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BrasilienEx-Präsident Bolsonaro: Rechtsextremer mit Unterstützung aus dem Weißen Haus

Brasilien / Ex-Präsident Bolsonaro: Rechtsextremer mit Unterstützung aus dem Weißen Haus
Das Haft-Urteil gegen den früheren Präsidenten Jair Bolsonaro wurde von vielen Menschen in Brasilien gefeiert Foto: Pablo Porciuncula/AFP

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Aus seiner Begeisterung für die Militärdiktatur in Brasilien machte der ehemalige Staatschef Jair Bolsonaro nie einen Hehl. Der „Fehler“ der Militärs, die von 1964 bis 1985 herrschten, war nach seiner Ansicht, dass sie ihre Gegner „folterten und nicht töteten“. Nach seiner Abwahl im Jahr 2022 habe Bolsonaro dann selbst eine Diktatur errichten wollen, warf ihm Verfassungsrichter Alexandre de Moraes vor.

Am Donnerstag fiel nun das Urteil des Obersten Gerichts gegen den 70-Jährigen: Mit den Stimmen von vier der fünf Richter befanden sie ihn für schuldig, nach seiner Wahlniederlage gegen den heutigen linksgerichteten Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva auf einen Staatsstreich hingearbeitet zu haben. Das Gericht verurteilte Bolsonaro zu 27 Jahren und drei Monaten Haft.

Die Anwälte des rechtsextremen Ex-Präsidenten kündigten daraufhin an, in Berufung zu gehen. Die Strafe sei „absurd überhöht und unverhältnismäßig“, erklärten sie. Die Verteidigung werde „entsprechende Rechtsmittel einlegen, auch auf internationaler Ebene“.

Bolsonaro ist der Anführer der Ultrarechten in Brasilien. Nach einer Amtszeit als Präsident verlor er die Wahl knapp gegen Lula. Die Richter sahen es nun als erwiesen an, dass Bolsonaro einen Staatsstreich plante, um sich an der Macht zu halten. Der Staatsanwaltschaft zufolge machte das Militär jedoch bei den Putschplänen nicht mit. Sie warf dem Ex-Präsidenten auch vor, er habe von Mordplänen gegen Lula sowie Richter Moraes gewusst.


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Bolsonaro streitet bis heute alle Vorwürfe ab und inszeniert sich als Opfer einer politischen Verfolgung. Am 8. Januar 2023 hatten Tausende seiner Anhänger das Regierungsviertel in Brasília gestürmt und schwere Verwüstungen angerichtet – die Szenen erinnerten an den Angriff von Trump-Gefolgsleuten auf das Kapitol in Washington zwei Jahre zuvor. Die Armee riefen die Randalierer damals zur Machtübernahme auf. Bolsonaro selbst hatte sich zu jenem Zeitpunkt in den US-Bundesstaat Florida abgesetzt.

Bolsonaro war 2018 als Außenseiter bei der Präsidentschaftswahl angetreten, um – ähnlich wie sein Vorbild Donald Trump in den USA – das Establishment aufzumischen. Er konnte damals von der Wirtschaftsmisere und Korruption frustrierte Wähler für sich gewinnen, doch nach vier Jahren im Amt hatte er kaum Erfolge vorzuweisen.

Hasstiraden

Bolsonaros Umgang mit der Corona-Pandemie, die er als „kleine Grippe“ abtat, war fatal: 700.000 Brasilianer starben an Covid, nur in den USA gab es noch mehr Todesfälle. Auch trieb Bolsonaro die Abholzung des Amazonas-Regenwaldes voran und sorgte damit auch international für Empörung.

Sein demagogischer Stil, die Hasstiraden gegen politische Gegner und seine frauenfeindlichen und homophoben Äußerungen brachten ihm den Spitznamen „Trump der Tropen“ ein. Sie sei „zu hässlich“, um sie zu vergewaltigen, ätzte Bolsonaro etwa gegen eine Abgeordnete aus dem linken Spektrum. Und dem Magazin Playboy sagte er 2011, es wäre ihm lieber, seine Söhne würden sterben, als dass sie sich als schwul outeten.

Bei manchen Brasilianern kann Bolsonaro bis heute mit solchen Sprüchen punkten. Vor allem aber genießt er den Rückhalt der mächtigen Agrarindustrie und der evangelikalen Christen. Im Wahlkampf 2018 wurde er mit einem Messer angegriffen und erlitt schwere Bauchverletzungen, die nach wie vor zu Komplikationen führen.

Sein Überleben stärkte den Glauben seiner Anhänger an ihren „Messias“ – so lautet Bolsonaros zweiter Vorname. Tausende seiner Fans gingen am vergangenen Sonntag im ganzen Land auf die Straße und forderten eine Amnestie für den Ex-Präsidenten.

Kein Comeback möglich

Bolsonaro wurde 1955 in eine katholische Familie mit italienischen Wurzeln geboren. Bevor er 1988 seine politische Karriere im Stadtrat von Rio de Janeiro begann, diente er in der Armee. Zwei Jahre später wurde er ins Unterhaus gewählt, dem er bis zur Übernahme des Präsidentenamts angehörte.

Bolsonaro hat fünf Kinder mit drei verschiedenen Frauen. Mit seiner derzeitigen, 27 Jahre jüngeren Ehefrau Michelle und den vier Söhnen, die alle in der Politik sind, bildet er einen mächtigen Familienclan.

Mit US-Präsident Trump ist Bolsonaro eng verbündet. Wegen der angeblichen „Hexenjagd“ auf den brasilianischen Ex-Präsidenten verhängte Trump Zölle in Höhe von 50 Prozent gegen Brasilien und Sanktionen gegen Richter Moraes.

Ein Comeback wie Trump wird Bolsonaro indes erst einmal nicht gelingen: Schon 2023 schloss ihn das Wahlgericht bis 2030 von politischen Ämtern aus, da er ohne Beweise das elektronische Wahlsystem des südamerikanischen Landes verunglimpft hatte. Wegen Fluchtgefahr steht Bolsonaro derzeit bereits unter Hausarrest und muss eine elektronische Fußfessel tragen.