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Jubiläum40 Jahre ProVelo: Keine Rast bis „Vision Zero“

Jubiläum / 40 Jahre ProVelo: Keine Rast bis „Vision Zero“
Zahlreiche Fahrrad-Enthusiasten hatten sich zum Geburtstag des Vereins im Festsaal des Ariston versammelt Foto: Laura Tomassini

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40 Jahre „ProVelo“, dies durfte am vergangenen Mittwoch im Ariston gefeiert werden. Doch für die Fahrradaktivisten ist noch lange nicht Schluss, denn auch wenn die Liste der Vereinserfolge lang scheint: Luft nach oben bleibt auf Luxemburgs Straßen allemal.

Vereinspräsidentin Monique Goldschmit
Vereinspräsidentin Monique Goldschmit Foto: Laura Tomassini

„Als ich als Präsidentin bei ProVelo anfing, dachte ich, es wäre nur für fünf Jahre und dann würde man unsere Initiative sicherlich nicht mehr brauchen. Nun bin ich mir aber sicher, dass nach mir auch noch drei, vier weitere Präsidenten kommen werden, denn unsere Arbeit ist noch längst nicht getan.“ Mit etwas Sarkasmus, viel Leidenschaft und vor allem einer ordentlichen Portion Stolz blickte Monique Goldschmit am vergangenen Mittwochabend zurück auf 40 Jahre „ProVelo“. Zahlreiche Vereinsmitglieder, Radfahrer und der ein oder andere Politiker hatten sich im Escher Ariston eingefunden, um das Jubiläum der aus einer Demonstration entstandenen, ehemaligen „Lëtzebuerger Vëlos-Initiativ“ zu feiern.

Das Engagement sei auch nach 40 Jahren noch nicht überflüssig, so Goldschmit, die das Wort zügig an Meris Sehovic („déi gréng“) abgab. „Das Fahrrad ist und war stets mehr als nur ein Mittel, um von A nach B zu gelangen. Es ist ein Symbol der Freiheit, eine emanzipatorische Kraft“, so de Escher Mobilitätsschöffe. Bereits im 19. Jahrhundert habe das Rad den Frauenrechtsaktivistinnen der Suffragetten als Transportmittel von Informationen und zu Demonstrationen gedient, später dann der Arbeiterbewegung. Mit der Gründung der „Lëtzebuerger Vëlos-Initiativ“ haben in Luxemburg nicht nur Radfahrer eine Stimme erhalten, „ProVelo ist ein wahres Labor der Mobilität von morgen“, so Sehovic.

Unser Ziel ist es, 20 Kilometer Fahrradwege pro Jahr zu bauen, darunter auch weitere farblich abgegrenzte Radwege

Yuriko Backes, Verkehrsministerin

Enge Zusammenarbeit mit dem Staat

Verkehrsministerin Yuriko Backes gratulierte dem Verein
Verkehrsministerin Yuriko Backes gratulierte dem Verein Foto: Laura Tomassini

Auch Verkehrsministerin Yuriko Backes lobte das Engagement des Vereins, durch dessen Forderungen und Kritik bereits vieles in puncto „Mobilité douce“ erreicht werden konnte. „Unser Ziel ist es, 20 Kilometer Fahrradwege pro Jahr zu bauen, darunter auch weitere farblich abgegrenzte Radwege, auch wenn dies nicht im Koalitionsvertrag steht“, betonte die Ministerin. Noch vor ein paar Jahren hätte man jene, die mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren, als „Exoten“ belächelt. Heute habe sich dies geändert, denn auch wenn es noch viele Baustellen gebe, erfreue man sich doch einer konstruktiven Zusammenarbeit mit ProVelo.

Der Verein, so die Präsidentin während des offiziellen Rückblicks, professionalisierte sich 2010 mit der Einstellung der ersten Mitarbeiterin, „um auch an Meetings mit dem Ministerium dabei sein zu können, die vor 17 Uhr und dann, wenn alle Nicht-Staatsbeamten noch arbeiten, stattfinden“. Heute zählt ProVelo, das zum eigenen 35-jährigen Jubiläum seinen Namen änderte, insgesamt vier Festangestellte, und auch wenn sich auf Luxemburgs Straßen so manches geändert hat, bleibt die Kernbotschaft dieselbe: „Überall dort, wo jene, die Fahrrad fahren wollen, auf dem Rad unterwegs sind, sollen sie es auch in Sicherheit tun können“, so die Präsidentin.

