Luxemburg wächst. Wirtschaftlich und demografisch. Allein in den vergangenen fünf Jahren ist die Bevölkerungszahl laut dem Statistikamt Statec um rund neun Prozent auf 681.973 gestiegen. Während die Gemeinde Weiswampach im Vergleich zu 2020 um 30,82 Prozent gewachsen ist und mit Abstand die größte Entwicklung aufzuweisen hat, bildet Betzdorf mit -0,54 Prozent das Schlusslicht. Mehr noch: Betzdorf ist die einzige Gemeinde im Land, deren Einwohnerzahl seit Jahren rückläufig ist. Derzeit leben 4.071 Einwohner in der Kommune, die sich aus den fünf Ortschaften Berg, Betzdorf, Olingen, Roodt-Syr und Mensdorf zusammensetzt.
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Laut Bürgermeister Marc Ries (CSV) gibt es mehrere Ursachen für diese Entwicklung. Im Gespräch mit dem Tageblatt verweist er zum einen auf das Gemeindeverzeichnis, welches während der Corona-Pandemie „gebotzt“ wurde: „Dat geet op Basis vun engem Verdacht. Mir si jo keng riseg Gemeng an d’Leit kenne sech e bëssen. Et gesäit ee, wien do ugemellt ass, an da geet d’Police kucken, ob déi Leit tatsächlech do wunnen.“
Wenn die polizeiliche Untersuchung ergab, dass die angemeldete Person nicht mehr an ihrer Adresse lebte, wurde sie von der Gemeinde abgemeldet. Auf die Art wurden laut Bürgermeister Ries 60 bis 70 Personen aus dem Gemeindeverzeichnis gestrichen. Es handelte sich dabei zum Beispiel um ausländische Arbeitskräfte, die bei Bauern angemeldet waren und nicht ordnungsgemäß abgemeldet wurden, als sie wieder ins Ausland abreisten.

Wachstumsstopp
Zum anderen sieht Ries den Hauptgrund für die aktuelle Wachstumsflaute in der Entwicklung der Vergangenheit: „Rued-Sir ass dat Duerf, dat an deene leschten 30 Joer am zweetmeeschte gewuess ass hei zu Lëtzebuerg.“ Tatsächlich hat sich die Einwohnerzahl von Betzdorf in den vergangenen 30 Jahren von 2.123 auf 4.071 nahezu verdoppelt. Seit 1995 ist die Gemeinde um 91,8 Prozent gewachsen. Zum Vergleich: Im selben Zeitraum ist die Bevölkerungszahl im Großherzogtum um 67,8 Prozent gestiegen.
Diese Entwicklung hat Ries zufolge dazu geführt, dass die politischen Entscheidungsträger der früheren Koalition aus „déi gréng“ und DP die Reißleine gezogen haben: „2011 ass vum deemolege Schäfferot entscheet ginn: ‚Mir wëllen net méi wuessen’. Et ass sechs Joer laang eng Politik gemaach ginn, fir net ze wuessen.“ Demzufolge seien in diesem Zeitraum kaum Teilbebauungspläne (PAP) gestimmt worden.

Um die Jahrtausendwende zogen überwiegend junge Menschen nach Betzdorf. Die Gemeinde ist vergleichsweise gut an den öffentlichen Verkehr und wichtige Verkehrsachsen angebunden. Das Zentrum von Luxemburg-Stadt ist sowohl mit dem Auto als auch mit dem Zug in weniger als 30 Minuten zu erreichen. „Wann een déi Citéë kuckt, déi an den 90er entstane sinn: Déi Leit hunn déi Haiser kaaft mat 30 oder 40. Déi sinn haut alleguer ufanks 70. A wann ech driwwer nodenken, ass dat och d’Realitéit an deene Citéen“, sagt Ries.
Die alternde Gemeinde
Im Jahr 2009 lag der Altersdurchschnitt in Betzdorf mit 35,1 noch drei Jahre unter dem nationalen Durchschnitt. Heute liegen beide Mittelwerte mit ca. 40 Jahren etwa gleichauf. Das deutet darauf hin, dass überwiegend jüngere Personen, beispielsweise Studierende, Betzdorf in der Zwischenzeit wieder verlassen haben. „Et kann natierlech och e Phänomen sinn, well et deier ass, fir hei ze wunnen. D’Kanner plënnere fort an d’Eltere bleiwen iwwreg.“
Ein weiteres Indiz für die Abreise von jungen Menschen ist die Entwicklung der Haushalte. „Interessant ass, dass d’Zuel vun de Stéit an d’Luucht gaangen ass“, bemerkt Bürgermeister Ries. Es gibt demnach mehr, aber dafür kleinere Haushalte. Im Jahr 2021 wohnten in Betzdorf vergleichsweise viele Paare mit Kindern. Die Zahl der Haushalte mit Kindern und Jugendlichen unter 25 Jahren übertraf den nationalen Durchschnitt teilweise um 13 Prozent. Gleichzeitig ist der Altersdurchschnitt seit 2021 sprunghaft angestiegen.
Nach den Gemeindewahlen im Oktober 2017 wurde Marc Ries Mitglied im Schöffenrat. Heute gibt er an, mit dem damaligen Bürgermeister Jean-François Wirtz (LSAP) den Weg für eine neue Wohnungspolitik vorbereitet zu haben. Mit neuen Wohnprojekten und bezahlbarem Wohnraum will die Gemeinde junge Menschen zurückholen und das Wachstum wieder ankurbeln: „Mir hu sämtlech Terrainen, déi mir als Gemeng haten, lotisséiert. Mir hunn eis al Schoulen ofgerappt. Zu Menster sinn 21 Logementer dorop entstanen. Dat ass alles abordabele Logement. Zu Betzder sinn 32 Wunnengen, déi d’nächst Joer fäerdeg ginn.“
Knapp hundert weitere Wohnungen seien in Planung und weitere würden folgen, versichert Ries. Er ist überzeugt, dass Betzdorf die Kehrtwende erreicht hat.
De Maart

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