Sonntag21. Dezember 2025

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Encore!Happy Birthday: Rockhal feiert zwanzig Jahre Musikgeschichte in einer Nacht

Encore! / Happy Birthday: Rockhal feiert zwanzig Jahre Musikgeschichte in einer Nacht
Am Anfang war der Knall Foto: Editpress/Georges Noesen

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Die Lichter gehen aus, ein dumpfer Bass rollt durch die Halle. Kulturminister Eric Thill, Rockhal-Direktor Olivier Toth und Verwaltungsratchef Luc Henzig treten ans Mikrofon, wünschen der Rockhal alles Gute zum Geburtstag. Und dann explodiert die Bühne – buchstäblich: Feuerfontänen, ein imposantes Indoor-Feuerwerk, Trommelwirbel, die House Band setzt ein. „Let the show begin.“

Als die Rockhal am 23. September 2005 mit einem Konzert von The Prodigy ihre Türen öffnete, war sie das erste große Symbol für den Wandel von Belval: vom rostigen Industrieareal zum kulturellen Herzstück des Landes. Zwanzig Jahre später ist die Halle längst mehr als nur ein Konzertort. Sie ist ein ökosystemischer Knotenpunkt für Musiker*innen, Bands und Produzent*innen aus Luxemburg und der Großregion, ein Ort, an dem Karrieren beginnen, Erinnerungen entstehen und Generationen aufeinandertreffen.

Die Rockhal hat uns von Anfang an begleitet. Wir waren gefühlt ständig Vorband – und genau davon haben wir gelebt und gelernt.

Dave Schmit & Joe Koener, Eternal Tango

Die Bühne steht am gestrigen Abend nicht wie gewohnt am Ende des Saals, sondern mitten im Raum, flankiert von zwei Tribünen. Das Publikum drängt von allen Seiten, die Bands bespielen 360 Grad. Rund 3.500 Tickets wurden vergeben, doch voll war die Halle nicht. Vielleicht lag es am Regen, vielleicht daran, dass es ein Mittwoch war, vielleicht auch daran, dass die Tickets gratis waren. Doch wer da ist, erlebt einen außergewöhnlichen Abend.

Die Idee ist einfach: ENCORE! ist ein kostenloser, kuratierter Streifzug durch zwei Jahrzehnte Luxemburger Pop‑, Rock‑, Hip‑Hop‑ und Experimentalmusik. Fünf Blöcke, zwei Stunden, jeweils ein Song pro Act – getragen von einer 18‑köpfigen House‑Band aus Szenegrößen wie Remo Cavallini, Jérôme Klein, John Wolter, Nadja Prange oder Daniel Migliosi. Dazwischen: Duette, Covers, unerwartete Reunions. Moderator Bob Konsbruck hält den Puls, ohne sich vorzudrängen.

Gleich zu Beginn treten Gruppen auf, die es längst nicht mehr gibt. Joëlle Gelhausen von Angel at my Table singt „City Romance“ mit der House Band, Miaow Miaow tauchen noch einmal auf, INBORN!, und Pascal Useldinger erinnert an Babyoil. Doch nicht nur vergangener Bands, die die Rockhal und Luxemburger Musikszene geprägt haben, wird an diesem Abend gedacht. Namen und Bilder dieser Menschen werden auf großen Bildschirmen eingeblendet. Kein Innehalten, sondern ein lautes, kollektives „Merci“.

Respekt statt Ego

Dream-Catcher-Sänger John Rech zeigt einmal mehr, wie sehr er sich auf der Bühne zu Hause fühlt. Später beschreibt er den Abend als eine Art Klassentreffen: „Es war so etwas wie ein genial großes Wiedersehen. Und das Schönste war: Es gab keinen Ego-Kampf. Im Gegenteil. Jeder hat dem anderen auf die Schulter geklopft, Danke gesagt, gratuliert. Für mich war das hier einer der schönsten Momente meiner Karriere.“ Für ihn ist der Abend ein Spiegelbild der Szene: bunt, respektvoll, inspirierend.

