Freitag7. November 2025

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GroßbritannienDonald Trump kommt zum zweiten Staatsbesuch

Großbritannien / Donald Trump kommt zum zweiten Staatsbesuch
Auf dem Weg zum Schloss Windsor haben Aktivisten eine Art Fan-Poster ausgerollt, das den Sexualverbrecher Jeffrey Epstein und Donald Trump einträchtig zusammen zeigt Foto: Everyone Hates Elon/AFP

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Seit Tagen sind amerikanische Militärhubschrauber zu Probeflügen unterwegs, auf Schloss Windsor werden die Pferde gestriegelt, die Gegendemonstranten entstauben ihre Protestplakate – der knapp 48-stündige zweite Staatsbesuch des US-Präsidenten Donald Trump hält den Großraum London in Atem.

Wie sieht der Zeitplan aus?

Air Force One landet am Dienstagabend auf britischem Boden, Marine One bringt Trump und seine Gefolgschaft in die Residenz Winfield House des amerikanischen Botschafters in Londons feinem Regent’s Park.

Der offizielle Teil des Besuchs beginnt am Mittwoch mit klingendem Spiel und Militärparade: Der Begrüßung des Präsidentenpaares durch König Charles III. und seine Gattin Camilla sowie das Kronprinzenpaar William und Kate auf Schloss Windsor folgt eine Kutschfahrt durch den umfangreichen Park. Abends speisen Besucher und Gastgeber gemeinsam beim feierlichen Staatsbankett im Prunksaal der Burg, deren Fundamente im elften Jahrhundert gelegt wurden.

Der Donnerstag steht im Zeichen politischer Gespräche auf dem Landsitz Chequers von Premierminister Keir Starmer inmitten der lieblichen Chilterns 60 Kilometer nordwestlich von London. Nach einer gemeinsamen Pressekonferenz macht sich die amerikanische Delegation am Abend wieder auf den Weg zurück über den Atlantik.

Was wünschen sich die Amerikaner?

Schöne Fernsehbilder. Deshalb hat der Palast 1.300 Soldaten und 120 Pferde aufgeboten, weit mehr als kürzlich für den französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Die Melodien der Militärkapellen werden kurzzeitig übertönt von einer Darbietung der Red Arrows, der Kunstflugstaffel der Royal Air Force.

Die rund siebenminütige Rede des britischen Staatsoberhauptes beim Staatsbankett hat eine Vielzahl von Versionen hinter sich, jeder Satz wird genau mit dem Foreign Office und der Downing Street vereinbart. Bei Trumps erstem Staatsbesuch im Juni 2019 hatte die Queen die Bedeutung jener internationalen Institutionen betont, zu deren Entstehung die anglo-amerikanischen Staaten nach dem Zweiten Weltkrieg entscheidend beitrugen. Gut möglich, dass Charles dem erratischen Regelbrecher auch diesmal die Vorzüge gemeinsamen globalen Handelns erläutert, zumal der König seit Jahrzehnten den Umweltschutz predigt und vor der Klimakrise warnt.

Allen inhaltlichen Meinungsverschiedenheiten zum Trotz scheinen sich die beiden älteren Herren – Charles ist 76, Trump steht im 80. Lebensjahr – zu mögen. Über den Inhalt von Trumps Gegenrede ließen die Amerikaner vorab nichts verlauten. Nervosität herrscht in der Downing Street über die vorab von Fox News verbreitete Aussicht, der Murdoch-Sender werde am Mittwochabend ein Interview mit Trump ausstrahlen. Ob er darin seinen Bewunderer Nigel Farage anpreist oder die angeblich fehlende Meinungsfreiheit auf der Insel anprangert?

Beschwichtigend beschreiben Mitarbeiter bei Hofe ihre Erfahrungen mit den Trumps als höfliche und zuvorkommende Besucher. Der Präsident gilt als Fan alles Royalen und hat sich immer wieder positiv über das Königreich geäußert. Diverse Aspekte des Menüs sollen auf Schottland verweisen: von der Isle of Lewis stammte Trumps Mutter, in Ayrshire besitzt er einen Luxus-Golfplatz.

Was erwarten die Briten?

Als Belohnung für seine Politik der Anbiederung und betonte Gesprächsbereitschaft hofft der innenpolitisch angeschlagene Regierungschef auf den Abschluss eines unterschriftsreifen Vertrags zur besseren Zusammenarbeit bei der Entwicklung neuer Technik, nicht zuletzt in Fragen der KI. Geplant ist auch eine Absichtserklärung, wonach die beiden Staaten den Bau von Mini-Atomreaktoren vorantreiben wollen.

Schon vorab feierte die Downing Street zugesagte Investitionen von US-Firmen in Milliardenhöhe. So plant Citibank die Ausweitung seiner Präsenz in London, Manchester und Belfast mit 1.800 zusätzlichen Jobs. Der Private-Equity-Gigant Blackstone will über die kommenden zehn Jahre 100 Milliarden in britische Firmen stecken. In Gesprächen zwischen den Finanzministern Rachel Reeves und ihrem US-Besucher Scott Bessent ging es am Dienstag um die Angleichung von Regeln für die beiden Finanzzentren London und New York.

Deutlich weniger Aussichten werden der erhofften Reduzierung der Trump-Zölle eingeräumt. Die Insel ist ohnehin vergleichsweise gut weggekommen, kämpft aber vor allem um die Befreiung der Stahlindustrie von der 25-Prozent-Abgabe. Auch soll schottischer Whisky von der geltenden Zehn-Prozent-Regel befreit werden.

Wie verhält sich die Gesellschaft?

Ablehnend. Nicht umsonst meidet das Besuchsprogramm die Hauptstadt so gut es geht. Umfragen zufolge haben lediglich 16 Prozent der Briten eine positive Meinung über den Berserker im Weißen Haus. Eilig verabschiedet sich das Unterhaus am Dienstagabend in vierwöchige Ferien, sodass eine Rede des Besuchers vor dem Parlament nicht infrage kommt. Der liberaldemokratische Parteichef Edward Davey hat seine Teilnahme am Staatsbankett mit Verweis auf Trumps Politik abgesagt.

Linke Gruppen, Öko-Aktivisten und Friedenskämpfer veranstalteten schon am Dienstagabend eine Protest-Demo in Windsor. Für Mittwoch rufen sie im Londoner Stadtzentrum zu einem Marsch mit anschließender Kundgebung „Trump not Welcome“ auf. Trump habe „das Vertrauen in Amerikas guten Willen, Urteilsvermögen und Verlässlichkeit zerstört“, schäumt der konservative Autor und Historiker Max Hastings in der Times. Mit seiner Gattin will der 79-Jährige zum ersten Mal seit 1968 wieder an einer Demo teilnehmen: am Protestmarsch gegen „den erbärmlichsten aller US-Präsidenten“.

Wird der tote Sexualverbrecher Jeffrey Epstein eine Rolle spielen?

Das unappetitliche Thema ist bei der Pressekonferenz am Donnerstag beinahe unvermeidlich, schließlich hat Starmer erst vergangene Woche den britischen Botschafter in Washington abberufen. Lord Peter Mandelson stand – wie auch Charles‘ Bruder Prinz Andrew – mit dem Strippenzieher und Finanzhai noch in Verbindung, nachdem dieser schon wegen Sexualdelikten eine Gefängnisstrafe abgesessen hatte. Zu Epsteins Kontakten zählte um die Jahrhundertwende auch Trump selbst; für Peinlichkeit ist also gesorgt.