hielt. Es gehe ihm darum, die Voraussetzung dafür zu schaffen, dass die anderen Bühnenschaffenden seine Räume mit Leben füllen können.

Es folgte William Cardoso, der per Video zugeschaltet war und sich als „einer der einzigartigsten Choreografen“ der jungen luxemburgischen Kreativszene hervortut. Er entschied die Kategorie „Op der Bün: Text, Konzept, Choreografie a Regie“ für sich. „Seine Stücke beeindrucken durch eine seltene körperliche und emotionale Intensität“, sagte Andreas Wagner in der Lobrede. Auf der Bühne würden die Körper zu Schauplätzen des Kampfes und der Begierde, zu Orten, an denen Verletzlichkeit und Kraft aufeinandertreffen, an denen das Intime auf das Universelle trifft. Sein Tanz sei zugleich roh, sinnlich und zutiefst menschlich. Die Jury war beeindruckt von der Kraft seiner Gestik, der Aufrichtigkeit, die sein Werk durchzieht, wie „Baby“ und „Angriff“, und seiner Art, Verletzungen in kreative Energie umzuwandeln. Mit seiner sensiblen und kompromisslosen choreografischen Sprache schaffe William Cardoso Freiräume, in denen Zerbrechlichkeit keine Schwäche mehr ist, sondern eine Stärke.
Apropos Tanz: Der „Lëtzebuerger Danzpräis“ ging an Christiane Eiffes, die gestand, dass ihr die Worte fehlten. Als Professorin am Konservatorium der Stadt Luxemburg hat sie ihr Wissen und ihre Begeisterung an Generationen von Schülern weitergegeben und sich gleichzeitig dafür eingesetzt, dass der zeitgenössische Tanz endlich seinen Platz in der Kulturlandschaft des Landes findet. Und sie hat den Verein „Théâtre dansé et muet“ mitgegründet, aus dem das Trois C-L hervorging, das dieses Jahr 30-jähriges Bestehen feiert.
„Kontrollierte Intensität“
Als beste Produktion wurde das Stück „Les Glaces“ von Rebecca Déraspe unter der Regie von Sophie Langevin ausgezeichnet. Darin würden „die intimen Verletzungen und kollektiven Herausforderungen unserer heutigen Gesellschaft“ beleuchtet, so die Jurybegründung. Mit einem nüchternen und fragmentarischen Schreibstil hinterfrage die Autorin Vergewaltigung, Einwilligung, Schweigen und die Erinnerung an Traumata. Dazu die schlichte Inszenierung von Sophie Langevin, die den Reichtum des Textes voll zur Geltung bringe. In der Inszenierung spielen Julien Duval, Thomas Gourdy, Lydia Indjova, Francesco Mormino, Juliette Moro, Renelde Pierlot und Amandine Truffy mit „kontrollierter Intensität“, so Trausch. Jeder Darsteller lasse durch sein minimalistisches Spiel und seine Körperhaltung die Schwere der sexuellen Aggression und des daraus resultierenden Traumas spüren.
Die schlichte Bühnenbildgestaltung von Peggy Wurth suggeriere eine innere Landschaft und lasse Raum für das Gesprochene. Die Beleuchtung von Jef Metten und Live-Videoaufnahmen von Jonathan Christoph vermitteln und verstärken die Gemütszustände der Figuren, während die von Rozenn Lièvre geschaffene Klangwelt die Stille und dramatische Intensität begleitet und verstärkt. „Les Glaces“, vom Escher Theater und von Junctio mit Unterstützung des Kulturministeriums koproduzierte Inszenierung, verkörpere zeitgenössische Theaterkunst auf höchstem Niveau.

„Solide, komplex, bewegend“ – so formulierte es Tageblatt-Journalistin Isabel Spigarelli in ihrer Laudatio über Céline Camara, die Gewinnerin in der Kategorie „Op der Bün: Schauspill, Danz & Musek“. Ihre Leistung in „Prima Facie“ von Marja-Leena Junker sei bemerkenswert. So war die Jury beeindruckt von Camaras Vielseitigkeit auf engstem Raum. „Sie trägt den bewegenden Text der australischen Autorin Suzie Miller und macht ihn zu einem erschütternden Erlebnis“, sagte die Laudatorin. „Eine beeindruckende One-Woman-Show, in der sie von der Rolle der hartnäckigen Anwältin zu der einer verletzlichen Überlebenden sexueller Gewalt wechselt, um sich plötzlich vor Gericht in der Position der Klägerin wiederzufinden.“
… immer ein Kind geblieben, das spielen will …
Mit dem Nachwuchs sei die Preisverleihung eröffnet worden, „mit dem Gegenteil hören wir auf“, so Anne Klein. Wenn es darum geht, die Bühne mit Leben zu füllen, ist Frank Hoffmann ein wahrer Meister und einer der erfahrensten Theatermacher des Landes – und der „Theaterpräis“ für das Lebenswerk ging an ihn. Der Regisseur und Direktor des „Théâtre national du Luxembourg“ (TNL) habe maßgeblich zur Entwicklung des luxemburgischen Theaters beigetragen und es auf die internationale Kunstszene gebracht, indem er die Standards der zeitgenössischen Inszenierung eingeführt und das Theaterspiel dank mehrsprachiger und multikultureller Ensembles auf ein neues Niveau gehoben hat, sagte Laudator Frank Wagner. Hoffmann sei das Kunststück gelungen, Luxemburg zu einem Ort kreativer Produktion zeitgenössischen Theaters zu machen, der international anerkannt ist und Ausstrahlung hat.
Der Regisseur ist untrennbar mit dem TNL verbunden, das er vor 30 Jahren zusammen mit Jean Flammang, Charles Horsburgh, Camille Kerger und Olivier Ortolani ins Leben gerufen und von einem privaten Verein in eine öffentliche Einrichtung verwandelt hat. Nicht zu vergessen sei seine internationale Karriere. So hat Hoffmann unter anderem zehn Jahre lang die Ruhrfestspiele in Recklinghausen geleitet. Er sagte in seiner Dankesrede, er sei „immer ein Kind geblieben, das spielen will“ – um die Bühne mit Leben zu füllen und daraus Theaterträume zu machen.
De Maart

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