Jeder hat dem anderen auf die Schulter geklopft, Danke gesagt, gratuliert. Für mich war das hier einer der schönsten Momente meiner Karriere.

John Rech, Dream Catcher

Auch für Mutiny on the Bounty war es ein Moment voller Erinnerungen. Die Band existiert seit 2004, länger als die Rockhal selbst. Gitarrist Nicolas Przeor erzählt: „Es ist schön, so viele Freunde wiederzusehen. Und ja, das Ganze hat etwas sehr Nostalgisches.“ Einige ihrer ersten Konzerte fanden hier statt. Zwanzig Jahre später wieder auf dieser Bühne zu stehen, fühlt sich für ihn an wie ein Kreis, der sich schließt.

Zwischen den Rückkehrern treten auch neue Stimmen auf. Hannah Ida, die gemeinsam mit Georges Goerens von Seed to Tree performte, beschreibt den Abend für sich als einen persönlichen Meilenstein. „Die Rockhal war der Ort, an dem ich zum ersten Mal ein richtig großes Konzert erlebt habe. Ich war elf und wir haben Lana Del Rey gesehen. Damals hätte ich mir nie vorstellen können, dass ich eines Tages selbst auf dieser Bühne stehen würde.“ Nun dort zu stehen, empfindet sie als beinahe surreal. „Ich bin in Esch aufgewachsen, die Rockhal war immer in meiner Nähe. Hier spielen zu dürfen ist eine Ehre.“

Der Abend steigert sich Block für Block. Porn Queen, Maz Univerze, Sun Glitters, Chaild. Hip-Hop von L.I.L Star, der das Publikum mitreißt. Schließlich De Läb, die mit ihrem „Läbdance“ die Stimmung zum Überkochen bringen. „Allez Hänn an d’Luucht a weist mer wannechgelift är Hoer“, rufen sie, ein Kommando, das ohne Zögern kollektiv ausgeführt wird.

Rückkehr einer Legende

Das große Finale gehört Eternal Tango. Die Band, die 2019 zuletzt beim Food for Your Senses-Festival gespielt hatte, ist für diesen Abend wieder komplett zusammengekommen. „Die Rockhal hat uns gefragt – und wir haben sofort zugesagt“, erzählt Dave Schmit. „Am Anfang war ich nicht sicher, ob wirklich alle Zeit hätten – wir leben ja inzwischen über die ganze Welt verstreut. Aber alle wollten unbedingt dabei sein.“

Doch wie war es, nach all den Jahren wieder gemeinsam auf der Bühne zu stehen? „Das kam mehr oder weniger ganz von selbst“, meint Joe Koener. „Wir haben damals fünf Jahre lang als Band gelebt – oder besser gesagt: überlebt. Getourt, gespielt, manchmal bis zu 90 Konzerte im Jahr. Diese Songs sitzen noch tief im Gedächtnis.“

Und wie sieht’s mit der Zukunft aus? „Wir sind Opportunisten“, sagt Schmit offen. „Wenn etwas unseren Weg kreuzt und es für uns alle Sinn ergibt – dann sagen wir sicher nicht nein.“ Die gemeinsame Präsenz war auf jeden Fall da – ob und wann sie wiederkehrt, entscheidet der nächste Impuls.

Für Eternal Tango war es jedoch vor allem ein Wiedersehen mit alten Weggefährten, ein Zurückkehren an den Ort, an dem sie als junge Band unzählige Male auf der Bühne standen. „Die Rockhal hat uns von Anfang an begleitet. Wir waren gefühlt ständig Vorband – und genau davon haben wir gelebt und gelernt“, erinnert sich Dave Schmit. „Die Rockhal hat uns von Anfang an unterstützt. Deshalb war es für uns auch eine Gelegenheit, Danke zu sagen.“

Und tatsächlich: Als die ersten Riffs von „Golden City“ erklingen, explodiert die Stimmung. Pyro, goldener Konfettiregen, ein Chor aus Hunderten Stimmen. Nach und nach steigen alle Musikerinnen und Musiker des Abends auf die Bühne, es wird gesungen, geklatscht, umarmt.

Happy Birthday, Rockhal!