Man habe zahlreiche Demonstrationen organisiert, Visionen veröffentlicht und die ein oder andere Protestaktion organisiert, die zu konkreten Änderungen führte. So schleppten Mitglieder des Vereins einst mühselig ein Mountainbike über die „Passerelle olympique“ des Kirchbergs, um auf deren Unvereinbarkeit mit allem, was Räder trägt, hinzuweisen. Kurz danach wurde die Fußgängerbrücke durch einen radfreundlicheren Zebrastreifen ergänzt. Auch erreichte das manuelle Erfassen von Radfahrern an ausgewählten Stellen die Errichtung von elektronischen Zählern, die heute wertvolle Statistiken liefern, weitere Beratung durch ProVelo führte zudem zum Bau der Fahrradbrücke unter der städtischen Adolphe-Brücke sowie der „roten Radpiste“ in Esch.

Für eine Neuaufteilung des öffentlichen Raums

„Wir haben einen langen Atem und irgendwann werden wir ebenfalls ein ,Centre du cycle‘ erhalten“, meinte Goldschmit mit einem Lächeln an die anwesenden Politiker. ProVelo habe zusammen mit Gemeinden Radwegenetze ausgearbeitet, Radkonzepte sowie -verleih für Städte designt und 2008 im Schnee das Vel’OH!-System auf dem Knuedler eingeweiht. Die Liste von allem, was durch das Engagement des Vereins beeinflusst wurde, könnte man hier noch ewig weiterführen, denn „Vëloschoul“, Radwegekarten und Kampagnen wie „GoGoVëlo“ (bis 2024 „Mam Vëlo op d’Schaff oder an d’Schoul“) sowie „Bed+Bike“, an dem mittlerweile 88 Betriebe teilnehmen, waren nur einige der Highlights, auf die am Mittwoch zurückgeblickt wurde.

Wir verfolgen eine klare ,Vision Zero‘, also dass es keine Verkehrstote mehr geben soll, und dafür brauchen wir eine sichere und getrennte Infrastruktur

Monique Goldschmit, Präsidentin ProVelo

„Es ist viel geschehen und jemand, der zehn Jahre nicht hier war, wird sich wundern, aber es bleibt auch noch vieles zu tun“, erklärte Goldschmit gegenüber dem Tageblatt. Eine absolute Priorität sei die Schließung der Lücken im nationalen Radwegenetz, betonte die Vereinspräsidentin: „Wir verfolgen eine klare ,Vision Zero‘, also dass es keine Verkehrstote mehr geben soll, und dafür brauchen wir eine sichere und getrennte Infrastruktur.“ Alles, was bis dato relativ leicht umsetzbar war, wurde grosso modo auch umgesetzt, nun gehe es an die Essenz: „Wir brauchen eine Neuaufteilung des Raums. Statt Straßen zu bauen, die erst Autos, dann Bussen und dann eventuell noch einem Radweg Platz bieten, muss umgekehrt gedacht werden. Dies bedeutet nicht, dass jeder nur noch Rad fahren muss, sondern dass all jene, die es wollen, auch die Möglichkeit erhalten.“

ProVelo setze sich dafür ein, in eine andere Art der Mobilität zu investieren – „für jeden Weg die richtige Wahl“, so die Devise von Goldschmit, die selbst seit über acht Jahren quasi nur noch mit dem Rad fährt und ihre Einstellung nicht nur mit den rund 1.850 Mitgliedern von ProVelo teilt. Pünktlich zum eigenen Geburtstag und zur European Mobility Week wird am Sonntag deshalb nochmals das Rad gefeiert, und zwar beim „FestiVëlo Bike Festival“ von 10 bis 18 Uhr bei der „Gëlle Fra“.

Kim
21. September 2025 - 17.57

@Jemp / Ganz genau, 100% einverstanden.

Jemp
21. September 2025 - 17.13

"Wir verfolgen eine klare ,Vision Zero‘, also dass es keine Verkehrstote mehr geben soll, und dafür brauchen wir eine sichere und getrennte Infrastruktur."
Die Dame hat anscheinend keine Ahnung davon, wieviele Fahrradfahrer Unfaelle bauen, auch ohne dass irgendein Auto etwas damit zu tun hat. Sie scheint auch voellig zu vergessen, dass Unfaelle von Fahrraedern, an denen Autos beteiligt sind, sehr oft vom Fehlverhalten des Fahrradfahrers verursacht werden. Wer kennt sie nicht, die Fahrraeder die durch rot fahran, die Fahrradrowdys, die ueber den Buergersteig rasen, die Hobbyschlecks, die zu dritt nebeneinander fahren, die Fahrradaktivisten, die absichtlich den Verkehr behindern? In einem Punkt hat die Dame jedoch trotzdem recht: Der Fahrradverkehr muss vom Autoverkehr getrennt werden, ... am besten, indem man das Fahrradfahren auf den meisten Strassen verbietet, zumindest auf denen, wo auch Busse, Lastwagen und Traktoren fahren.